Wer sich mit der Christlichen Wissenschaft befaßt, erkennt bald, daß ihre Lehren ebenso zur Heilung der Völker wie einzelner Kranker dienen. Er sieht, daß sie die schwierige Frage der Weltregierung und des Weltfriedens neu auslegt und sehr vereinfacht, und daß sie auch die Lösung bietet. Und er empfindet es als eine tiefe Forderung und als Ansporn, wenn er die ihm und jedem einzelnen in dieser Wissenschaft klar gebotene Gelegenheit erkennt, zu der Lösung der Weltlage beizutragen.
Die Christliche Wissenschaft zeigt vor allen Dingen klar, daß für das Zustandekommen einer angemessenen Regierung für die Welt ebenso wie beim Heilen von Krankheit die Hauptaufgabe nicht darin besteht, eine Wirklichkeit zu ändern, sondern zu erkennen, was die Wirklichkeit ist. Diese ungemein nützliche Tatsache wird unverkennbar, wenn wir die Allheit Gottes entsprechend der Lehre der Bibel als wissenschaftliche Wahrheit anerkennen. In der Allheit des göttlichen Gemüts, des Lebens und der Liebe kann es sicher keine unzulängliche Regierung geben. Eine solche anscheinende Unzulänglichkeit kann daher, so wirklich und weitverbreitet sie auch scheinen mag, nichts weiter als eine mesmerische Einflüsterung — eine völlig trügerische und unwirkliche Annahme sein, daß Gott weniger als das All sei.
Daß der materielle Augenschein die anscheinende Unzulänglichkeit bestätigt, ändert gar nichts an dem Fall, da es sich in der Wissenschaft erweist, daß die Materie selber nicht Substanz, sondern nur die äußere Erscheinungsform einer irrigen Annahme ist, die tatsächlich schnell der Erkenntnis der geistigen Wahrheit weicht in Übereinstimmung mit der Erklärung des Psalmisten: „Das Erdreich muß vergehen, wenn er sich hören läßt.“ Die materiellen Zustände, die das Fehlen einer befriedigenden Regierung zu bestätigen scheinen, sind also nur Erscheinungsformen der Annahme, daß Gott abwesend sein könne. Wird diese Annahme durch die geistige Wahrheit berichtigt, so ändert sich der Augenschein.
Es ist im wesentlichen dasselbe Verfahren, das sich durchweg in der Christlichen Wissenschaft im Heilen der Kranken als so wirksam erwiesen hat. Der Christliche Wissenschafter, der eine Krankheit zu heilen hat, welcher Art oder wie schwer sie auch sei, erkennt, daß ein Kranksein des Menschen, der Gottes Ebenbild ist — des wirklichen Menschen einschließlich des wahren und einzigen Selbst dessen, der krank zu sein scheint — eine Unmöglichkeit ist. Die Krankheit wird also wissenschaftlich als irrige Annahme oder Trugvorstellung betrachtet — als nichts, das etwas zu sein scheint, das vielleicht etwas sehr Schmerzhaftes zu sein scheint, aber doch immer nichts ist. Und in dem Maße, wie es dem Wissenschafter durch liebevolles, ernstes Beten und Bemühen gelingt, die Unwahrheit zurückzuweisen und die Wahrheit über den Betreffenden zu erkennen, beweist er, daß die Krankheit nichts ist; denn sie verschwindet, und der Augenschein des harmonischen Seins kommt zum Vorschein.
Zahllose Menschen haben unter den verschiedenartigsten Umständen auf diese Weise Heilung gefunden. Und das Verfahren hat sich, wo Beziehungen von Menschen in kleinen oder großen Gruppen zu berichtigen waren, als ebenso wirksam erwiesen.
Die Arbeit wird unbestreitbar erleichtert, wenn man an Weltregierung in dieser Weise herantritt; aber es erspart den Betreffenden nicht, daß sie menschliche Schritte tun müssen. Die geliebte Entdeckerin und Gründerin der Christlichen Wissenschaft, Mary Baker Eddy, schreibt: „Die göttliche Forderung:, Darum sollt ihr vollkommen sein´, ist wissenschaftlich, und die menschlichen Schritte, die zur Vollkommenheit führen, sind unerläßlich“ (Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift, S. 253, 254), und diese Erklärung ist wie für alle menschliche Erfahrung auch für das Tun derer maßgebend, die eine bessere Weltregierung aufbauen. Sie müssen, ob sie Staatsmänner sind oder zu der großen Masse Weltbürger gehören, einsichtsvoll handeln, um den menschlichen Forderungen gerecht zu werden; und die Christliche Wissenschaft hilft mit ihrem ganzen Einfluß, daß sie dies immer besser tun. Aber es nimmt die Last von ihren Schultern, und es dämmert ihnen eine neue Hoffnung auf, wenn sie sehen, daß sie die so nötige Regierung nicht aus den anscheinend vorhandenen materiellen und menschlichen Mitteln aufzubauen haben, sondern daß weit größere Mittel — die unendlichen Mittel des unendlichen Gemüts oder Gottes — dafür vorhanden sind. Und es ermutigt sie nicht nur, wenn sie erkennen, daß diese Mittel gegenwärtig sind, sondern sie finden tatsächlich, daß die göttliche Regierung sichtbar in Erscheinung tritt.
