Vor einigen tausend Jahren faßte Nebukadnezar, der König von Babel, den Plan, die neuen fähigen Leute seines Machtbereichs für sich zu nutzen. Nachdem sein Heer Jerusalem eingenommen hatte, wählte er einige der begabtesten jungen Israeliten aus, um sie drei Jahre lang in Sprache und Wissen der Chaldäer unterrichten zu lassen. Der König legte weiterhin fest, daß die jungen Männer während dieser Zeit die beste Verpflegung bekommen sollten, und er bestimmte, „was man ihnen täglich geben sollte von seiner Speise“.
Der Bericht über dieses Ereignis ist im Alten Testament zu finden; dort lesen wir, daß sich unter den vom König auserwählten, im Exil lebenden Leuten Daniel, Schadrach, Meschach und Abed-Nego befanden. Aus religiöser Überzeugung verweigerten diese vier die ihnen vom Hof zugedachte besondere Speise. Es heißt: „Daniel nahm sich in seinem Herzen vor, daß er sich... nicht unrein machen wollte.“
Daniel bat darum, daß man ihm und seinen drei Freunden erlauben möge, sich zehn Tage lang zu bewähren. Während die anderen jungen Männer, die ausgebildet wurden, des Königs Wein trinken und die besonderen Speisen des Königs essen würden, wollten Daniel und seine Freunde nur Gemüse essen und Wasser trinken.
„Nach den zehn Tagen“, berichtet die Bibel, „sahen sie schöner und kräftiger aus als alle jungen Leute, die von des Königs Speise aßen.“ Auf diese Weise „verunreinigten“ sich die jungen Hebräer während der ganzen Zeit ihrer Ausbildung nicht. „Und der König fand sie in allen Sachen, die er sie fragte, zehnmal klüger und verständiger als alle Zeichendeuter und Weisen in seinem ganzen Reich.“ Siehe Dan. 1:1–20.
Dadurch, daß Daniel und seine Freunde für ihren höchsten Begriff von der Reinheit des Gesetzes Gottes einstanden, hatten sie im Grunde bewiesen, daß sie ihre Treue nicht auf zwei Mächte verteilen wollten. Wenn sie auch dem zeitlichen König eine gewisse Untertanenpflicht schuldeten, so blieb doch Gott die endgültige Macht und Autorität in ihrem Leben. Das zeigte sich später auf dramatische Weise, als Schadrach, Meschach und Abed-Nego in den glühenden Ofen geworfen wurden, weil sie sich geweigert hatten, vor dem goldenen Bild niederzufallen, und als Daniel in die Löwengrube gestoßen wurde, weil er trotz eines königlichen Verbots weiterhin zu seinem Gott betete.
Selbst in diesen Fällen, wo ihnen der sichere Tod drohte, wurden Daniel und seine Freunde gerettet. Durch ihre Treue bewiesen sie, daß die Macht der göttlichen Wahrheit und Liebe über allem stand und sie bewahrte. Die „Speisen“ der Könige — all die Herrlichkeit, der Glanz, das Ansehen oder die von der sogenannten Substanz der Materie beanspruchte Macht — können an das, was das Wort Gottes, der unendliche Geist, verleiht, niemals heranreichen. Gottes Wort nährt und versorgt uns mit der wahren geistigen Substanz der göttlichen Intelligenz, Inspiration, Freude, Gnade und Gerechtigkeit.
Jahrhunderte nach Daniel und seinen Freunden bewies Christus Jesus wie kein anderer zuvor, was es heißt, sein Leben in der Kraft des Wortes Gottes zu führen. Der Meister trat so eindeutig und machtvoll für die Wahrheit ein; er erkannte so klar seine ewige Einheit mit Gott und diente so hingebungsvoll niemand anderem als dem göttlichen Geist, daß er als der Erlöser anerkannt wird. Er zeigt als erhabenes Vorbild, wie man in seinem Leben Gott wirklich konsequent verherrlichen und der Menschheit Heilung, geistiges Licht und Erlösung bringen kann.
Aus dem Matthäusevangelium im Neuen Testament erfahren wir, daß selbst Jesus, bevor er sein geistliches Amt begann, der Versuchung gegenüberstand, sich zu verunreinigen und eine andere Macht als Gott zu verehren. Als Jesus in der Wüste gefastet hatte, meinte der Versucher, wenn der Meister wirklich Gottes Sohn sei, könne er doch die Steine in Brot verwandeln, um seinen Hunger zu stillen; er könne sich von der Zinne des Tempels hinabwerfen, ohne Schaden zu leiden; er könne alle Herrlichkeit der Reiche der Welt besitzen, wenn er nur niederfiele und den Satan anbetete. Siehe Matth. 4:1–11.
Auch Jesus widerstand dem, was man die „Speise“ des Königs nennen könnte, den Verlockungen der Materialität. Statt dessen entschied er sich für das Wort Gottes, für die Wahrheit der Wahrheit, für das Leben des Lebens. Mit der Autorität der Heiligen Schrift trat er der ersten Versuchung entgegen: „Es steht geschrieben:, Der Mensch lebt nicht vom Brot allein, sondern von einem jeglichen Wort, das durch den Mund Gottes geht.‘ “ Und der letzten Versuchung begegnete er mit der Erklärung: „Hebe dich weg von mir, Satan! Denn es steht geschrieben:, Du sollst anbeten Gott, deinen Herrn, und ihm allein dienen.‘ “ Die Bibel berichtet, daß ihn daraufhin der Teufel verließ, und „siehe, da traten die Engel zu ihm und dienten ihm“.
Materialität befriedigt nicht wirklich. Nur die Entscheidung für Wahrheit, für Reinheit, für Gottes Absicht und nicht für die falschen Versprechungen der Materie bringt wahre Zufriedenheit. Sie verleiht unserem Leben einen Frieden, der anders nicht erreichbar ist. Herrschaft finden wir nicht auf der Seite der Materie, sondern durch Hingabe und unerschütterlichen Gehorsam gegen den göttlichen Geist.
Mary Baker Eddy schrieb einmal in einem Brief: „Der Stolz auf Stellung oder Macht ist der Fürst dieser Welt, der nichts an Christus hat. Alle Macht und alles Glück sind geistig und gehen aus der Güte hervor.“ Vorher hatte Mrs. Eddy in dem gleichen Brief von Gottes Absicht gesprochen, das Bewußtsein zu heben, damit es wissen könne, was wirklich sei und was bereits existiere. Sie schrieb: „Bleibt in Seinem Wort, und es wird in Euch bleiben, und der heilende Christus wird wiederum im Fleisch offenbar — wird verstanden und verherrlicht werden.“ Vermischte Schriften, S. 154.
Wenn wir Jesus folgen, indem wir beten und nicht wanken, können wir beweisen, daß „der Fürst dieser Welt“ wirklich nichts gemein hat mit Christus oder mit uns, die wir Gottes reines Ebenbild sind. Dadurch, daß wir das göttliche Gesetz befolgen, am Guten festhalten und bereit sind, Gottes Willen zu tun, nehmen wir Sein Wort auf, und es bleibt in uns. Alles in uns steht ihm zu. Und wieder wird das Christus-Heilen im individuellen Leben lebendig und tätig bezeugt.