Es wäre interessant, Paulus’ und Jesu Umwelt zu betrachten, insofern sie die äußere Form ihres Lehrens beeinflußt zu haben scheint. Paulus verbrachte seine Kindheit in einer geschäftigen Metropole. Jesus war in einem stillen Dorf auf dem Lande zu Hause. Ja, Paulus hatte von Tarsus aus zu den glitzernden, schneebedeckten Gipfeln des Taurusgebirges jenseits der fruchtbaren Ebene Ciliciens hinaufblicken können. Er hatte vielleicht den Kydnos vorbeifließen sehen. Doch in seinen Schriften vermissen wir viel von jener tiefen Wertschätzung der Schönheit der Natur, von jener Harmonie mit allem, was lebt und wächst, die solch ein entzückendes Merkmal der Gleichnisse Jesu ist.
Der Prophet aus Nazareth, der in einem Stall geboren wurde und einige Zeit in der Wüste mit den wilden Tieren verbrachte, wies mehr als einmal darauf hin, daß Tiere gefüttert und gut behandelt werden sollen. In seinen Augen übertrafen die wilden Blumen auf den Feldern Palästinas die sagenhafte Herrlichkeit Salomos. Sein himmlischer Vater nährte die Vögel unter dem Himmel, die weder säen noch ernten, und Er sorgte sogar für die Sperlinge. Der Sämann, der seinen Samen streut, das goldene Getreide zur Erntezeit und die ertragreichen Weinberge zur Weinlese, das Unkraut in den Ackerfurchen, das Gras, das als Heizmaterial in den primitiven Öfen des Landvolks verbrannt wird — all das diente zur Veranschaulichung seiner erhabensten Lehren. Die Dornen und Disteln, der Feigen- und Ölbaum, die wechselnde Färbung des Himmels werden nicht vergessen. Und er verglich sich sogar mit dem demütigen, freundlichen Hirten, der seine Herde hütet. Beinahe jedes Bild erzählt uns von jemandem, der mit dem Dorf- und Landleben vertraut ist und es liebt.
Wenden wir uns jedoch wieder Paulus zu, so stellen wir fest, daß er auf etwas anderes Gewicht legt. Der Apostel schreibt vom Glanz der Sonne, des Mondes und der Sterne. Doch aus dem Zusammenhang ist zu erkennen, daß ihn in Wirklichkeit der Unterschied, der zwischen ihnen besteht, interessiert anstatt ihre Schönheit an sich. Und er sucht sie, wenn auch etwas unverständlich, mit der Auferstehung in Verbindung zu bringen (s. 1. Kor. 15:40–42). Er spricht von dem Samenkorn als einem Symbol der Auferstehung; doch selbst hier vermissen wir die Freude, die aus einem ähnlichen, von Jesus gebrauchten bildlichen Ausdruck spricht (Mark. 4:28): „Zuerst den Halm, danach die Ähre, danach den vollen Weizen in der Ähre.“ „Du Narr“, schreibt Paulus, „was du säest, wird nicht lebendig, es sterbe denn“ (1. Kor. 15:36). Er schreibt, wie alle Schöpfung ungeduldig wartet, daß Gottes Kinder offenbar werden, aber sie stöhnt und ängstet sich in der Knechtschaft (s. Röm. 8:19–22).
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