Weil Umstände, die die Allgemeinheit betreffen, das Glück und Wohlergehen des einzelnen beeinflussen, lassen sich die Sterblichen zuweilen verleiten, eine menschliche Voraussage zu suchen, um kommende Ereignisse voraussehen zu können. Sie suchen die Zukunft durch geheime Verfahren wie Spiritismus, Sterndeuterei, Zauberei oder auf andere abergläubische Arten vorauszusagen. Manche suchen Aufschluß bei Leuten, die beruflich die Tagesereignisse zergliedern; in Abstimmungen zur Feststellung der öffentlichen Meinung, oder in angewandter Seelenkunde. Wieder andere lassen Krankheit ärztlich feststellen, um ihre Lebensaussichten vorauszusehen.
Hesekiel rügt falsche Prophezeiungen, wenn er sagt (Hes. 13, 3. 6): „So spricht der Herr Herr: Weh den tollen Propheten, die ihrem eigenen Geist folgen und haben keine Gesichte! ... Ihr Gesicht ist nichts, und ihr Weissagen ist eitel Lügen. Sie sprechen: ‚Der Herr hat's gesagt', so sie doch der Herr nicht gesandt hat, und warten, daß ihr Wort bestehe.“ Wir können also schließen, daß Voraussagen, die auf der irrigen Annahme beruhen, daß die Materie Ursache sei, oder daß sie die Macht habe, den von Gott erschaffenen Menschen zu vernichten, sich als unzulänglich erweisen werden. Jedem Ausblick, der nur materielle Umstände in Betracht zieht, fehlt ein wesentlicher Bestandteil. Er kann unmöglich die nötige Gewißheit betreffs der Zukunft geben, die nur die göttliche Wahrheit geben kann!
Es ist zweifellos recht, daß wir über Zustände nachdenken, die unser und das allgemeine Wohlergehen betreffen. Ein solches Nachdenken ist jedoch nur insoweit nutzbringend, wie es ein Verständnis der Wahrheit des Seins in sich schließt. Wir müssen verstehen, daß unser himmlischer Vater nicht der Urheber der Zerstörung oder der Verderbnis ist. Gott, die Seele, ist vollkommen. Daher ist Vollkommenheit eine von dem Weltall der Seele unzertrennliche Eigenschaft. Mary Baker Eddy schreibt (Unity of Good, S. 29): „Die über den Augenschein der materiellen Sinne hinausgehende Wissenschaft erklärt, daß Gott die Seele alles Seins, das einzige Gemüt und die einzige Intelligenz des Weltalls ist.“ Dieser Begriff von Gott bietet eine gesunde Voraussetzung als Grundlage für ein Überlegen, das zum schließlichen Sieg des Geistiggesinntseins über Annahmen des Bösen führt.
Aus dem göttlichen Gemüt, der Seele, geht keine schlimme Voraussage über den Menschen hervor; ja, das Wirken dieses Gemüts zerstört die Vorstellung von einer Gegenwart oder Macht des Bösen oder von Gefahr. Von dem göttlichen Gemüt kommt vollkommene Intelligenz und Macht her; sie sind ein Ausdruck dieses Gemüts. Das Gemüt weiß, daß alle Dinge seine göttliche Art augenscheinlich machen. Daher kann das Gemüt nur das sehen und voraussehen, was christusähnlich und bleibend ist.
Anderseits bietet das sogenannte menschliche Gemüt beständig einen entgegengesetzten Eindruck dar. Wenn wir die verdunkelnde Wirrnis und Unklarheit und den Zweifel, die sich uns in entmutigenden Nachrichten über Tagesereignisse, in Schilderungen von Unfällen oder Krankheit und anderen niederdrückenden Anblicken des scheinbaren Erfolges schlimmer Absichten darbieten, für überzeugend hielten, würden wir verstandesmäßig wenig Grund zu Hoffnung oder Ermutigung finden. Die Tageszeitungen, der Rundfunk, Zeitschriften und andere Berichterstattung über Tagesereignisse leisten der Öffentlichkeit durch ihre Berichte über Entwicklungen auf den Gebieten der Politik, der Wissenschaft, der Erfindungen usw. einen wertvollen Dienst. Doch ist es die Pflicht jedes einzelnen, die Ereignisse recht einzuschätzen. Jedermann muß selber seinen Weg finden zum Verständnis der Wahrheit, die zu Harmonie und Frieden führt. Mrs. Eddy schreibt (Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift, S. 84): „Das Vertrautsein mit der Wissenschaft des Seins befähigt uns, mit dem göttlichen Gemüt in größerem Maße in Gemeinschaft zu stehen, Ereignisse vorauszusehen und vorauszusagen, die das allgemeine Wohl betreffen, göttlich inspiriert zu sein—ja, in das Bereich des schrankenlosen Gemüts zu gelangen.“
Der Arbeit des Berichterstatters sind, wie aller menschlichen Tätigkeit, Schranken gesetzt. Es steht ihm selten frei, alle Tatsachen über eine Begebenheit im vollen Verhältnis darzubieten. Selbst in Lagen, wo vielleicht alle Tatsachen zugänglich sind, kann das, was ihm zu sagen erlaubt ist, beschränkt sein durch die Stellungnahme der Firma, deren Vertreter er ist, durch politische Erwägungen oder durch seine eigene Voreingenommenheit, sein eigenes Vorurteil. Der Leser der Nachrichten sollte also in Betracht ziehen, daß das, was er liest, möglicherweise unvollständig ist, ehe er einen Bericht in seinem Bewußtsein Wurzel fassen oder sich dadurch schrecken läßt. Es ist wünschenswerter, die vollständigen Tatsachen über einen menschlichen Umstand zu erfahren als nur einen teilweisen Bericht oder eine absichtlich falsche Darstellung; aber auch sie sind begrenzt. Die geistige Wahrheit dagegen ist ewig unbegrenzt; sie zu betrachten in dem Bestreben, in jeder widrigen Lage und unter allen Umständen klar zu denken, ist nutzbringend.
