Jener heilige Mann in Israel, der inspirierte Prophet Jesaja, dessen Name im Hebräischen „die Erlösung des Herrn” bedeutet, ist zweifellos eine der großen Leuchten der Heiligen Schrift. Seine liebreichen Verheißungen von sicherer Erlösung von irdischen Leiden für diejenigen, die sich vom Materiellen zum Geistigen wenden, haben den Pfad der Erdenpilger in allen Jahrhunderten erleuchtet. Besser als alle die anderen größeren und kleineren Propheten der Bibel weiß er das Kommen einer Gnadengabe vorauszusehn und -zusagen, wodurch die Menschheit einen Heiland finden soll und Erlösung vom Irrtum. Wie freudig müssen die Israeliten seine Botschaften der Hoffnung und des Trostes begrüßt haben! Ob nun das Problem ein drohender Überfall der Assyrer oder babylonische Gefangenschaft war, die Verheißung der Erlösung war die gleiche für diejenigen, die sich auf den Höchsten verließen.
Im siebenten Kapitel seines Buches gibt Jesaja uns wohl die überraschendste und bedeutungsvollste seiner Verheißungen. Wir lesen: „Darum so wird euch der Herr selbst ein Zeichen geben: Siehe eine Jungfrau ist schwanger und wird einen Sohn gebären, den wird sie heißen Immanuel.” Um das Wunderbare dieser Verheißung noch zu erhöhen, laßt uns nicht vergessen, daß Jesaja sie über siebenhundert Jahre vor dem Kommen Jesu machte. Man kann sich leicht die heiligen Hoffnungen und Gebete zahlloser junger Frauen in Israel während der folgenden Jahrhunderte vorstellen, die da wünschten, die Mutter des verheißenen Messias werden zu dürfen. Und so geschah es, daß, als die Zeit erfüllt war, eine geistig-gesinnte jüdische Jungfrau, deren Gedanken offen waren für die tiefen Dinge Gottes und die Engel-Botschaften von Seiner hohen Vaterschaft, wirklich die Mutter von jenem wurde, dessen Name Immanuel genannt werden sollte — ein Name, dessen wörtliche Übersetzung „Gott mit uns” bedeutet.
In diesen Tagen des sogenannten Freidenkertums hört man oft, daß selbst von Christen die Theorie vertreten wird, daß Christus Jesus in Wirklichkeit garnicht der Sohn einer Jungfrau war, sondern vielmehr wie irgend ein gewöhnlicher Sterblicher auf die Welt kam. Welch großen Dienst leistet Mary Baker Eddy hier der Religion des reinen Christentums! Welch geistiges Licht wirft sie auf die Heiligen Schriften der Juden und macht es so möglich für den Juden, sich mit dem Christen vereinigt zu fühlen, indem er in der jungfräulichen Geburt Jesu die Erfüllung aller hebräischen Verheißungen erkennt!
Mrs. Eddy zeigt uns, wie göttlich möglich und natürlich es war, daß Jesus als das Resultat von „Marias bewußter Gemeinschaft mit Gott” erscheinen konnte. In ihrem Buch „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift” (S. 29) schreibt sie: „Die Erleuchtung von Marias geistigem Sinn brachte das materielle Gesetz und dessen Ordnung der Zeugung zum Schweigen, und sie gebar ihr Kind durch die Offenbarung der Wahrheit, indem sie Gott als den Vater der Menschen demonstrierte.” Dann weiter unten fährt sie fort: „Jesus war der Sprößling von Marias bewußter Gemeinschaft mit Gott. Daher konnte er eine geistigere Idee vom Leben geben als andre Menschen und konnte die Wissenschaft der Liebe demonstrieren — seines Vaters oder göttlichen Prinzips.” Für alle Zeiten ist daher der ohne Entschuldigung, der im Namen des Christentums einerseits die Geburt des Kindleins in Bethlehems in Mysterium hüllt und Jesus zum Gott macht, oder andrerseits auf die Stufe des krassen Materialismus hinabsteigt und das außergewöhnliche Erscheinen des Christus-Kindes auf die Kategorie einer natürlichen menschlichen Geburt herabsetzt. In dem einzigartigen Bericht im ersten Kapitel des Lukasevangeliums lesen wir, daß Maria, als sie durch geistige Erhebung sich der Verheißung des Engels betreffs des Kommens von dem „Sohn des Höchsten” bewußt wurde, fragte: „Wie soll das zugehen?”— und daß der Engel antwortete und zu ihr sprach: „Der heilige Geist wird über dich kommen, und die Kraft des Höchsten wird dich überschatten, darum wird auch das Heilige, das von dir geboren wird, Gottes Sohn genannt werden.”
