Das Höchste und Beste in uns bewahren, unserem Verständnis des Rechten treu sein, und standhaft bleiben, wenn rings um uns her Nachlässigkeit und Niedergeschlagenheit herrschen, heißt hohen sittlichen Mut haben.
Die sittliche Kraft ist heute äußerst angespannt und viele fragen sich: „Wie kann ich auf dem Weg bleiben, den ich innerlich als recht erkenne?“ Kraftvoll und zweckmäßig erklingt auch heute Gottes Botschaft, die vor Jahrhunderten Josua ermutigte zur Fortsetzung von Mose's Werk, die Kinder Israel zu führen: „Sei getrost und freudig. Laß dir nicht grauen und entsetze dich nicht; denn der Herr, dein Gott, ist mit dir in allem, was du tun wirst.“
Es ist manchmal weise, innezuhalten und zu untersuchen, was unsern Fortschritt verzögert. Lehnen wir uns auf, daß wir uns einer Macht zu fügen haben, die uns niederzuhalten sucht? In diesem Falle können wir die neue Erfahrung als Gelegenheit benützen, mehr Demut, mehr Duldsamkeit und Gelassenheit zu lernen. Führt das mühsame Verrichten anscheinend unnötiger Pflichten zu Aufregung und abfälligem Urteilen? Dann können wir Geduld üben und frohgemut sein, und andern helfen, es ebenfalls zu sein. Wenn wir solche Eigenschaften bekunden, hören die Verdrießlichkeiten auf, uns zu beeinflussen.
Die Botschaft: „Sei getrost und freudig“, kann für alle, die eine unerfreuliche gewohnte Arbeit verrichten, so anspornend sein wie für diejenigen, die vor einer schweren Anfechtung stehen. Wenn wir bei unerquicklicher und mühsamer Arbeit in hohem Maße sittlichen Mut bewahrt haben, werden wir uns bei der schwereren Aufgabe besser bewähren.
Die wirklichen Kämpfe finden heute im Bewußtsein der Menschen statt. Das Beweisen der Macht des Guten über die widersprechenden Einwendungen des Bösen in unserem eigenen Denken führt zu dauerndem Sieg. Jesus sagte: „Das Reich Gottes ist inwendig in euch“, und Mary Baker Eddy hat in „Pulpit and Press“ (S. 3) geschrieben: „Wisse also, daß du unumschränkte Macht hast, recht zu denken und recht zu handeln, und daß nichts dir dieses Erbe rauben und sich gegen die Liebe versündigen kann. Wer oder was kann dich, wenn du diesen Standpunkt wahrst, veranlassen, zu sündigen oder zu leiden?“
Unsere Liebe zu Gott, dem Guten, und zu unserem wahren Selbst, der Idee Gottes, ist unser Halt, wenn sich Versuchung erhebt. Wir lesen, daß nach der Versuchung Jesu in der Wüste „Engel zu ihm traten und ihm dienten"—ihm größere geistige Stärke und Kraft gaben, ihn vorbereiteten für die noch schwerere Zeit, die ihm bevorstand.
Wir wissen, daß Gott, das göttliche Gemüt, die Quelle unseres Lebens ist; daher suchen wir bei dem Gemüt die Ideen, die uns aufrecht erhalten, wenn unser sittlicher Mut erprobt wird. Ein junger Leutnant schrieb über seine Erfahrungen auf einem Schlachtfeld: „Wiederholt habe ich die Wahrheit der Worte von Mrs. Eddy in ‚The First Church of Christ, Scientist, and Miscellany' (S. 149, 150) beweisen können: ‚Bedenke, du kannst in keine noch so schwere Lage kommen, wo die Liebe nicht schon vor dir gegenwärtig ist, wo nicht ihre liebreiche Lehre deiner harrt.' " Seine Liebe zu Gott, dem göttlichen Prinzip, spornte ihn an, jedem widrigen Umstand mit geistigem Verständnis entgegenzutreten, und die dadurch erlangte Weisheit und Kraft gaben ihm Mut und Herrschaft.
Jedes Ringen, auf dem rechten Wege zu bleiben, bringt, so schmerzlich und schwer es jeweils auch scheinen mag, seinen Lohn. Menschliche Wünsche, die unsere Rüstung schwächen würden, müssen als das, was sie sind, erkannt und dann als Feinde des Glücks und der Freiheit behandelt werden.
Ein unerlaubtes Vergnügen, das man sich in einem unbewachten Augenblick errafft hat, bereitet keine wirkliche Freude. Eine Versuchung, der wir in normalen Zeiten kein Gehör schenken würden, verlockt uns auf törichte Wege. Vielleicht scheint es, daß es keinen Zweck habe, Bestimmungen einzuhalten, weil andere es nicht tun; was würde es also nützen? Es „nützt" sehr viel, wenn wir es nur wüßten; wir erproben durch ein unerschütterliches Einstehen für das Rechte nicht nur unsere eigene Rüstung, sondern helfen auch andern, stark zu sein. Wir wissen nicht, was für Saiten wir dadurch in andern berühren mögen. Durch ein siegreiches Bekämpfen des sterblichen Selbst tragen wir zum sittlichen Mut des Volkes bei. Dann kommen Engel und dienen uns!
Ein junger Mann, der sich in Christian Science vertieft und Heilungen erlebt hatte, befaßte sich nicht mehr damit, als er in den Heeresdienst trat. Eines Tages hörte er einen andern Soldaten sagen: „Im Heer hat man viel Gelegenheit, seine Treue gegen die Wahrheit zu erproben. Entweder zieht einen der Mesmerismus nieder, oder man kämpft und vertritt seinen Standpunkt für Christian Science." Der junge Mann pflichtete ihm bei und sagte: „Sie haben recht. Ich habe mir Christian Science entschlüpfen lassen; aber jetzt werde ich den Standpunkt, von dem Sie sprechen, vertreten." Seither hat er überall einige gefunden, die zusammenkamen, um die im Vierteljahrsheft der Christian Science gegebene Lektionspredigt zu lesen und durch Christian Science erlebte Beschützungen und Heilungen zu berichten. Er ist nie wieder gestrauchelt, sondern hat weiterhin sowohl sittliche Kraft und sittlichen Mut als auch Gesundheit gefunden.
Sittlicher Mut ergibt sich aus vielen Eigenschaften des Denkens. Sehr wichtig und eine führende Eigenschaft ist Demut. Demut macht uns beidenen beliebt, deren Vorgesetzte wir sein mögen; sie weckt vertrauen. Carlyle schrieb: „Alle Größe ist unbewußt, andernfalls ist sie kleinlich und nichtig." Die höchste Annäherung an Vollkommenheit im Denken und Handeln bewirkt gewissenhaften Gehorsam und Treue bei denen, die unserer Fürsorge anvertraut sind.
Mrs. Eddy entdeckte durch die geistigen Eigenschaften, die sie in so hervorragendem Maße besaß, Christian Science und wurde die Führerin dieser großen Bewegung. Die geistigen Eigenschaften, die die einzelnen Angehörigen eines Volks in größerem oder geringerem Grade besitzen, tragen zu jener Neugestaltung der Welt bei, die alle sehnsüchtig erwarten. Die für diese Kundwerdung nötigen Ideen werden im Bewußtsein der Menschen zum Vorschein kommen. Durch gewissenhaftes Anwenden wird der Christliche Wissenschafter wahre Regierung widerspiegeln und bereit sein, die Menschheit zur Erkenntnis jenes höheren Zustandes zu führen, wo ewig vereint Freiheit und Brüderlichkeit herrscht.
