Vor einigen Jahren wurde ich während eines Aufenthalts in der Schweiz von einem guten Bekannten zu einem Wochenende im Chalet seiner Eltern in den Bergen eingeladen. Ich sollte auch an einer Wanderung mit ihm und zwei anderen Bekannten teilnehmen. Da ich die Berge liebe und gern wandere, nahm ich die Einladung begeistert an. Ich stellte mir breite Pfade vor, die nicht steiler als eine sanft ansteigende Landstraße den Berg hinaufführten.
Doch unsere Wanderung begann schon so völlig anders, als ich es erwartet hatte; ich war ziemlich bestürzt. Meine drei Gefährten, die viel jünger waren als ich und eine scheinbar unerschöpfliche Energie besaßen, schlugen ein Tempo an, das mir buchstäblich den Atem raubte. Schon nach dreißig Minuten unserer Tagestour blieb ich immer mehr zurück und mußte die anderen durch häufiges Rasten aufhalten. Noch ehe die erste Stunde vergangen war, hämmerte mein Herz, ich bekam kaum noch Luft und war drauf und dran, aufzugeben und umzukehren.
Ich hatte mich jedoch, wie es seit vielen Jahren meine Gewohnheit war, beim ersten Anzeichen von Erschöpfung an Gott gewandt, um aufs neue zu bestätigen, daß meine Beziehung zu Ihm weder unterbrochen noch zerstört werden kann. Das Problem schien sich aber noch zu verschlimmern. Zwei heimtückische Argumente drängten sich mir auf: erstens, daß meine Gefährten noch jung und kräftig waren, was auf mich nicht zutraf, und zweitens, daß ich einige Zeit allein sein mußte, um dieses Problem im Sinne der Christlichen Wissenschaft auszuarbeiten.
Während eines besonders steilen und schwierigen Aufstiegs fiel mir etwas ein, was ich im Klassenunterricht in der Christlichen Wissenschaft gelernt hatte, nämlich täglich den Glauben an Alter zurückzuweisen. Ferner erinnerte ich mich an folgende Erklärung Mrs. Eddys in Wissenschaft und Gesundheit (S. 244): „Der Mensch, der Geburt, Reife und Verfall durchmacht, ist, gleich den Tieren und Pflanzen, den Gesetzen des Verfalls unterworfen.“ Ich erkannte, daß ich die Wahl hatte. Ich konnte mich entweder weiterhin als einen Sterblichen mittleren Alters sehen, dessen Jahre der Blüte bald zu Ende gingen und der dem Verfall entgegeneilte. Oder ich konnte mein Denken auf den von Gott geschaffenen Menschen ausrichten — auf die Widerspiegelung Seines Seins, die weder altert, stirbt noch zerfällt. Im zweiten Vers des sechsundvierzigsten Psalms heißt es: „Gott ist unsre Zuversicht und Stärke, eine Hilfe in den großen Nöten.“ Als ich darüber nachdachte, wurde mir klar, daß weder Zeit noch Rast nötig war, um mein wahres Sein und die göttliche Quelle meiner Kraft zu erkennen.
Fast augenblicklich verschwand alle Müdigkeit. Von da an und für den Rest des Tages ging ich an der Spitze, anstatt hinter meinen Bekannten herzuhinken. Ich war mir so lebhaft meiner Einheit mit dem unendlichen Gemüt bewußt, daß ich am Ende unserer Wanderung nicht die geringste Müdigkeit verspürte.
Im März 1981 erwachte ich an einem Samstagmorgen mit einer Erkältung und Halsschmerzen. Ich hatte gerade in meiner Zweigkirche das Amt des Ersten Lesers übernommen und mußte deshalb am nächsten Morgen den Gottesdienst leiten. Außerdem kamen Bekannte aus Cleveland, die mich an dem Tag lesen hören wollten und zum Mittagessen bleiben sollten. Gleich danach mußte ich in eine andere Stadt reisen, wo ich als Preisrichter in einem Wettbewerb fungieren sollte.
Ich machte mir große Sorgen, daß ich meinen Verpflichtungen womöglich nicht nachkommen könnte, und so dachte ich über folgende Worte aus einem Vers im Brief des Paulus an die Epheser nach (6:12): „Denn wir haben nicht mit Fleisch und Blut zu kämpfen, sondern mit Mächtigen und Gewaltigen ...“ Ich wußte, daß ich durch mein Gebet nicht kranke Materie in gesunde Materie umwandeln, sondern den Glauben an eine Gott entgegengesetzte Macht zerstören wollte. Ich bat auch einen Ausüber der Christlichen Wissenschaft um Unterstützung, und im Laufe des Tages besserte sich der Zustand etwas.
Doch am Sonntagmorgen hatte ich immer noch so starkes Halsweh, daß das Sprechen äußerst schmerzhaft war; und obgleich ich kein einziges Mal daran zweifelte, daß ich geheilt werden würde, begann ich mir Gedanken darüber zu machen, wann die Heilung eintreten würde. Mrs. Eddy erklärt in Wissenschaft und Gesundheit im Kapitel „Die Apokalypse“ (S. 565): „Seit der Zeit, wo die Morgensterne miteinander sangen und alles eine Urharmonie war, hat die materielle Lüge die geistige Idee bekriegt ...“ Ich betrachtete nun dieses Problem als „die materielle Lüge“, die „die geistige Idee“ bekriegt. Mrs. Eddy fährt fort: „ ... aber dies trieb die Idee nur dazu an, sich zum Zenit der Demonstration zu erheben, Sünde, Krankheit und Tod zu zerstören und zu Gott entrückt zu werden — d. h., in ihrem göttlichen Prinzip erfunden zu werden.“
Als ich kurze Zeit später den Ausüber anrief, erwähnte er denselben Satz; wir hielten beide in unserem Gebet daran fest, daß das Erheben „zum Zenit der Demonstration“ keine Zeit in Anspruch nahm. Der Ausüber wies auch darauf hin, daß die Bekannten, die zum Gottesdienst kamen, eigentlich die Bibellektion aus dem Vierteljahrsheft der Christlichen Wissenschaft, und nicht mich lesen hören wollten. Dies befreite mich von dem Gefühl, für alle Ereignisse des Tages persönlich verantwortlich zu sein, sowie von einer inneren Unruhe. Zwei Stunden später waren alle Anzeichen der Erkältung und die Halsschmerzen verschwunden; ich las mühelos und voller Dankbarkeit.
Dies sind nur zwei der vielen Heilungen, die ich durch die Anwendung der Christlichen Wissenschaft erlebt habe, und ich freue mich, die Wirksamkeit dieser Lehre bezeugen zu können.
Wooster, Ohio, USA