Wenn wir den Christus in Ausdrücken, die den Sterblichen verständlich sind, definieren sollen, wie schwer ist es, Worte zu finden, in die wir diese große transzendentale Idee kleiden können! Für Maria bedeutete diese messianische Botschaft von der erlösenden Liebe, von des Menschen ewigem Einssein mit seinem Vatter-Mutter Gott zweifellos solch ein Gefühl des unaussprechlichen Entzükkens, daß nur als ein „Heiliges” darauf Bezug genommen werden konnte.
Mögen jene Anhänger der Christlichen Wissenschaft, die denken, daß sie die volle mächtige Bedeutung des Christus — des heilenden Verständnisses von des Menschen Beziehung zu seinem Schöpfer — noch nicht ganz verstanden haben, Trost finden in der Art, in der die Wahrheit der Jungfrau-Mutter erschien. Durch das unzulängliche Mittel der Sprache kann der Christus dem menschlichen Verständnis nicht in vollem Maße übermittelt werden. Er kann eigentlich nur durch Demonstration definiert werden. Viele werden die Worte jenes einfachen und doch so lieblichen Liedes kennen, von dem einer der Verse lautet:
„Du fragst, wann ich Christus mein Herz geschenkt?
Ich kann es heute nicht sagen,
mich dessen nicht erinnern,
wann wohl der Tag, die Stunde war.
Es muß einmal gewesen sein, als ich ganz allein geblieben.
Sein Geist der Vergebung schien wie ein Licht.
In mein von der Sünde verdunkeltes Herz — ich glaube,
Damals muß es gewesen sein, daß ich ihn einließ.
Doch ich weiß es nicht,
Ich kann nicht sagen, wann es war;
Ich weiß nur, wie lieb ich ihn habe seit jener Stunde.”
Offenbart dies nicht die Erkenntnis, daß das Kommen des Christus, die Geburt im menschlichen Bewußtsein von der Idee der ewigen, freudigen Abstammung des Menschen von Gott, ein individuelles Erleben sein muß und nicht materiell analysiert und definiert werden kann? Wenn man sich zur Wahrheit wendet, um Heilung zu finden, und dann in heiligem Einssein mit Gott einen Funken von der Erkenntnis erhascht, daß der Mensch als ein Kind des Höchsten Freiheit und Herrschaft besitzt, so ist dieses „Heilige”, dieses heilige Bewußtsein, gewißlich der Sohn Gottes. Und wenn diese Erleuchtung kommt, wenn dieses Kind geboren wird, soll es nicht heißen: Wunderbar? Niemals sollten wir der gottlosen Suggestion nachgeben, daß eine christlich-wissenschaftliche Behandlung ausgesandt worden ist, ohne „Heil unter ihren Flügeln”. Sie ist das Wort des Christus, der Wahrheit, selbst, und sie kommt mit Macht und mit der Kraft, die Gottes Gesetz bestätigt. Wie Jesaja in einer andern seiner monumentalen Erklärungen über den Christus darlegte, dieses geistige Wort „wird nicht matt werden noch verzagen, bis daß [es] auf Erden das Recht anrichte”.
Niemals hat die Welt die Berührung dieses „Heiligen”, des heilenden Christus, nötiger gehabt als zu dieser überbürdeten Stunde. Sollten die Christlichen Wissenschafter sich nicht bestreben, dieses Jahr ganz besonders Weihnachten im Sinne ihrer Führerin zu feiern? Mrs. Eddy schreibt in ihrem Werk „The First Church of Christ, Scientist, and Miscellany” (S. 262): „Ich feire Weihnachten mit meiner Seele, meinem geistigen Sinn, und so feire ich das Andenken daran, wie der Christus, der vom Geist, von Gott, und nicht von einem Weibe geboren ist, im menschlichen Verständnis Einzug hält — als die Geburt der Wahrheit, das Morgendämmern der göttlichen Liebe, das über dem Dunkel der Materie und des Bösen aufgeht mit der Herrlichkeit des unendlichen Seins.” Und etwas weiter unten fügt sie hinzu: „Ich feire Weihnachten gern in der Stille, in Demut, Güte, Nächstenliebe, sodaß Wohlwollen gegen die Menschen, beredtes Schweigen, Gebet und Lobgesang meinen Begriff von dem Erscheinen der Wahrheit ausdrücken.”
Ja, der Name, die Natur, des Christus ist in der Tat „Wunderbar”. So finden wir im Buch des Jesaja den Lobgesang des Dankes und der Freude: „Du hast dich meiner Seele herzlich angenommen, daß ich nicht verdürbe; ... so wollen wir meine Lieder singen, solange wir leben im Hause des Herrn!”