Die Heranbildung christlichen Charakters ist vielleicht noch nie in der Geschichte unseres Volkes notwendiger und wichtiger gewesen als heute. Ist nicht etwas weit Größeres als äußerliche Stärke und materielle Verfahren nötig, das in der Welt so weit verbreitete Böse zu bekämpfen?
Jemand mag fragen: Wie kann man an die alten Regeln für Recht und Unrecht glauben, wenn nur Waffenmacht ausschlaggebend zu sein scheint? Diejenigen, die Gott, das Gute, lieben, antworten: Die alten Regeln für rechtes Verhalten sind heute noch maßgebend, da Gottes Gesetze sich nie ändern.
Unsere geliebte Führerin Mary Baker Eddy hat in „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift” (S. 28, 29) geschrieben: „Es gibt zu viel tierischen und nicht genug moralischen Mut in der menschlichen Gesellschaft. Daheim und draußen müssen die Christen die Waffen gegen den Irrtum ergreifen.” Diejenigen, die sich mit der Christlichen Wissenschaft befassen, haben verstehen gelernt, wie nötig es ist, „die Waffen gegen den Irrtum zu ergreifen”, und daß für diesen Kampf die Waffen geistigen Denkens nötig sind. Daher sind sie beständig bestrebt, Gottes Eigenschaften widerzuspiegeln, die Nichtsheit des Bösen zu sehen, seinen Anspruch auf Macht zurechtzuweisen und sich die Allheit Gottes zu vergegenwärtigen. An Gott, das Gute, glauben und der Führung des göttlichen Gemüts Folge leisten, gibt ihnen sichere Waffen gegen die Einflüsterungen des sterblichen Gemüts, wie zum Beispiel gegen die angreifende Einflüsterung, daß das Böse so wirklich wie das Gute sei, und daß sittlicher Mut nichts nütze.
Daheim „die Waffen ergreifen”, dürfte wohl bedeuten, daß jeder einzelne seine Gedanken prüfen und berichtigen muß; daß er so leben muß, daß sein Bewußtsein immer reiner wird, daß sein Verhalten einwandfrei ist, und daß er sich als ein sittlich rechtschaffener Mensch erweist. Die Christliche Wissenschaft zeigt uns, daß es möglich ist, dieses hohe Ziel zu erreichen.
Zuerst muß man daran arbeiten, sich selber zu bessern; dann ist man besser vorbereitet, außerhalb „die Waffen zu ergreifen”. Dazu ist erforderlich, daß wir aufrichtig für die Erlösung der ganzen Menschheit beten; daß jeder seinem Nächsten hilft, die Unwirklichkeit des Bösen zu sehen und zu wissen, daß Gott, das Gute, allerhaben ist. Wenn immer mehr Menschen sich bewußt werden, daß Gott das göttliche Prinzip ist — einer der sieben sinnverwandten Ausdrücke für Gott, die Mrs. Eddy uns gegeben hat — werden sie die geistige Tatsache wahrnehmen, daß der Mensch jetzt die reine und rechtschaffene Offenbarwerdung Gottes, die vollständige Widerspiegelung des Gemüts ist.
Christus Jesus verstand die wahre, geistige Art des Menschen besser als irgend sonst jemand. Er wußte, daß der Mensch nur Gott, das Gute, ausdrückt. Wie können wir, seine Nachfolger, beweisen, daß jeder einzelne Gottes Widerspiegelung ist? Wenn wir das geistige Verständnis suchen, das die Christliche Wissenschaft gibt, und damit gewappnet sind, gehen wir zuversichtlich und freudig vorwärts und beweisen, daß wir als Gottes Kinder mit unserem Vater-Mutter wesenseins sind. Wir wissen, daß wir nur in dem Maße, wie wir Gottes Eigenschaften ausdrücken, das göttliche Gemüt bewußt widerspiegeln und dadurch beweisen können, daß wir Gottes Kinder sind.
Die Christliche Wissenschaft lehrt, daß der Widerstand des sterblichen Gemüts gegen die geistige Idee gehandhabt werden muß, und daß es nur zu Widerwärtigkeit führt, wenn man sich den falschen Irrtumsansprüchen auch nur im geringsten fügt. Es ist höchst nötig, allezeit wachsam zu sein. Wir können uns nicht anders gegen die Angriffe des Irrtums verteidigen. In „The First Church of Christ, Scientist, and Miscellany” (S. 253) gibt Mrs. Eddy den kurzen, liebevollen Rat: „Wage, Gott und dem Menschen treu zu sein.” Um Gott treu zu sein, muß man Seine Gesetze befolgen. Seinem wahren Selbst, dem zu Gottes Bild geschaffenen Menschen, treu sein, ist ein anspornendes Streben. Es erhebt einen hoch über die Anforderungen des sterblichen Gemüts.
