Es war ein herrlicher, windiger Tag, und die Jungen und ihre Schwester beschlossen, mit ihrem Boot auf die andere Seite der Bucht zu segeln. Der Wind fegte mit ziemlich hoher Geschwindigkeit über den oberen Teil des Sees hinweg; es versprach eine aufregende Fahrt zu werden. Sie erzählten ihrer Mutter, was sie vorhatten, und fuhren dann mit dem Dingi zum Segelboot hinaus. Sie hißten die Segel und stießen von der Boje ab. Der Wind füllte die Segel, und das Boot glitt über die aufgepeitschten Wellen dahin. Oft mußten die Kinder sich schnell ducken und ihren Platz wechseln. Es war aufregend, hoch auf der Kante des Bootes zu sitzen und zu sehen, wie dicht sie mit Mast und Segel ans Wasser herankommen konnten, ohne zu kentern.
Aber der Wind wurde stärker, und der Himmel verdunkelte sich. Als die Kinder merkten, daß ein Sturm im Anzug war, beschlossen sie, sofort umzukehren. Das Boot war stabil, aber zu klein, um in einem heftigen Sommersturm auf dem großen See zu bleiben. Sie waren wohl schon bei schlechtem Wetter draußen gewesen, aber immer mit dem Vater an der Ruderpinne.
Als das kleine Boot und seine Mannschaft die Heimfahrt antraten, hatte der Wind so zugenommen, daß es schien, als würde er die Segel vom Mast reißen und das Boot hilflos dem starken Wellengang überlassen. Das Boot stampfte, und die Kinder bekamen es immer mehr mit der Angst zu tun.
Schließlich sagte Lisa: „Ich glaub, wir beten lieber. Erinnert ihr euch, wie Jesus im Heck des Schiffes schlief und die Jünger ihn aufweckten, weil sie sich fürchteten? Ich wünschte, er wäre jetzt hier, ich hab nämlich solche Angst.“
„Tun wir doch, was Jesus tat“, meinte ihr jüngerer Bruder. „Er stillte den Sturm. Da müssen wir wohl als erstes die Furcht zum Schweigen bringen.“
„Aber wie, wenn ich solche Angst habe?“ fragte Lisa.
„Wir könnten mit dem Gebet für Kinder beginnen, das Mrs. Eddy geschrieben hat“, antwortete David. „Wenn ich es abends bete, werde ich immer ganz ruhig.“
„Na klar“, sagten die älteren Brüder fast einstimmig, „dann bist du ja auch zu Hause in deinem Bett. Kein Wunder, daß du dich sicher und geborgen fühlst! Und Mutti und Vati sind auch da.“
„Ich wette, Mutti betet jetzt zu Hause für uns“, entgegnete David. Und dann begannen er und bald auch die anderen, über das folgende Gebet nachzudenken:
Vater-Mutter gut, inniglich
such’ ich Dich
für und für
auf dem Wege Dein,
mag lang, mag kurz er sein,
hinauf zu Dir.Vermischte Schriften, S. 400.
Einer der Jungen sagte: „Ich hab’s. Wir müssen nur demütig lauschen und darauf vertrauen, daß Gott uns dazu führen wird, das Richtige zu tun.“ Die Furcht ließ nach, und die Kinder bemühten sich, das Boot, so gut sie konnten, aufrecht zu halten, wobei jedes weiterbetete: „für und für/auf dem Wege Dein“. Ehe sie sich’s versahen, konnten sie ihren Anlegeplatz sehen.
Die Mutter hatte die Wetterverhältnisse auch bemerkt. Sie hatte das Radio angestellt und die Sturmwarnungen für das Seengebiet gehört. Als die Kinder nach längerer Zeit nicht zurückkamen, machte sie sich Sorgen. Die ganze Situation erschreckte sie zunächst ziemlich. Es war niemand da, den sie ihren Kindern im Boot zu Hilfe schicken konnte. Sie dachte: „Jetzt hilft nur noch Beten.“
Da alle in der Familie Christliche Wissenschafter sind, beten sie viel. Sie hatten gelernt, sich in jeder Not an Gott zu wenden, und vertrauten darauf, daß Gebet, wie Christus Jesus es lehrte, erhört wird. Die Christlichen Wissenschafter sind davon überzeugt, daß Gottes Wille für den Menschen immer gut ist. Gottes Kinder können weder verlorengehen, noch vergißt Er sie; alle haben in gleichem Maße ständig an Seiner Liebe teil.
