Im 43. Kapitel des Buchs des Propheten Jesaja lesen wir die für den Christlichen Wissenschafter tief bedeutsame Erklärung: „Ihr seid meine Zeugen, spricht der Herr, daß ich Gott bin”. Was für ein fesselnder, inspirierender Gedanke! Der Mensch ist für seinen Schöpfer so nötig wie der Lichtstrahl für die Sonne, weil er der Christlichen Wissenschaft gemäß Gottes Ausdruck ist. Der Mensch ist nicht der hilflose, hoffnungslose, unglückliche Begriff, den die trübselige Theologie darbieten möchte. Er hat das freudige Vorrecht zu bezeugen, daß Gott ist, daß die Liebe ist, daß das Gemüt ist. Bezeugen heißt den Beweis, daß etwas oder ein Umstand existiert, liefern oder beibringen. Wenn also der Mensch nicht Intelligenz oder Liebe oder Gerechtigkeit bekundet, wie ist dann bewiesen, daß es eine große Erste Ursache gibt, die das Gemüt und die Liebe ist und gut ist?
Wollen wir unserem Bruder beweisen, daß Gott das Prinzip ist, so müssen wir ihn in unserem Denken und Betragen die Bekundung der Rechtschaffenheit, der Aufrichtigkeit, der Ehre und des redlichen Handelns sehen lassen. Wollen wir einen Freund oder Nachbar überzeugen, daß Gott die Liebe ist, so können wir es mir dadurch tun, daß wir liebevoll, selbstlos, rücksichtsvoll, gerecht sind. Wollen wir jemand auffordern zu glauben, daß Gott das Gemüt ist, so müssen wir diese Tatsache dadurch beweisen, daß wir uns an die unendliche Intelligenz wenden, um Ideen zu empfangen, und Weisheit und Scharfsinn zeigen, indem wir gutes Urteil abgeben und klare Wahrnehmung bekunden. Wenn diese Eigenschaften von unseren Mitmenschen erkannt werden und von jemand gesagt wird, er sei liebevoll, weise oder gerecht, muß sich der Christliche Wissenschafter sofort darüber im klaren sein, daß die Bekundung der Liebe, des Guten, der Intelligenz im menschlichen Bewußtsein nicht sein persönlicher Besitz, nicht das Ergebnis seiner menschlichen Güte ist, sondern die Existenz, die Tatsächlichkeit jenes Vaters bezeugt, der die Liebe, das Gemüt, das Prinzip selber ist. „Ihr seid meine Zeugen, spricht der Herr, daß ich Gott bin”.
In der unbedingten Wahrheit kann der wirkliche Mensch, Gottes vollkommener Ausdruck, nie auch nur einen Bruchteil einer Sekunde von seinem himmlischen Vater getrennt sein, weshalb er in alle Ewigkeit mit Ihm zusammenbesteht und Ihn ausdrückt—die herrliche Tatsache bezeugt, daß das Gemüt mit der Idee zusammenbesteht. Mentale Behandlung in der Christlichen Wissenschaft veranschaulichend, schreibt unsere wunderbar intuitive Führerin Mary Baker Eddy auf Seite 411 in „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift”: „Wenn der Geist oder die Macht der göttlichen Liebe für die Wahrheit zeugt, dann ist dies das Ultimatum, der wissenschaftliche Weg, und die Heilung ist augenblicklich”. Nun geht dem Erlangen dieser heiligen Verwirklichung das voraus, was die Bibel „die Vorbereitungen des Herzens im Menschen” nennt.
Man kann bei christlich-wissenschaftlicher Behandlung nicht erwarten, Krankheit und Sünde durch einfaches Wiederholen der soeben angeführten erhabenen Worte zu verbannen. Wenn „der Geist oder die Macht der göttlichen Liebe für die Wahrheit” in unserem Bewußtsein „zeugen” soll, müssen wir zuerst praktisch für ihre Tatsächlichkeit in unserem täglichen menschlichen Leben zeugen. Wir sind nicht Gottes Zeugen, wenn unschöne Launen nicht durch die Macht der Liebe gezügelt werden, wenn Selbstsucht nicht gezähmt und falsche Begierde nicht durch das Verständnis des Immanuel, „Gott mit uns”, unterdrückt wird. Die Worte unserer Behandlung sind nur „ein tönend Erz oder eine klingende Schelle”, wenn die göttliche Liebe nicht geliebt, nicht erstrebt und nicht im täglichen Leben gelebt wird.
Nehmen wir an, es werde einer aufgefordert, für einen Kranken zu beten, wie wir es in der Christlichen Wissenschaft gelehrt werden, oder, um den gewöhnlichen Ausdruck zu gebrauchen, eine metaphysische Behandlung zu erteilen. Sagen wir, er wende sich in andächtigem Nachdenken an Gott und werde sich bewußt, daß er an jenem Tage Aufgeregtheit in sein Gedankenheim eingelassen hat, daß er lieblos gewesen und vom menschlichen Willen regiert worden ist und diese Irrtümer nicht ehrlich—mit demütiger Reue und dem Verlangen, wiedergutzumachen—abgetan hat. Laßt uns hier über die Worte des Meistermetaphysikers Christus Jesus nachdenken: „Darum, wenn du deine Gabe auf dem Altar opferst und wirst allda eingedenk, daß dein Bruder etwas wider dich habe, so laß allda vor dem Altar deine Gabe und gehe zuvor hin und versöhne dich mit deinem Bruder, und alsdann komm und opfere deine Gabe”.