Aber wie viele müssen dies erkennen? Muß jeder von uns ungeachtet seiner Stufe der Erkenntnis auf unbestimmte Zeit auf andere, vielleicht auf Hunderte von Millionen anderer, warten, bis die Regierung kommt, die er braucht? Wie weit kann der einzelne gehen, um für sich und für andere eine befriedigende Regierung herbeizuführen?
Die Antworten, die die Christliche Wissenschaft auf diese Fragen gibt, sind für jeden von größtem Belang. Wir haben einen Hinweis darauf in dem, was Johannes auf der Insel Patmos erlebte: er sah „einen neuen Himmel und eine neue Erde“ (Offenb. 21, 1), wo die meisten oder alle andern auf der Insel zweifellos etwas ganz anderes sahen. Einen weiteren Hinweis haben wir in dem Bericht der Bibel von dem einen „armen, weisen Mann“ in einer belagerten Stadt, der „dieselbe Stadt durch seine Weisheit errettete“ (Pred. 9, 15).
In ihrem Buch „Pulpit and Press“ schreibt Mrs. Eddy (S. 4): „Ihr müßt euch nur wissenschaftlich und bestimmt der Einheit mit eurem göttlichen Ursprung bewußt bleiben und sie täglich beweisen. Dann werdet ihr finden, daß im Rechtsein und Rechttun, also im Beweisen des göttlichen Prinzips, einer so wichtig ist wie Millionen und aber Millionen.“ Und sie fügt hinzu: „Jeder noch so unbedeutende Christ spiegelt den unendlichen Einen wider; daher ist die Erklärung des Sehers wahr, daß ‚einer auf Gottes Seite eine Mehrheit ist.‘“
In der Christlichen Wissenschaft ist es einem klar, daß einem Menschen die allgegenwärtige Regierung Gottes nur insoweit abwesend zu sein scheinen kann, wie er der Annahme zustimmt, daß sie abwesend sei. Wer diese Annahme dagegen zurückweist, sieht im entsprechenden Verhältnis die göttliche Regierung. Andere mögen und müssen zweifellos ihr Denken und ihre Erfahrung auf dieselbe Art berichtigen. Aber bestimmend für die Art Regierung, die jeder hat, ist der Begriff von Regierung, den er persönlich hegt — ist der Umstand, inwieweit er die göttliche Wirklichkeit anerkennt; und niemand hat die Macht, ihn in diesem Anerkennen zu beschränken.
Niemand braucht auf andere zu warten betreffs der Regierung, die ihm not tut, aber andere werden — und dies füllt in der Tat des Wissenschafters Becher der Freude — durch den Beweis der Herrschaft Gottes, die jeder einzelne erbringt, unfehlbar gesegnet. Natürlich segnet es sie in dem Verhältnis, wie sie bereit sind, das, was in dieser Hinsicht getan wird, zu beachten und zu glauben; aber die Erfahrung hat gezeigt, daß diese Bereitwilligkeit bei vielen immer vorhanden ist.
Christus Jesus bewies diese Dinge fortwährend und in fortschreitender Weise so klar in seiner Laufbahn. Er bewies bei jedem Schritt auf dem Wege, daß er nur unter der Regierung des Vaters stand. Die Unwissenheit, die Stumpfheit und der Haß anderer verursachten ihm Arbeit; aber sie konnten seinen Fortschritt im Beweisen der immergegenwärtigen Regierung Gottes nicht verhindern. Er erbrachte unumgänglich seinen eigenen Beweis, und er erkannte zweifellos stets mehr von der göttlichen Gegenwart und Macht, als die Klarblickendsten in seiner Umgebung, wodurch er tatsächlich besser regiert war als sie. Aber es erwies sich auch, daß ein solches Beweisen unfehlbar andere einigermaßen erweckt und sie an den erlangten Segnungen teilnehmen läßt. Sein Verständnis, daß Gesundheit dem Menschen ewig gehört, erhielt nicht nur ihn (abgesehen von der Kreuzigung haben wir keinen Bericht, daß er je krank war), sondern vernichtete den Mesmerismus der Krankheit natürlich auch für andere. In der Wüste vertrieb sein Anerkennen des unwandelbaren Einsseins des Menschen mit dem unendlichen Guten den Hunger nicht nur für ihn, sondern auch für tausende andere. In einem Lied heißt es:
„Wo er weilte, schwand das Leid,
Wurden die Kranken gesund, die Hungrigen satt.“
Die Wirkungen seines eigenen Beweises erweiterten sich durch seine Himmelfahrt nur noch mehr. Sie verbreiten sich heute noch überall unter seinen Nachfolgern immer weiter, und die Christliche Wissenschaft kam mit all dem Großen, das sie für die Menschheit vollbringt und ihr verheißt, als die unausbleibliche Wissenschaft seiner Lehre — als der Tröster, der, wie er sagte, „euch alles lehren wird“, und für den er den Weg bereitete.