Es war also ganz natürlich, daß die Mutter das Gebet des Herrn zu beten begann: „Unser Vater in dem Himmel!“ Siehe Matth. 6:9–13. Der Himmel, so folgerte sie, ist die Atmosphäre der Seele, wo Harmonie herrscht, wo der Mensch und die Natur geistige Ideen Gottes sind und von Seinem Gesetz regiert werden. Sie wußte, daß die Kinder sich in Wirklichkeit in dieser Atmosphäre der Seele und nicht im materiellen Sinn befanden.
„Dein Wille geschehe auf Erden wie im Himmel“ — die Mutter ging das ganze Gebet durch und dachte darüber nach. Gott ist immer gegenwärtig; Er allein herrscht, und Sein Wille ist allerhaben. Sein Gesetz versorgt den Menschen stets mit allem, was er braucht. Ruhe, Intelligenz, klare Führung — sie sind das „Brot“, das Er den Menschen gibt.
Sie wußte, daß sie es Gott schuldig war, Seine Gegenwart und Seine allerhabene Macht sowie den unwiderlegbaren geistigen Augenschein anzuerkennen, daß Seine Kinder in jenem Augenblick sicher waren. Außerdem sah die Mutter, wie wichtig es war, sich nicht von Zweifel und Furcht übermannen zu lassen, sondern aufrichtig anzuerkennen: „Dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit.“
Da kamen auf einmal vier völlig durchnäßte Kinder mit fröhlichen Gesichtern ins Haus. Sie waren ganz außer sich vor Freude über ihr wunderbares Erlebnis und konnten nicht warten, davon zu erzählen. „Mutti, Mutti, es war großartig“, riefen sie, und jedes wetteiferte um eine Gelegenheit, zu berichten, wie sie auf der Rückfahrt zusammen gearbeitet und gebetet hatten.
Am nächsten Morgen stand in den Zeitungen, daß sieben Tornados das Seengebiet durchzogen und Schiffe ans Ufer geworfen, Anlegestellen weggerissen und Bäume entwurzelt hatten. Niemand war dabei ums Leben gekommen.
Die Christlichen Wissenschafter waren besonders dankbar für die Macht des Gebets und für den Beweis von Gottes Schutz und zärtlicher Fürsorge für alle Seine Kinder.
Anmerkung für Eltern:
Wenn jemand von Erlebnissen wie dem obigen hört, mag er vielleicht denken, daß die Kinder wahrscheinlich ohnehin sicher zu Hause angelangt wären; wie kann man überhaupt mit Bestimmtheit wissen, daß Gebet in einer Situation zu einem glücklichen Ausgang führt?
Viele biblische Geschichten berichten von Menschen, die, wie der Psalmist, bei Gott Hilfe suchten: „Wenn ich mich fürchte, so hoffe ich auf dich. Ich will Gottes Wort rühmen; auf Gott will ich hoffen.“ Ps. 56:4, 5.
Gleicherweise sind die Christlichen Wissenschafter überzeugt, daß es ein Gesetz Gottes, ein Gesetz der geistigen Wirklichkeit, gibt, das die Tätigkeit Seiner Schöpfung in all ihren Aspekten harmonisch regiert. Sie glauben jedoch nicht, daß Gebet eine Wendung zum Besseren bringt. Vielmehr hebt das Gebet, oder die Anpassung an dieses geistige Gesetz, vermeintliche materielle Gesetze und Wirkungen, einschließlich des Glaubens an Zufall, auf.
Für die Familie, die den Sturm erlebte, bestand kein Zweifel darüber, daß die sichere Heimkehr der Kinder auf die Macht des Gebets zurückzuführen war, das selbst einen menschlichen Begriff von Leben und Sicherheit mit der geistigen Wirklichkeit in Einklang bringt. Ein natürliches Gefühl der Dankbarkeit dafür, daß die ganze Familie die Wahrheit der Allgegenwart Gottes gespürt hatte, war der Anlaß, dieses wahre Erlebnis niederzuschreiben.