Unsere Führerin leistete der Menschheit einen unabsehbaren Dienst durch ihre Entdeckung der Christian Science, die ihren Anhängern eine bessere Auffassung von ihrem Platz in der Welt und von ihrer Stellungnahme zu Weltfragen gibt. Sie sah auch, wie nötig es ist, daß ihre Nachfolger über menschliche Ereignisse gut unterrichtet seien. Dies wurde ihr schon früh in ihrer Erfahrung mit der Christian Science klar. Aber erst im Jahr 1908 sah sie die Möglichkeit, ihre eigene Tageszeitung, den Christian Science Monitor, zu gründen. Diese Zeitung steht in ihrer Art einzig da betreffs Auffassung, Eigentümer, Stellungnahme und Erfolg. Es ist ihr in außerordentlichem Maße freigestellt, die Tatsachen über jedes Ereignis zu suchen, zu finden und darzubieten. Im Sinne der Christian Science vermeidet der Monitor, den Nachrichten über Krankheit, Unheil und menschliches Leiden zu viel Nachdruck oder Wichtigkeit beizumessen; er berichtet Tatsachen, die das Denken höher heben und zu aufbauendem Überlegen führen. Wer den Monitor liest, sollte daher von der Bedeutung einer Begebenheit einen besseren Eindruck bekommen, als er durch die meisten anderen Nachrichtenquellen finden würde.
Die Geschichte von David und Goliath in der Bibel zeigt, wie jemand durch geistige Erkenntnis eine Nachricht ganz anders aufnimmt als jemand, der das Sinnenzeugnis gelten läßt, ohne es in Frage zu ziehen. David lehnte nicht nur ab, sich von dem beängstigenden Bild, das er sah, überwältigen zu lassen, sondern er unternahm auch sofort zweckdienliche Schritte, das Hindernis, das seinem Volk im Wege stand, zu vernichten.
Goliath, der das Heer Israels aufgefordert hatte, jemand zu einem Zweikampf mit ihm zu senden, war allem Anschein nach ein gewaltiger Feind. Er war ungewöhnlich groß und nicht nur vollauf zum Kampf gerüstet, sondern auch im Gebrauch seiner Waffen bewandert. Dies war damals eine schlimme Nachricht für die Israeliten, die sich offenbar dadurch überwältigen ließen; denn wir lesen (1. Sam. 17, 24): „Jedermann in Israel, wenn er den Mann sah, floh er vor ihm und fürchtete sich sehr.“
David hätte sich sicher auch gefürchtet, wenn er die Befreiungsmöglichkeiten seines Volks nach dem äußeren Anschein, nach der Größe, der Geschicklichkeit und der Körperkraft seines Feindes bemessen hätte. Davids Vertrauen war offenbar nicht auf den materiellen Augenschein, sondern auf den lebendigen Gott gegründet. Man beachte, was er zu König Saul sagte (1. Sam. 17, 37): „Der Herr, der mich von dem Löwen und Bären errettet hat, der wird mich auch erretten von diesem Philister.“ Dann bewies David seine Worte dadurch, daß er den Riesen erschlug und sein Volk von der Furcht befreite.
Davids Sieg in diesem Falle war unverkennbar die Folge seiner tiefen geistigen Wahrnehmung; denn ohne das Bewußtsein der göttlichen Gegenwart hätte er nicht den Mut haben können, an die Aufgabe heranzutreten, vor die die Israeliten sich gestellt sahen. Der Mesmerismus war damals dem Wesen nach nicht sehr verschieden von dem, was ein Weltkrieg und seine Folgen, vor die sich die ganze Menschheit heute gestellt sieht, an Aufgaben darbietet.
Um die Wirrnis zu durchdringen, die Nachrichten über widrige menschliche Lagen, über Krankheit, Leiden und Tod darbieten, muß der Christliche Wissenschafter wie David den Nebel möglicher Gefahr oder Störung durchschauen, indem er seine Kenntnis der geistigen Wahrheit anwendet. Dann kann er für sich selber und für andere die Wahrheit beweisen, die Mrs. Eddy feststellt (Wissenschaft und Gesundheit, S. 84): „Es ist das Vorrecht des immergegenwärtigen, göttlichen Gemüts und des Gedankens, der mit diesem Gemüt in Übereinstimmung steht, die Vergangenheit, die Gegenwart und die Zukunft zu kennen.“ Die Vergangenheit, die Gegenwart und die Zukunft Gottes, des Gemüts, und des Menschen, des Ausdrucks des Gemüts, schließen nichts Zerstörendes, keine Krankheit, kein Unheil oder Mißlingen in sich. Gott und Seine Idee bestehen ewig zusammen in dem unvergänglichen, unveränderlichen Reich des geistig Guten.
Menschliche Voraussage kann wechselnden Umständen entsprechend schwanken; die geistige Voraussage dagegen bleibt sich dem Wesen nach immer gleich, da sie auf dem Erkennen und Anerkennen der Allheit und Allgegenwart Gottes beruht. „Wissenschaftliches Vorhersehen“, um eine Randüberschrift in Wissenschaft und Gesundheit (S. 84) anzuführen, steht also im Einklang mit geistigem Wissen.