In der Bibel und in Mrs. Eddys Schriften finden wir Erleuchtung in Fülle, und durch die rechte Anwendung der Christlichen Wissenschaft können wir an schwere Aufgaben herantreten, ohne zu zagen, und sie durch Gottes teure Liebe überwinden. Wenn wir unserem höchsten Verständnis des göttlichen Prinzips treu sind, sind wir beruhigt, und wir können sicher sein, daß Gott uns sehr nahe ist und uns führt.
Da der Mensch die Widerspiegelung des Gemüts, des göttlichen Prinzips, ist, ist der Mensch tatsächlich unüberwindlich. Der Irrtum kann nicht über den Menschen siegen. Der griechische Philosoph Epiktet schrieb: „Welcher Mensch ist also unbesiegbar?” Und er erklärte: „Der, den nichts außerhalb des Bereichs seines sittlichen Zwecks erschrecken kann.” Man hat sicher nichts zu fürchten, wenn man wagt, recht zu tun, wenn unsere Entscheidungen auf die Lehren der Christlichen Wissenschaft gegründet sind. Das Prinzip kann keine Fehler machen.
Mrs. Eddy verweist in ihren Schriften auf die Puritaner und ihren hohen religiösen Maßstab. Die sittliche Stärke der Puritaner im Punkte der Gerechtigkeit, der Wahrhaftigkeit und der Unbescholtenheit ist sehr bekannt und galt den Menschen lange als Vorbild. Die schönen Eigenschaften, die Mrs. Eddy kennzeichneten, ihre Hingabe an Gott, und die dem menschlichen Verständnis die Allmacht des Gemüts enthüllende Christliche Wissenschaft, die sie uns gab, spornen ihre heutigen Nachfolger an. Ihre unabhängige Denkart, die das Ergebnis ihres Verlasses auf das Gemüt war, ihre edle Art und ihre unerschütterliche Treue gegen ein hohes Ideal ließen sie in menschlichen Schwierigkeiten, die dem sterblichen Sinn unüberwindlich schienen, vorwärts gehen. Sie stieß beständig auf den Widerstand des sterblichen Gemüts; aber sie war tapfer und streckte die Waffen keinen Augenblick; denn sie verlor, wenn sie die Waffen gegen den Irrtum ergriff, ihren großen Zweck nicht aus den Augen, den Menschen zu zeigen, wie sie von Sünde, Krankheit und Leid geheilt werden konnten. Der sie zum Erfolg führenden Tatkraft lagen Selbstzucht, ein hohes Pflichtgefühl gegen Gott und die ganze Menschheit und der Umstand zugrunde, daß sie jene Haupttugenden übte, die der Meister Christus Jesus in der Bergpredigt anführt.
Hätte Mrs. Eddy die Offenbarung der Christlichen Wissenschaft empfangen können, wenn sie des Meisters Lehren nicht gewissenhaft befolgt hätte? Sie setzte sich mutig für ihre Überzeugungen ein, und sie wußte, daß Gott ihr beistand. Ihr rechtschaffener Charakter steht außer Frage.
Der Psalmist erklärte: „Gott rüstet mich mit Kraft und macht meine Wege ohne Tadel.” Durch Vergeistigung des Denkens können sich alle die Wahrheit dieser freudigen Worte vergegenwärtigen. Wenn eine Zeit schwerer Anfechtung kommt, sollten wir wissen, daß wir wählen müssen, ob wir die Wirklichkeit des Bösen zugeben oder es als unwirklich zurückweisen wollen. Dann müssen wir wissen, daß „Gott allein mächtig ist.” Laßt uns in Augenblicken der Anfechtung nur bei Gott Führung suchen! Die körperlichen Sinne können uns nicht helfen, da sie nur über sich selber berichten; sie sagen uns nichts, was von bleibendem Wert oder was wahr und wirklich ist. Wenn wir dem „stillen sanften Sausen” treu sind, haben wir auch in der größten Versuchung und Bedrängnis nichts zu fürchten. Jesus überwand alle Irrtumsangriffe dadurch, daß er aufmerksam auf Gottes Stimme horchte und ihr gehorchte. Gott fordert unsere ungeteilte Treue, und durch Gehorsam gegen das allweise göttliche Prinzip können wir dazu beitragen, den sittlichen Maßstab zu heben und das Banner der hoch über bloßen menschlichen Lehren und Forderungen stehenden Wahrheit aufzupflanzen.
