In der Wissenschaft gehen Erkenntnis und Beweis miteinander Hand in Hand. Wer die Wahrheit wahrnimmt und sie dann vergißt oder keinen Versuch macht, sie in die Tat umzusetzen, hat sie nicht wirklich erkannt. Wir beweisen in praktischer Anwendung nur das, was wir verstehen. Auf Seite 238 in „The First Church of Christ, Scientist, and Miscellany” schreibt Mary Baker Eddy: „Gott ist verständlich, erkennbar und auf jedes menschliche Bedürfnis anwendbar”.
Sich nach dem Freisein von Krankheit, von Leid, von den sie bedrängenden zahllosen Befürchtungen und Begrenzungen sehnend, mögen sich die Sterblichen der Christlichen Wissenschaft zuwenden und willens sein, ihre Wohltaten anzunehmen, ohne jedoch wahrzunehmen, daß ihr Prinzip und ihre Regel nicht bloß die Linderung menschlicher Übel, sondern die Erkenntnis des geistigen Daseins bietet.
Die Engelsbotschaft kam zu Mose aus einem brennenden Busch, aber der Busch ward nicht verzehrt. Mose, der künftige große Gesetzgeber, begnügte sich nicht damit, diese Botschaft bloß zu hören und anzunehmen. Er wollte wissen, was das allgemein angenommene sterbliche Zerstörbarkeitsgesetz aufgehoben hatte; warum der Busch nicht verzehrt ward, obgleich er brannte. Daher beschloß er, hinzuzutreten. Und weil Mose hinzutrat, kam er in Gottes Gegenwart und redete mit Ihm. Danach begann Mose sowohl Erkenntnis als auch Beweis zu erfahren.
Sind wir manchmal mit der Engelsbotschaft der Heilung, abgewendeter Gefahr, beseitigter Begrenzung zufrieden? Und versäumen wir daher hinzuzutreten, um zu erkennen, was dieses Ergebnis, die Aufhebung des materiellen sogenannten Gesetzes, das Sichtbarwerden dessen, was dem sterblichen Blick ein außergewöhnlicher Vorgang ist, hervorgerufen hat? Dann gehören wir zu denen, die das menschlich Unerklärliche annehmen, aber nicht weiter forschen. Nur wer willens ist, seine menschliche Überlegungsgrundlage aufzugeben, um Gottes Phänomena zu verstehen, lernt, daß er sich nicht mehr materieller Voraussetzung und Schlußfolgerung zu unterwerfen braucht; lernt, daß der Mensch, die Idee des Geistes, von den Gesetzen des Geistes regiert wird. Dann befindet er sich wie Mose in der Gegenwart Gottes. Der „Ich Bin, der Ich Bin”, der dem Mose geoffenbart wurde, wird auch ihm geoffenbart.
Sicherlich beweisen die Menschen nur das, was sie geistig erkennen. Niemand sollte sich mit dem bloßen Sehen des Engels des Herrn in besserer Gesundheit und nachlassender Furcht, mit der beruhigenden Versicherung begnügen, daß die Liebe das All ist, und daß das Böse, wie es auch auftreten mag, nicht wirklich wahr ist. Jedermann muß die Wissenschaft verstehen, die Gottes Gesetz der ewigen Erhaltung des Wirklichen, die Ausschließung des Unwirklichen enthüllt, wenn er sie in seinem eigenen Leben zum Wohl aller beweisen will.
Es kann einer die Fähigkeit des Geistes, die Gesamttheorie des menschlichen Daseins mit seinen Strafen und Vereitelungen umzukehren, entweder annehmen oder verwerfen, wenn er aber nicht untersucht, was sich als ihnen entgegengesetzt darbietet, bleibt er immer im Reich der Annahme. Das göttliche Gewahrwerden der Bedeutung des Lebens bleibt ihm immer verborgen. Ein Phänomen wie ein brennender Busch bringt keine Erleuchtung, weil es unerklärt bleibt. In diesem Zusammenhang ist es wesentlich, sich darüber im klaren zu sein, daß es außer dem durch Unwissenheit auferlegten Geheimnis kein Geheimnis gibt. Das Unverständliche ist nur deshalb unverständlich, weil die Nichtsheit des sterblichen Gesetzes und daher die Allheit des geistigen Gesetzes nicht erfaßt worden sind.