Seine Laufbahn ist eine hervorragende Veranschaulichung der jedem einzelnen gebotenen großen Gelegenheit, eine wahre und angemessene Regierung zu fördern; denn der Meister tat diese Dinge nicht nur selber, sondern er erklärte ausdrücklich: „Wer an mich glaubt, der wird die Werke auch tun, die ich tue, und wird größere als diese tun; denn ich gehe zum Vater“— denn er würde in seinem eigenen Beweis der göttlichen Regierung noch weiter vorschreiten.
Wie sollen wir nun angesichts dieser großen Gelegenheit, die jeder von uns hat, genau genommen vorgehen, um den besten Gebrauch davon zu machen?
Selbstverständlich darf kein einziges der für das Wachstum im Verständnis der Christlichen Wissenschaft verfügbaren Mittel vernachlässigt werden; denn das Verständnis dieser Wissenschaft und die ordnungsgemäß damit verbundene Denk- und Lebensweise befähigen einen am besten, die wahre Regierung zu erkennen und sich zu vergegenwärtigen, und dadurch jede Ansicht, daß sie nicht gegenwärtig sei, auszuschließen. Zu diesen Mitteln gehört das gewissenhafte und fortschreitende Ergründen der Bibel und des christlich-wissenschaftlichen Lehrbuchs, Wissenschaft und Gesundheit, und der anderen Schriften von Mrs. Eddy — und natürlich der wichtigen wöchentlichen Lektionspredigten, die aus Stellen aus der Bibel und dem Lehrbuch bestehen. Es gehört dazu auch, daß die christlich-wissenschaftlichen Zeitschriften und Vorträge, die Sonntagsschule und die Gottesdienste, sowie die Vorkehrung für Klassenunterricht recht benützt werden.
Zweitens sollten natürlich die einsichtsvoll von den Vereinten Nationen, von Regierungen einzelner Völker und anderen Vertretern unternommenen Schritte, um gesunde internationale Beziehungen herzustellen, auf jede zweckdienliche menschliche Art — durch Stimmabgabe bei Wahlen und anderweitig — unterstützt werden.
Außerdem kann man jeweils noch besonders beten oder metaphysisch arbeiten hinsichtlich der sich entwickelnden verschiedenen Seiten der Weltlage und der Lage im großen ganzen, und diese Arbeit kann, wenn sie verständnisvoll und aus wahrhaft christlichem Beweggrund getan wird, von höchstem Wert sein.
Man kann zum Beispiel jederzeit aus tiefer Überzeugung wissen, daß überall, wo jemand, der an der Spitze einer menschlichen Regierung steht, oder wo sonst eine Person oder Gruppe beratet, was betreffs einer für die Völker wichtigen Frage geschehen soll, das göttliche Gemüt, das zugleich die unendliche Liebe ist, mit seiner ganzen Unterscheidungskraft und Weisheit, mit seiner ganzen Herrschaft gegenwärtig ist, und daß kein anderes Gemüt gegenwärtig ist.
Ein derartiges Wissen des einzelnen verringert unfehlbar die Annahme und daher den Augenschein, daß an dem betreffenden Ort eine andere Denkart gegenwärtig sein könne. Für den, der so arbeitet, verringert es diese Annahme genau im Verhältnis zu der Klarheit seines Wissens und zu seinem Überzeugtsein von seinem Wissen; und es verringert sie für andere einschließlich der unmittelbar in Betracht Kommenden in dem Verhältnis, wie sie bereit sind, diese Hilfe zu empfangen.
Unter solchen Umständen, oder wenn in internationalen Beziehungen etwas getan werden muß, kann man wissen, daß die Person oder Personen, es zu tun, verfügbar sind, und zwar deshalb, weil das göttliche Gemüt immer gegenwärtig ist und ewig vollkommen zum Ausdruck kommt. Daher kann die nötige persönliche Kundwerdung des Gemüts — die nötige Person — nicht fehlen, und durch die Erkenntnis dieser Tatsache wird sie dann augenscheinlich.