Nicht bloßer Scharfsinn, gewandtes Handhaben menschlicher Angelegenheiten oder Strebsamkeit sind die Eigenschaften, die Menschen groß machen, sondern die ewigen Einfachheiten eines auf die geistigen Wahrheiten der Bibel und auf die Christliche Wissenschaft gegründeten Charakters. Diese Wahrheiten lösen, wenn sie treu befolgt werden, materielle Fesseln, und geben den so Befreiten ein liebliches Gefühl des Friedens und der Sicherheit, das durch gestörte Weltzustände nicht erschüttert werden kann. Selbst wenn man nur einen Schimmer der Tatsache erfaßt hat, daß bloße äußerliche Stärke nicht zu Glück oder Erfolg verhilft, hat man etwas Unschätzbares gewonnen.
Wenn unsere Beweggründe auf dem Prinzip beruhen, kann uns nichts vom geraden Wege abbringen. Dann verneinen wir die Geltendmachungen des Irrtums nachdrücklich und gehen ruhig unseres Weges. Folgerichtiges rechtes Denken und rechtes Handeln sind Tugenden, die nicht genug gewürdigt werden können. Sie bringen immer ihren köstlichen Lohn mit sich.
Sittlicher Mut ist heute ungemein wichtig. Jeder sollte sich fragen: Nach welchem Maßstab richte ich mich bei meinem Verhalten? Nicht nach dem, was dienlich ist, nicht bloß entsprechend menschlicher Stellungnahme, sondern nach dem, was den Forderungen des göttlichen Prinzips entspricht — dies muß unser Maßstab, unsere Lebensauffassung sein. Sittliche Unbescholtenheit ist das Allerwertvollste. Der Mensch ist vollständig, rein und rechtschaffen, und es steht allen Menschen frei, dies zu beweisen.
Wer anfängt, sich mit der Christlichen Wissenschaft zu befassen, lernt bald verstehen, daß Ungebundenheit und wahre Freiheit in erster Linie eine Sache des Denkens sind, und daß er sich rückhaltlos auf das göttliche Gemüt verlassen muß. Er lernt verstehen, daß Gottes Schöpfung ganz gut ist, daß sie nie weniger als vollkommen war, und daß sie immer vollkommen sein wird. Er lernt auch verstehen, daß der wirkliche Mensch, Gottes Idee, vollkommen ist und nur das Gute widerspiegelt. Und er wird dies mit seinem Fortschreiten im geistigen Verständnis jeden Tag selber beweisen. Wir lesen in den Psalmen: „Die Gerechten werden sich des Herrn freuen und auf ihn trauen, und alle frommen Herzen werden sich des rühmen.” Stärke ist geistig. Wenn sich also Schwierigkeiten darbieten, können wir sie durch die Christliche Wissenschaft überwinden und im Überwinden stark sein.
Daß Gott, die göttliche Liebe, uns bei den heutigen Schwierigkeiten zugänglich ist, ist in der Tat Grund zu tiefer Dankbarkeit. In einem Gedicht heißt es:
„Die Liebe führt dich sicher
Durch die wogenden Fluten finsterer Furcht;
Die Liebe hebt dich höher und stärkt dich.”
Man kann heute fragen: Was liegt vor uns? Kann die Antwort nicht lauten: Ein weiteres Gebiet der Tätigkeit und der Nützlichkeit? Wir sollten uns entschließen, auf ewige Werte aufzubauen, da nur das Gute wirklich ist und nur das Gute überleben kann. Wir können sicher sein, daß nichts dauernd sein wird, was nicht auf eine gerechte Handlungsweise, auf Rechtlichkeit, gegründet ist. Unsere Führerin hat auf Seite 122 in „Miscellany” für uns die tiefe Wahrheit festgestellt: „Nur der Ruhm ist unvergänglich, der auf unserer eigenen sittlichen Beschaffenheit beruht.”