Die Menschen erkennen jetzt vielleicht mehr als je zuvor, wie nutzlos es ist, sich zu bekriegen. Trotz dieses Schimmers von Einsicht gibt es noch immer Kriege. Reicht die menschliche Vernunft nicht aus, sie zu verhindern?
Solange das Denken der Menschen von der Vorstellung ausgeht, daß jeder einzelne sein eigenes, körperlich bedingtes Gemüt besitzt, das guten und bösen Einflüssen ausgesetzt ist, wird es Zank, Streit und Krieg geben. Gewiß, Vernunft hat einen mildernden Einfluß ausgeübt. Wenn dies nicht gewesen wäre, hätte die Menschheit sich selbst bereits ausgerottet. Aber noch immer scheint Krieg zwischen den Völkern auszubrechen, und doch ist er nur das Ergebnis falschen Denkens, wie die Christliche Wissenschaft erklärt, genauso wie es sich mit Streit zwischen einzelnen Personen verhält.
Das Verständnis von der geistigen Wahrheit ist höher als alle menschliche Vernunft. Die geistige Wahrheit ist die grundlegende Offenbarung der Christus-Idee, die durch die Christliche Wissenschaft ans Licht gebracht worden ist. Sie zeigt, daß der Mensch in seiner geistigen, wirklichen Identität der Sohn oder das Kind Gottes ist. Er ist die Widerspiegelung des göttlichen Prinzips. Als Bild und Gleichnis Gottes spiegelt er das Bewußtsein und die Intelligenz des göttlichen Gemüts wider.
Mrs. Eddy sagt in ihrem Buch Wissenschaft und Gesundheit: „Es kann nur ein Gemüt geben, weil es nur einen Gott gibt; und wenn die Sterblichen auf kein anderes Gemüt Anspruch erheben und kein anderes Gemüt annehmen würden, dann würde die Sünde unbekannt sein. Wir können nur ein Gemüt haben, wenn dieses eine unendlich ist.“ Wissenschaft und Gesundheit, S. 469;
Ein jeder, der kein anderes Gemüt beansprucht als das göttliche, kann erkennen, daß niederreißendes Kritisieren, Tadeln, Verurteilen von Personen, Regierungen, Völkern oder Rassen auch nicht im geringsten hilft, Streit und Krieg zu überwinden, ebensowenig wie das Wiederholen von Gerüchten und Vermutungen.
Bloßes Ignorieren des Bösen andererseits hilft auch nicht. Im Gegenteil, das Böse, das sagt, es gebe viele selbständige Gemüter, die im Widerspruch zum Guten, oder dem göttlichen Gemüt, stehen können, muß als eine Suggestion aufgedeckt werden. Die Furcht vor dem Bösen muß in unserem Bewußtsein zerstört werden, denn das Böse ist eine Illusion. Wir müssen die gänzliche Unwirklichkeit jedes falschen Anspruchs wahrnehmen und an seine Stelle die Freude und Gewißheit der Allmacht und Allgegenwart des Guten setzen.
Durch das geistige Verständnis dieser göttlichen Wahrheit ist ein echter Frieden möglich, ein Frieden, der nicht nur ein Schweigen der Waffen bedeutet, sondern eine Aktivierung der höheren Eigenschaften des göttlichen Gemüts, ja eine Betätigung der allumfassenden Liebe. Frieden ist eine aktive Haltung, ein harmonisches Zusammenklingen der unendlich vielfältigen Kräfte und Ideen des göttlichen Gemüts.
Durch die Anwendung der Wahrheit können wir Frieden in unseren menschlichen Beziehungen demonstrieren. Dies wurde von einem jungen Mann bewiesen, der sich beruflich emporgearbeitet hatte und eine leitende Stellung bekleidete, als er sah, daß einer seiner Kollegen ihn seiner Stellung wegen anfeindete. Es gab Streit. Der junge Mann versuchte das Problem durch die Christliche Wissenschaft auszuarbeiten. Er machte sich klar, daß alle Kinder Gottes von dem einen göttlichen Gemüt regiert werden und daher nicht in Streit miteinander liegen können.
