Welch ein Vorrecht war doch jenen beschieden, die Christus Jesus begleiteten — seine Heilungen miterlebten, seinen Lehren zuhörten, seine Christlichkeit fühlten. Die Jünger hatten eine einzigartige und kostbare Gelegenheit. Seither hat sich niemandem dieselbe Möglichkeit geboten. Stellen Sie sich vor, mitzuerleben, wie ein Mann, der von Kindheit an lahm war, geheilt, wie einem anderen, der blind war, sein Augenlicht wiedergegeben, wie ein Geistesgestörter normal und ein Toter zum Leben erweckt wurde. Überlegen Sie sich einmal, was es bedeutet haben mußte, mit Jesus zusammenzusitzen, während er die ewigen Wahrheiten erklärte, auf denen seine heilende Kraft beruhte und die seine Zuhörer befähigen würden, seinem Beispiel zu folgen.
Und wenn man das alles bedenkt, mutet es seltsam an, daß die Evangelien von keiner einzigen spezifischen Heilung durch die Jünger ausführlich berichten. (Matthäus, Markus und Lukas sprechen über einen Fall, den die Jünger vergeblich zu heilen versucht hatten, Siehe Matth. 17:14–21. und nehmen ganz allgemein auf ihre Heilarbeit Bezug. Siehe Matth. 10:1, 8; Mark. 6:7, 13; 16:20; Luk. 9:1, 2, 6; 10:1, 17.)
Erst nach der Kreuzigung und Auferstehung begann sich die Heilarbeit der Jünger so richtig zu entfalten. Sie mußten diese Ereignisse erleben, um sich von der Macht zu überzeugen, auf denen die Heilungen und Lehren Jesu beruhten. Mrs. Eddy erklärt in Wissenschaft und Gesundheit: „Jesu Schüler, die nicht genügend vorgeschritten waren, um ihres Meisters Triumph völlig zu verstehen, vollbrachten nicht viele wunderbare Werke, bis sie ihn nach seiner Kreuzigung gesehen und begriffen hatten, daß er nicht gestorben war. Dies überzeugte sie von der Wahrhaftigkeit alles dessen, was er gelehrt hatte.“ Wissenschaft und Gesundheit, S. 45.
Wie steht es mit uns heute? Basiert unser Denken, wenn wir als Jünger Christi Jesu beten, auf einem Verständnis, das dem vor oder nach der Auferstehung entspricht? Darin mag ein großer Unterschied liegen; tatsächlich bestimmt unser Bewußtseinszustand, wie wirksam unsere Heilarbeit ist. Eine Mentalität, die von der Auferstehung noch nicht berührt wurde, kann durchaus bewunderungswürdig sein, aber dennoch nicht genügend heilende Macht besitzen. Wer eine solche Mentalität hat, mag fest daran glauben, daß die Christliche Wissenschaft eine Heilung bewirken kann; möglicherweise ist er sehr willig, die Bibel und Mrs. Eddys Schriften zu studieren; und vielleicht erfüllt ihn eine große Begeisterung über die vielen Heilungen, die in den Zeitschriften der Christlichen Wissenschaft veröffentlicht werden oder in den Mittwochzeugnisversammlungen der Kirchen Christi, Wissenschafter, zu hören sind.
Aber ein von der Auferstehung erhelltes Bewußtsein umfaßt wesentlich mehr; es ist von der Überzeugung durchdrungen — ja, von der Erkenntnis, die auf Jesu unübertroffenem Sieg über den Tod beruht —, daß der Mensch nicht sterben kann, daß er nicht sterblich ist. Die Jünger entdeckten und akzeptierten die Tatsache, daß ihr Erlöser weiterlebte — und das war ein ausschlaggebender Faktor, der es ihnen ermöglichte, dem Beispiel, das Jesus durch seine Heilarbeit gegeben hatte, konsequenter zu folgen.
Eigentlich könnte man erwarten, daß wir, da wir in der Zeit nach der Auferstehung leben, in unseren Gebeten mehr vom Standpunkt der Unsterblichkeit des Menschen ausgehen würden. Aber traurigerweise nehmen die meisten Menschen immer noch an, Jesus habe lediglich etwas über sich selbst bewiesen. Wie wir erkennen müssen, zeigte er außerdem, daß der Mensch — ja, auch Sie und ich — niemals wirklich ein Ende nehmen kann. Einige sehen heute, wenn sie an Christus Jesus denken, vor allem seinen Körper am Kreuz vor sich. Doch solange unser Denken nicht hauptsächlich von der Auferstehung — in ihrer ganzen Tragweite — erfüllt ist, werden Heilungen möglicherweise verzögert.
Die Lehre der Auferstehung sollte unser Bewußtsein ebenso intensiv und wirksam erleuchten, wie sie das der Jünger erhellte, als sie Zeugen der Wiederkehr Jesu wurden. Es war nicht überraschend, daß sie von jenem Zeitpunkt an mit größerer Autorität handelten! Hier hatten sie den lebendigen Beweis dafür, daß der heilende Christus nicht vernichtet werden kann. Welcher Art das Problem auch sein mag, das wir zu lösen suchen, wenn wir zutiefst begreifen, daß des Menschen wahres Selbst unsterblich ist, daß es niemals sterben kann, wird unsere Fähigkeit, das Böse zu überwinden, gestärkt.
Jenes mächtige Ereignis, das die Jünger dazu führte, von einer höheren geistigen Warte aus zu handeln, kann uns noch etwas anderes lehren. Die Jünger wurden erst dann zu besseren Heilern, nachdem sie den festen Beweis für die Auferstehung gesehen hatten. Sagt Jesus nicht mit den Worten, die er an Thomas richtete, auch uns etwas? „Weil du mich gesehen hast, Thomas, so glaubst du. Selig sind, die nicht sehen und doch glauben!“ Joh. 20:29.
Müssen wir, wenn wir eine unserer kleinen Kreuzigungen durchmachen, erst den vollständigen Beweis der Auferstehung sehen, bevor wir bereit sind, das zu akzeptieren, was der heilende Christus uns von der unvergänglichen Identität des Menschen offenbart? Je intensiver wir uns auf den materiellen Zustand konzentrieren, desto schwieriger kann es für uns sein, die Unsterblichkeit zu erfassen. Wenn wir unser Denken mit dem Christus und seiner unumstößlichen Gegenwart verbünden, werden wir mit zunehmender Selbstverständlichkeit unser ewiges Wesen als die Widerspiegelung Gottes, des göttlichen Lebens, anerkennen. Und dann werden sich Heilungen schneller einstellen.
Der Christus enthüllt die Unsterblichkeit des Menschen; er zeigt uns, daß das einzige Sein, das wir haben, geistig ist. Diese reine Individualität wird von Gott erhalten. Wir können in unserer Heilarbeit und in unserer Lebensführung davon ausgehen, daß die Auferstehung sich ständig vollzieht, die in Wissenschaft und Gesundheit als „... eine neue und höhere Idee von der Unsterblichkeit oder dem geistigen Dasein...“ Wissenschaft und Gesundheit, S. 593. beschrieben wird.
Der Mensch kann nicht sterben. Unser Meister hinterließ uns ein Beispiel für das Gebet, das auf Liebe und auf der Überzeugung von der unvergänglichen Identität des Menschen beruht.