Für die Macht der göttlichen Liebe zeugen, schließt daher in sich, daß man die Liebe und das Prinzip im täglichen Leben bezeugt—lebt. Wenn der Wissenschafter ehrlich, aufrichtig bestrebt ist, „mit der Liebe zu wandeln”, wie es im Kirchenlied heißt, den Irrtum zurechtzuweisen und sich der Wahrheit anzugleichen, sind weder seine Hände noch seine Gedanken durch das gefesselt, was seinen Beweis verhindern würde.
Ein christlich-wissenschaftlicher Ausüber hatte ernstlich gearbeitet, eine Frau von einem körperlichen Leiden, das von einem materiellen Standpunkt erschreckend und unheilbar war, zu heilen. Der Wissenschafter betete für seine Freundin, die abwesend war, und ihre Pflegerin telefonierte oft über ihren Zustand. Die Nachrichten lauteten immer ungünstiger und entmutigender. Schließlich, nachdem sich der Ausüber ernstlich an das göttliche Gemüt gewandt und dieses um Erleuchtung gebeten hatte, sah er, was er zu tun versucht hatte: er war bemüht gewesen, etwas zu heilen oder zu ändern, anstatt für die herrliche Wahrheit zu zeugen, daß die Widerspiegelung Gottes keiner Heilung bedarf. Gottes Mensch ist so gesund und so ewig harmonisch wie der Vater selber.
Während sich der Wissenschafter über diese klarere Erkenntnis freute, kam noch eine entmutigende telefonische Nachricht. Beim Weggehen vom Telefon sagte der Wissenschafter laut: „Das sterbliche Gemüt sagt, Furcht, Schmerzen, Uneinigkeit, Gesetzlosigkeit seien tatsächlich, kommen vor. Was sagt Gott darüber?” Sofort fiel ihm jene herrliche biblische Erklärung über den Christusmenschen ein: „Dies ist mein lieber Sohn, an welchem ich Wohlgefallen habe”. Hier zeugte der Geist, die göttliche Liebe, für die Wahrheit und widerlegte, vernichtete das unharmonische Sinnenzeugnis. „Derselbe Geist gibt”, wie Paulus schreibt, „Zeugnis unserem Geist, daß wir Gottes Kinder sind”. Stunde um Stunde an jenem Tage kamen weitere entmutigende Nachrichten vom Krankenbett; aber ruhig, vertrauensvoll, furchtlos nach jeder unerfreulichen Botschaft zeugte der Ausüber für die Wahrheit, daß, wenn Gott an Seinem Kind Wohlgefallen hat, Krankheit unwirklich ist, in Wahrheit nicht vorkommt, und daß der Mensch ewig harmonisch, gesund ist. Schließlich kam die freudige Mitteilung: „Sie ist frei, frei! Was haben Sie zuletzt getan?” Während der Wissenschafter Gott für diesen Beweis der Tatsächlichkeit und Anwendbarkeit Seines Gesetzes ehrfurchtsvoll dankte, weigerte er sich, selbst im Siege, sich versuchen zu lassen, den Irrtum wirklich zu machen. Standhaft sein freudiges Zeugen für die Wahrheit fortsetzend, beugte er jeder Möglichkeit einer Umkehrung oder eines Rückfalls vor. Der Mensch hatte seines Vaters Haus, seine ewige Harmonie und Vollkommenheit, nie verlassen; denn Gott hatte ja Wohlgefallen an Seinem Sohn.
Auf Seite 252 und 253 in Wissenschaft und Gesundheit schreibt Mrs. Eddy, nachdem sie die unschöne Einwendung des materiellen Sinnes geschildert hat, in erhaben inspirierender Sprache: „Der Geist legt gegenteiliges Zeugnis ab und spricht: Ich bin der Geist. Der Mensch, dessen Sinne geistig sind, ist mein Gleichnis. Er spiegelt das unendliche Verständnis wider; denn Ich bin Unendlichkeit. Die Schönheit der Heiligkeit, die Vollkommenheit des Seins, unvergängliche Herrlichkeit—alles ist Mein; denn Ich bin Gott. Ich gebe dem Menschen Unsterblichkeit; denn Ich bin die Wahrheit. Ich umschließe und verleihe alle Seligkeit; denn Ich bin die Liebe. Ich gebe Leben ohne Anfang und ohne Ende; denn Ich bin das Leben. Ich bin allererhaben und gebe alles; denn Ich bin das Gemüt. Ich bin die Substanz von allem; denn Ich Bin, der Ich Bin”.