Es änderte sich aber nichts an der Situation, solange er bei seiner wissenschaftlichen Arbeit davon ausging, daß er in seiner Stellung anerkannt werden wollte. In seinem aufrichtigen Gebet kam ihm schließlich der Gedanke, daß das göttliche Gemüt das einzige Gemüt des Menschen ist und daß er nur die göttliche Autorität, die für alle gilt, anerkennen mußte. Die Spannung zwischen den beiden Kollegen löste sich. Ein freundschaftliches Gespräch, das offensichtlich das Resultat der ausschließlichen Anerkennung des einen herrschenden göttlichen Gemüts war, löste den Streit in Harmonie und Zusammenarbeit auf.
Es ist unsere Aufgabe als Christliche Wissenschafter, aktiven Frieden in unserer unmittelbaren Beziehung zu unserer Umgebung zu demonstrieren. Wir streben danach, in dem beständigen Bewußtsein der Allgegenwart des göttlichen Gemüts und der göttlichen Liebe zu leben. In dem Maße, wie uns das gelingt, werden wir nicht mehr jemandem feindlich gesinnt sein, uns über jemanden ärgern oder gleichgültig gegen jemanden sein. Eine selbstlose Liebe wird von uns verlangt, die wir nur in dem Grade besitzen können, wie wir das geistige Verständnis der Allheit des göttlichen Gemüts und seiner Widerspiegelung erlangt haben.
Christus Jesus hatte Feinde. Er war kompromißlos gegenüber jeder Phase des Anspruchs einer von Gott, dem Guten, getrennten Macht. Und doch lebte er in Frieden, in dem aktiven Frieden des fortwährenden Ausdrucks göttlicher Eigenschaften, was ihn befähigte, selbst über den Tod zu triumphieren.
Er demonstrierte den Christus, das wahre Verständnis des geistigen Seins, in so hervorragender Weise, daß er eine Autorität besaß, die jeden Anspruch des Bösen, das ihm in den Fällen, die er heilte, entgegentrat, aufzudecken und zu zerstören vermochte. Er wandelte den Sünder um und heilte den Kranken in allen Fällen, wo die Bereitschaft vorhanden war, den Christus aufzunehmen.
Es ist gut, daß in unserer Zeit viele Begriffe und Gewohnheiten in Frage gestellt werden. Gewalt aber wird immer nur mehr Gewalt gebären und Probleme bestenfalls verlagern, aber nicht lösen. In der Gewalt liegt auch immer die Gefahr des Chaos.
Es gibt Utopisten, die sagen, die Gesellschaft befinde sich bereits in einem Chaos, sie habe gar keine Ordnung. Aber da, wo Chaos herrscht, ist es nicht auf die zugegebenermaßen recht unzulängliche menschliche Ordnung zurückzuführen, sondern auf die Nichtachtung dieser Ordnung. Man sollte eine Sache nicht von ihrem Mißbrauch her deuten. Es hat Jahrhunderte, ja Jahrtausende gekostet, ehe die Menschheit zu den jetzigen Begriffen von Recht und Ordnung gelangte, die heute von den Utopisten mit einem Achselzucken abgetan werden.
Diese Ordnung beruht weitgehend auf den ethischen Forderungen, die in den Zehn Geboten in der Bibel enthalten sind. Es gilt nicht, diese Ordnung zu ignorieren oder sie abzuschaffen, sondern sie zu verbessern, sie eben den höheren ethischen Forderungen immer mehr anzupassen.
Das erste dieser zehn Gebote lautet: „Du sollst keine anderen Götter haben neben mir.“ 2. Mose 20:3. Erkennen wir nur Gott, das Gute, als Autorität an, als Macht, Gegenwart, Wahrheit und als die Quelle von allem, was wir tatsächlich erleben können, und sehen wir jeden anderen Anspruch als eine Täuschung des materiellen Sinnes. Dies erfordert ständige Wachsamkeit. Frieden in unserem Herzen, in unserer Umgebung und unter den Völkern ist nicht ein passives Gewährenlassen, sondern vielmehr die Betätigung göttlicher Eigenschaften, die der Mensch als Gottes Bild und Gleichnis besitzt. Diese Eigenschaften müssen aktiviert werden. Frieden ist eine aktive Haltung.
 
    