Wer sich in bewußtem Einssein mit dem Gemüt und seinen unendlichen Möglichkeiten befindet, wer erkennt, daß der Geist das All ist, und daß die Materie nur die Erscheinung der sterblichen Annahme ist, hat keine Schwierigkeit zu erklären, was die Menschen Wunder nennen. Er weiß, daß dort, wo der Geist ist — und für den geistigen Sinn ist er überall — nichts, was wirklich ist, verzehrt wird, selbst wenn es durch Feuer zu gehen scheint. Was von Gott regiert ist, kann nicht außerhalb Seiner erhaltenden Kraft sein.
Diejenigen, die heute wie zur Zeit Christi Jesu bei der ersten Annäherung willig sind, die Engelsbotschaft der Befreiung zu empfangen, sich aber weigern, danach zu trachten und sie sich in intelligenter Ehrlichkeit des Zwecks zu eigen zu machen; die ihre Grundregeln nicht anwenden und so versäumen, zu ihrer eigenen fortschreitenden Erleuchtung und zu der Sache der Christlichen Wissenschaft beizutragen — wie unvollständig doch ihr Vollbringen ist! Mose war sofort fähig, Gottes Geboten zu gehorchen und auch bald große Aufgaben zu unternehmen. Keine geringeren Forderungen stellte Jesus an seine Jünger als die, daß sie ausziehen, um andere von der Gefangenschaft zu befreien.
Von ihrem Lehrbuch, das die Wahrheit der Menschheit in unserer Zeit erkennbar und beweisbar gemacht hat, schreibt Mrs. Eddy auf Seite 110 in „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift”: „Dieses Buch mag durch seichte Kritik oder durch unbedachte oder böswillige Schüler entstellt werden, und seine Ideen mögen zeitweilig mißbraucht und falsch dargestellt werden; aber die Wissenschaft und die Wahrheit darin werden ewig erkennbar und beweisbar bleiben”.
So sagte unsere Führerin mit unfehlbarer Voraussicht die unveränderliche, unauslöschliche, unvergängliche Art dessen vorher, das, nachdem sie es entdeckt hatte, sie im Heilen und Befreien der Menschen als praktisch bewies.
Nichts Geringeres als vollständige Erkenntnis kann den vollen Beweis bringen. Manchmal läßt sich einer verleiten, unbedacht von Beweis zu sprechen, als ob Beweis das Erreichen eines erwünschten menschlichen Ergebnisses oder eines begehrten Besitzes wäre. Aber Beweis, ob das Ergebnis der Arbeit eines Ausübers für seinen Patienten oder das Ergebnis unserer eigenen Wahrnehmung der Wirklichkeit, ist nur dann Beweis, wenn er geistig erfaßt und augenscheinlich gemacht wird. Mit dem Kommen der Erkenntnis werden alle Dinge möglich. Wunder werden nicht mehr als Wunder, sondern als Gottes Phänomena gesehen. Im vollen Lichte der göttlichen Wissenschaft wird die vollständige Unrichtigkeit der materiellen Annahme, manchmal angenommen, manchmal verworfen, erkannt; die Autorität und die Herrschaft des Geistes werden nicht bestritten, weil als unbestreitbar erkannt, und Gottes unveränderliches, unfehlbares Gesetz regiert in den kleinsten wie in den größten Angelegenheiten des täglichen Lebens.
Viele, die die Wahrheit in ihren tieferen Bedeutungen noch nicht erforscht haben, haben sie in ihrem Wirken gefühlt, gesehen und haben gewußt, daß eine höhere Macht am Werke war. Aber nur wer in der Hast und im Drang des menschlichen Lebens, in der Unruhe und der Ablenkung sterblichen Arguments, inmitten des beharrlichen Augenscheins materieller Phänomena wie Mose bereit ist, hinzuzutreten, kommt mit dein Geist in Gemeinschaft und lernt die wahre Bedeutung des Lebens verstehen. Er wird Gott gewahr und findet, daß Er immer und überall in Übereinstimmung mit dem göttlichen Gesetz „verständlich, erkennbar und anwendbar” ist.
„Wer hat euch aufgehalten, der Wahrheit nicht zu gehorchen?” fragte Paulus die Galater. Sicher niemand; denn sie ist hier, um ewig erkannt und bewiesen zu werden.
