Vielleicht gibt es immer noch Leute, die überzeugt sind, daß Gott eine Art Übermensch weit oben im Himmel sei — wo immer das auch sein mag. Doch viele beginnen zu erkennen, daß Gott göttliche Intelligenz, allgegenwärtiger Geist ist. Johannes gibt uns einen umfassenderen Begriff von Geist, wenn er uns versichert: „Gott ist Liebe.“ 1. Joh. 4: 16;
Sie und ich mögen zwar überzeugt sein, daß Gott kein von uns getrenntes Wesen irgendwo in der Ferne ist — kein mächtiger Herrscher, der, wenn wir um Hilfe beten, vielleicht eingreift oder auch nicht. Aber gerade der falsche Begriff von Gott ist tief im Bewußtsein der Menschheit verwurzelt, und im täglichen Leben mag er manchmal unser Bild von Ihm beeinflussen. Benutzen wir nicht oft Ausdrücke oder Analogien, die andeuten, daß Gott und der Mensch getrennt seien — daß Gott entweder durch unerwartetes göttliches Eingreifen zum Menschen komme oder weil der menschliche Hilferuf von Ihm erhört wurde?
Damit soll nicht geleugnet werden, daß Gott für uns sorgt. Es ist beruhigend — und bis zu einem gewissen Grade hilfreich —, zu glauben, daß Gott uns vor dem Bösen beschützt; daß wir Ihn bitten können, uns in Zeiten der Versuchung zu erhalten; daß Er uns sagt, welche Richtung wir einschlagen sollen, wenn wir vor einer Entscheidung stehen. Aber dieser Bgriff von Gott ist begrenzt. Er zeigt, was viele Menschen über Gott denken — nicht die Beziehung, die der Mensch tatsächlich zu Gott hat.
Die Bibel berichtet von zahlreichen Fällen, wo Gott denen zu Hilfe kam, die Ihm treu waren. Gott rettete Daniel, indem Er den Löwen den Rachen zuhielt. s. Dan. 6; Er half Elia, der sich in der Wüste auf den Tod vorbereitete. s. 1. Kön. 19; Er bewahrte Paulus und andere vor dem Ertrinken, als der Sturm ihr Schiff zerstörte. s. Apg. 27; Auch Mary Baker Eddy beschreibt Gott oft in einer Sprache, die dem gegenwärtigen Denken der Menschheit entspricht und ihr verständlich ist. Dem menschlichen Sinn mag es wohl so scheinen, als sei Gott eine getrennte Macht, die sich oft unser annimmt, uns segnet und errettet. Er hat Mitleid mit uns; Er erbarmt sich unser; Er tröstet uns und hat Geduld mit unseren Schwächen; Er vergibt uns.
Ja, diese Beschreibungen unserer Beziehung zu Gott können bedeutungsvolle Anzeichen Seiner Gegenwart sein. Wenn wir geistig wachsen, nimmt unser Verständnis von Gott zu. Wir erkennen, daß begrenzte Gedanken über Ihn einer erleuchteten, genaueren Erkenntnis weichen müssen, da Er unendlich ist. Dann beginnen wir den vollständigen Beweis der göttlichen Gegenwart zu sehen.
Als Entdeckerin der Christlichen Wissenschaft sammelte Mrs. Eddy großartige Erkenntnisse von dem umfassenden Wesen Gottes. Durch reine Offenbarung begann sie Gott zu erkennen. Als sich die göttlichen Wahrheiten in ihrem Bewußtsein herauskristallisierten, wurde klar, daß sie Gottes Wesen erkannt hatte, von dem Christus Jesus so vollständig durchdrungen war. Jesus bewies sein Verständnis von Gott durch seine Geistigkeit, durch ein Leben voller Mitgefühl und Vergebung, durch seine unvergleichlichen Heilungswerke und schließlich durch seinen Sieg über Tod und Sterblichkeit.
