Vertrauen in eine Gutes wirkende Macht ist für die Menschen unerläßlich. Stellte der Augenschein der materiellen Sinne die Grenze des Denkens, des Vorhabens und des Vollbringens dar, so wäre die Menschheit des sittlichen und des geistigen Sinnes beraubt; denn das Materielle erkennt keinen von beiden.
Wie erklären wir uns Heldentaten, das selbstlose Ausfechten und Gewinnen gerechter Kämpfe, das Festhalten an hohen Idealen, den Sieg über Furcht und Sünde? Fraglos weist das Beste in der menschlichen Erfahrung auf die Belohnung des Vertrauens in eine unsichtbare und oft unergründete, Gutes wirkende Macht hin. Vertrauen auf Gott ist eine Leuchte im menschlichen Denken, die es vorwärtsund aus der Finsternis des materiellen Sinnes herausführt.
Verstand und Stolz ziehen das Vertrauen in etwas, was man nicht materiell sehen und menschlich erklären kann, gern ins Lächerliche, und manche sehen solchen Spott, solches Mißtrauen vielleicht sogar als ein Zeichen von Intelligenz und Unterscheidungsvermögen an. Erklärte Ungläubige möchten uns zu dem Glauben verleiten, daß Religiösgesinnte nach einer nichtbestehenden Gottheit tasten. Aber nicht der Idealist, sondern der Materialist ist geblendet und hat noch nichts von den mannigfaltigen Zeichen der Gegenwart und Macht des Höchsten Wesens, Gottes, wahrgenommen.
Unser geistiges Vertrauen ist uns als Christlichen Wissenschaftern schon zu oft und zu bestimmt belohnt worden, als daß wir bezweifeln könnten, daß ein göttliches Heilmittel stets in jedermanns Reichweite ist. Doch wie wenig ist es im allgemeinen wahrgenommen worden, und wie wenig hat man sich darauf verlassen! Wie unermeßlich ist das unsichtbare Gute, das infolge der Undurchsichtigkeit des materiellen Sinnes und seines Eigendünkels noch nicht erkannt ist! Ermutigendes Vertrauen überbrückt also den Abgrund, über den das menschliche Denken sehnsüchtig nach noch unsichtbaren grünen Auen hinüberblickt. Wir sollten immer willens sein, Gott auf dem Wege des Vollbringens weiter zu vertrauen, als wir bis jetzt sehen können; denn das läßt uns mehr Herrschaft, Gesundheit, Glück und Harmonie wahrnehmen und beweisen.
Wo die menschliche Vernunft bei gewissen drohenden Hindernissen vielleicht Halt macht, führt erleuchtetes Vertrauen auf eine höhere Macht weiter und flüstert uns Ausdauer und Mut zu. Zweifel macht blind, aber die Christliche Wissenschaft heilt diese Blindheit mit dem heiligen Licht geistigen Verständnisses. Die Dringlichkeit der an das unsichtbare Gute gerichteten Forderungen setzt dieses Gute nicht in Schrecken, und die Allmacht, Gottes Waffe, ist jeder Notlage gewachsen. „Aus Gnade seid ihr selig geworden durch den Glauben — und das nicht aus euch: Gottes Gabe ist es”. Mancher, der sich an die Gnade Gottes gewandt hat, ist vor Ungnade bewahrt geblieben.
Auf Seite 197 in „Miscellaneous Writings” schreibt Mrs. Eddy: „Der Mensch entsage einer Theorie, die Gott entgegengesetzt ist und anerkenne, daß Gott allmächtig ist, Allmacht besitzt! Wenn er sein Vertrauen in diese erhabene Wahrheit setzt und von keinem andern Prinzip aus arbeitet, kann er weder krank noch immerdar ein Sünder sein”. Worein setzt die Menschheit ihr Vertrauen? Allzuoft in die verletzbare Materialität. Wahres Vertrauen kann nicht wanken. Der Christliche Wissenschafter hat sein Vertrauen ein für allemal in die Macht der Wahrheit gesetzt, und es gibt nichts, auf das er es vernunftgemäß übertragen könnte. Aber dem Sieg über die Materie muß unbedingt vorausgehen, daß man undurchsichtigen, finsteren, entmutigenden Theorien entsagt; denn der Sieg über Krankheit und Böses im allgemeinen muß ein geistiger Sieg sein. Auf Gott gegründetes Vertrauen kann nicht umgekehrt werden; daher schreibt unsere Führerin: „Vertraue auf die Wahrheit und habe kein anderes Vertrauen!” (The First Church of Christ, Scientist, and Miscellany, S. 171).
Menschliches Vertrauen wird durch die Umstände beständig auf die Probe gestellt, und Furchteinwendungen lassen das sterbliche Denken leicht zum Materiellen hinneigen. Jesaja verurteilt dieses übel angebrachte Vertrauen aufs schärfste, wenn er sagt: „Denn es soll euch die Stärke Pharaos zur Schande geraten und der Schutz unter dem Schatten Ägyptens zum Hohn”. Wer würde im Sonnenschein stehend das Licht in Abrede stellen oder der Finsternis vertrauen, daß sie ihm den rechten Weg zeige? Ebenso töricht wäre der, der die Allgegenwart und Allmacht des Guten in Abrede stellte und daran zweifelte, daß sie in der Stunde der Not ausreicht. Je größer die menschliche Not, desto dringender notwendig ist es, sich auf Gott, das höchste Gute, zu verlassen.
Dem geprüften und bewährten Vertrauen des Paulus entsprang die eindrucksvolle Mahnung an seinen jungen Schüler: „O Timotheus! bewahre, was dir vertrauet ist”. Derselbe Christus, die Wahrheit, ermahnt den Christlichen Wissenschafter, das Wort Gottes zu halten; denn dann erhält es ihn und erhebt ihn über alle Gefahr. Paulus ermahnt Timotheus ferner, „die ungeistlichen, losen Geschwätze und das Gezänke der falsch berühmten Kunst” zu meiden. Weltliche Anschauungen stehen natürlich im Widerspruch mit der Christlichen Wissenschaft und stellen den Glauben ihrer Anhänger auf die Probe. Wer durch geistige Mittel Gesundheit und Befreiung zu erlangen sucht, verzögert seinen Fortschritt, so oft er Einwendungen gegen die Wahrheit äußert oder sie annimmt, wenn sie hörbar oder im stillen zu ihm kommen. Er sollte alle „ungeistlichen, losen Geschwätze” meiden. Ist das Äußern von Furcht nicht eine Art Gottlosigkeit, die einen gegen das „stille, sanfte Sausen” der Wahrheit taub macht, das immer die Schönheit der Heiligkeit, ewiges Leben, Gesundheit, Stärke und Freude äußert? Wir müssen diese Irrtumsgeschwätze, dieses Wiederholen von Träumen, die uns nur Gottes Absicht und Gnade verbergen, vermeiden. Wird dem Irrtum sowohl Ausdruck als auch Gehör verweigert, so verschwindet er zweifellos schneller, als wenn man ihm das eine oder das andere oder beides gewährt.
Auf jeden treuen Denker treffen auch heute die Worte des Psalmisten zu: „Er wird ewiglich bleiben. ... Wenn eine Plage kommen will, so fürchtet er sich nicht; sein Herz hofft unverzagt auf den Herrn”.