Einer Einflüsterung, daß die für einen Schritt vorwärts in der Regierung der Welt nötigen Mittel nicht vorhanden seien, kann man mit dem Wissen entgegentreten, daß die unendlichen Mittel des Gemüts oder Gottes nicht nur gegenwärtig, sondern auch vollständig ausgedrückt sind, und daß folglich die vollkommene Regierung für die Erde schon gegenwärtig und ausgedrückt ist — daß sie nur erkannt zu werden braucht.
Ein solches Wissen trägt wiederum unfehlbar dazu bei, den falschen Sinn zu vertreiben.
Angesichts eines eigennützigen Beweggrundes, oder eines Handelns oder vorgeschlagenen Handelns, das angenommenermaßen einem Teil der Menschheit zum Vorteil und andern zum Nachteil gereicht, kann man wissen, daß kein solcher Beweggrund und kein solches Handeln bei Gott oder Seinem Menschen möglich ist — also überhaupt nicht möglich ist. Man kann ferner wissen, daß kein Mensch an eine Art Gutes glauben kann, das nicht für alle gut ist; daß niemand irgendwie getäuscht werden kann, da die eine unendliche Intelligenz und Liebe das Gemüt aller ist.
Will sich Ermattung oder Ungeduld über die verzögerte Arbeit an der Weltlage in irgend einer Hinsicht zeigen, so kann man einfach wissen, daß es kein Erschlaffen und keine Ungeduld gibt; daß der Mensch, der als der Ausdruck der göttlichen Art von Gott untrennbar ist, immerdar frisch und zuversichtlich ist, und überdies immerdar sieht, daß das Gute sich in reichem Maße bekundet.
Um einer Einflüsterung entgegenzutreten, daß man selber die Wahrheit nicht klar genug erkennen könne, um sich und andern die so nötige Wohltat zu bringen, kann man wissen, daß Gott nichts von einer solchen Beschränkung weiß, und daß sie daher nicht besteht.
Kommt man in Versuchung, an Dingen oder Gewohnheiten festzuhalten, die einen hindern, daß man sich die Wahrheit vergegenwärtigt — müßig zu sein oder sich mit etwas Nutzlosem zu beschäftigen, wenn man nutzbringend tätig sein könnte, oder irgendwie zu versäumen, die Wissenschaft weise, gründlich, folgerichtig und fortschrittlich anzuwenden, so kann man wissen und somit beweisen, daß der Mensch, der man wirklich ist, von einer solchen Versuchung nicht berührt werden kann.
Trotz jeder Einflüsterung, daß vollkommene Regierung nicht gegenwärtig oder in ungenügendem Maße gegenwärtig sei, kann man wissen, daß ein solcher Zustand unmöglich ist, weil „der allmächtige Gott regiert“ (engl. Bibel) und das All ist.
Wir können sehen, daß ein solches Arbeiten im wesentlichen das Beten ist, das unsere Führerin uns in ihrer geistigen Auslegung des Gebets des Herrn lehrt, wenn sie schreibt (Wissenschaft und Gesundheit, S. 16, 17): „Dein Reich ist gekommen; du bist immergegenwärtig“ und: „Befähige uns zu wissen, daß Gott — wie im Himmel, also auch auf Erden — allmächtig, allerhaben ist.“ Ein solches Arbeiten kann und sollte jeweils dem Bedürfnis angepaßt werden. Wenn der Wissenschafter immer darauf bedacht ist, daß das Gemüt sein Denken erleuchte und leite, kann sein Gebet dem Bedürfnis genau angepaßt sein: er kann unter allen Umständen die genaue Wahrheit, die Seite der Wirklichkeit, erkennen, die nötig ist, um die Lüge zu widerlegen. Und er versteht dann, daß es das auf diese Weise eingelassene Licht der Wahrheit ist, das seiner Arbeit Macht verleiht.
Es ist selbstverständlich wünschenswert, daß möglichst viele Personen auf diese Art um eine gute Regierung beten — so die Regierung Gottes anerkennen — sollten. Aber es ist nicht zu unterschätzen, was auch nur ein einzelner, irgend jemand, auf diese Art vollbringen kann. Wie vor alters kann auch heute ein Mensch eine Stadt retten, und man braucht nicht daran zu zweifeln, daß das, was ein aufgeklärter Mensch in einem entscheidenden Augenblick der Welt auf diese Weise tut, hinzugefügt zu dem, was andere getan haben, vielleicht gerade noch nötig ist, den rechten Ausschlag zu geben. Man braucht auch nicht zu bezweifeln, daß das, was ein einzelner in dieser Weise bei einer bevorstehenden wichtigen Entscheidung tun kann, der Gefahr vorbeugen kann.
Dies gibt jedem von uns den größten Ansporn, so oft es nötig ist, und so umfassend, wie wir wünschen mögen, zu beten: „Dein Reich ist gekommen; du bist immergegenwärtig.“