Mrs. Eddy erkannte die Fülle und Vollkommenheit, die Vollständigkeit und Allerhabenheit Gottes. Auf die Frage: „Glauben Sie an Gott?“ konnte sie u. a. erwidern: „Für mich ist Gott Alles.“ Die Einheit des Guten, S. 48. Welch einfache, aber inhaltsschwere Aussage. Gott, Geist, Liebe ist Alles. Und der Mensch, so erklärt sie uns, ist der vollständige Ausdruck, das eigentliche Bild, Gottes; er ist der unleugbare Beweis Gottes.
Diese Offenbarung, daß Gott Alles ist, berührt — ja, segnet in höchstem Maße — jeden Aspekt unseres Lebens. Sie führt uns fort von dem Glauben, daß Gott jemand „dort oben“ sei, der uns bei unseren armseligen irdischen Anstrengungen wunderbar hilft, und hin zu der höheren Erkenntnis, daß Gott die eigentliche Substanz allen Seins ist. Er ist unser Leben, das einzige Leben, das es gibt. Er ist Leben, das nie verlorengehen kann. Er ist unser Gemüt, die einzige Quelle der Weisheit, die einzige Intelligenz
Gott und Mensch sind eine heilige Einheit. Der Mensch bekundet die Vollkommenheit Gottes; er ist ewiglich geistig, nicht materiell, denn Geist ist stets Alles. Was bedeutet Gottes Allheit für die Menschheit? Den materiellen Sinnen mag sie eine bedeutungslose Theorie sein, da die Schöpfung scheinbar so weit hinter der Vollkommenheit zurückbleibt, auf die in der Behauptung hingewiesen wird, daß Gott Alles ist und der Mensch stets Sein Wesen bezeugt. Diese erhabene Wahrheit von Gott und dem Menschen offenbart, was Christus Jesus der Menschheit brachte. Er verhieß den Tröster, die göttliche Wissenschaft, die uns alles lehren und für immer bei uns bleiben würde.
Verstehen wir, was es bedeutet, daß Gott Alles ist, daß Er die einzige Substanz, die einzige Macht ist, tritt Heilung ein. Gottes Gegenwart wird deutlicher sichtbar. Es ist ein großer Unterschied, ob wir uns als Sterbliche betrachten und Gott bitten, eine Krankheit zu heilen, oder ob wir Gottes Allheit anerkennen und begreifen, daß der Mensch immerdar Seine vollständige Widerspiegelung ist. Tun wir das eine, mögen wir eine gewisse Erleichterung erfahren, die von der Stärke unseres Glaubens abhängt. Sehen wir den Menschen aber als vollständige Widerspiegelung Gottes, erleben wir wissenschaftliche Heilungen, da diese Erkenntnis sich auf die Wahrheit des Seins stützt; ja, sie verändert und erneuert das Bewußtsein völlig.
Stellen Sie sich vor, Sie hätten mit jemandem eine Auseinandersetzung. Die Ansichten widersprechen einander. Diese Situation wird nicht schließlich dadurch geheilt werden, daß Sie einen Außenstehenden — Gott — hinzuziehen, um die Harmonie wiederherzustellen. Die wirkliche Lösung besteht in der Erkenntnis, daß Gott Alles ist. Gott ist nicht irgendwo außerhalb; Er wird nicht gebeten, zu intervenieren; Gott ist der unendliche Eine. Er ist die intelligente Einheit und die unveränderliche Harmonie, nach der wir uns sehnen. Wenn wir erkennen, daß Seine Allheit gegenwärtig ist, demonstrieren wir tatsächlich Gott; wir beweisen, daß Einssein — ein Gemüt, eine Intelligenz — wirklich ist.
Die Heilung erscheint dem menschlichen Sinn vielleicht als Zeichen dafür, daß Gott in den Konflikt eingreift und gegensätzliche Ansichten in Einklang bringt. Wir haben aber den Beweis dafür, daß Gott nicht jemand ist, den wir in Notzeiten herbeirufen; vielmehr ist Er die wahre Substanz und Harmonie der Gedanken und Handlungen, die Ihn vollkommen zum Ausdruck bringen.
Unsere Aufgabe besteht darin, Gott in jedem Bereich unseres Lebens zu demonstrieren, Seine Allheit und Vollkommenheit zu beweisen.
