Neulich kam mit der Post das Vorlesungsverzeichnis der Volkshochschule. Es enthielt ein erstaunliches Angebot an Kursen — alles, von der Navigation von Booten bis zu Immobilieninvestitionen. Eine Anzeige einer örtlichen Universität nennt, neben vielen anderen Fortbildungslehrgängen, Kurse in Politologie, Publizistik, Filmkunst und Geschichte des Nahen Ostens. Doch schon lange bevor Bildungsmöglichkeiten als selbstverständlich galten, wurde der geistigen Bildung große Bedeutung in der Christlichen WissenschaftChristian Science (kr´istjən s´aiəns) beigemessen, und zwar durch ihre Gründerin, Mary Baker Eddy.
Sie verband die Kirche mit einem Bildungssystem, das eine nie versiegende Quelle frischer geistiger Impulse ist und eine völlig aus Laien bestehende Mitgliedschaft einheitlicher mit der eigenen Theologie vertraut macht, als das in den meisten anderen Kirchen der Fall ist.
Fast von Anfang an sprach Mrs. Eddy von den Christlichen Wissenschaftern als von Schülern und von dem Buch, das die Christliche Wissenschaft erklärt, Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift, als von dem Lehrbuch unserer Religion. Nicht daß sie die Christlichen Wissenschafter für typische Gelehrte oder Akademiker hielt — keinesfalls! Sie schreibt: „Keine intellektuelle Vorgeschrittenheit ist bei dem Schüler erforderlich, doch eine gesunde Moral ist höchst wünschenswert.“ Wissenschaft und Gesundheit, S. x.
Sie betrachtete die Christlichen Wissenschafter als praktische Christen, die immer danach streben, das Gelernte anzuwenden, und nicht als solche, die erwarten, schließlich ein Niveau hoher Gelehrsamkeit zu erreichen. Sie wußte, daß christliche Jüngerschaft und geistiges Lernen, wenn man einmal damit angefangen hat, niemals aufhören.
Klassenunterricht in der Christlichen Wissenschaft kann jeder erhalten, wenn er gewisse Voraussetzungen erfüllt. Im allgemeinen ist Kirchenmitgliedschaft eine gute Vorbedingung. Die Schülervereinigungen — Zusammenschlüsse derer, die am Klassenunterricht teilgenommen haben — treffen sich jedes Jahr, um neue Inspiration über die grundlegenden Lektionen des Klassenunterrichts zu schöpfen.
Es gibt heute zweihundertzweiundvierzig Lehrer der Christlichen Wissenschaft in neunzehn Ländern, die jedes Jahr Lehrgänge — Klassenunterricht — anbieten. Bis zu dreißig Schüler werden in eine Klasse aufgenommen. Obwohl dieser Klassenunterricht nur zwei Wochen dauert — die Teilnehmer treffen sich täglich für mehrere Stunden —, stellen die meisten, die diese Gelegenheit voll nutzen, fest, daß sie Inspiration und geistige Erkenntnisse gewinnen, die das ganze Leben hindurch anhalten.
Im Klassenunterricht wird die christlich-wissenschaftliche Behandlung und Heilung erklärt. Was aber am wichtigsten ist, er erleuchtet das Denken über Gott und den Menschen, und so wird nicht einfach über den für das Gemüts-Heilen erforderlichen exakten, wissenschaftlichen Gehorsam „gesprochen“, er wird entwickelt.
Jede rein äußerliche Beschreibung des Klassenunterrichts trifft natürlich nicht den Kern dieses Erlebnisses. Die meisten Teilnehmer haben sich vorher noch nie so konsequent mit geistigen Dingen beschäftigt. Da es sich hier um kein alltägliches, gemeinsames Erlebnis handelt, empfinden die meisten danach eine enge Verbundenheit und eine große Liebe füreinander. Zusammen haben sie etwas erreicht, was sie herausfordert und inspiriert.
Wenn in der Klasse wahres geistiges Wachstum erreicht wurde, wenn die Liebe zu Gott vertieft und die Hingabe an die göttliche Botschaft, den Christus, verstärkt wurde — wenn man vielleicht zum erstenmal den großen geistigen Fragen des Seins gegenübergestanden hat den dabei eine gewisse wissenschaftliche, metaphysische Selbstdisziplin erworben hat —, dann ist es nicht verwunderlich, daß der Klassenunterricht ein liebgewordener, unvergeßlicher Meilenstein ist.
Humor, geistige Erneuerung, Unterricht, Kameradschaft, Liebe — sie alle tragen zu diesem reichsten aller Erlebnisse bei. Der Lehrer hält sich strikt an das Kapitel „Zusammenfassung“ in Wissenschaft und Gesundheit, das Mrs. Eddy für den Klassenunterricht vorgesehen hat. Doch es ist kein trockenes Dozieren, kein „Abhandeln“ eines vorgeschriebenen Sachgebietes. Das geistige Licht, das der Lehrer weitergibt, ist ein kostbares und hart erworbenes Gut — im Grunde gibt er ein Leben weiter, ein Leben, das durch das läuternde Feuer christlicher Wiedergeburt vergeistigt wurde.
Die Kenntnis des Buchstabens der Christlichen Wissenschaft, so wichtig sie auch ist, ist keinesfalls genug. In der Vergangenheit gesammelte geistige Einsichten reichen nicht aus. „Korrektes Lehren“ muß unmittelbar sein; es muß aus der göttlichen Inspiration kommen, die in dem ganz bestimmten Augenblick den Bedürfnissen aller Anwesenden entspricht. Auch die Schüler arbeiten daran, während dieses im Leben einmaligen Erlebnisses aufmerksam und selbstlos auf Geist zu lauschen. Wetteifer hat keinen Platz, er wäre sinnlos; es gibt kein Streben nach persönlicher Anerkennung.
Wir haben also eine ganz andere Art von Unterricht und Lernen. Es ist ein geistiges Lernen, und das bedeutet notwendigerweise, daß man durch die Tätigkeit des Christus, der Wahrheit, das entdeckt, was schon da ist — daß sich der Nebel oder Irrtum des menschlichen Gemüts auflöst, der die Wirklichkeiten von Gott und Mensch und ihre heilenden Wirkungen für jeden Anwesenden verdeckt. Sowohl für den Lehrer wie für den Schüler „erhellt“ der Klassenunterricht das, was schon durch Gott zum Ausdruck gebracht wird und was der zu Seinem Ebenbild geschaffene Mensch bereits weiß.
Tatsache ist, daß wir mit allen Fakten über geistige Dinge vertraut sind. Sie allein bringen Erfüllung und Reichtum in unser Leben. Das sterbliche Gemüt mag dagegen anführen, daß es diesen Dingen mißtraue, sich nicht für sie interessiere, möglicherweise sogar verwirrt sei und daß es vermute, sie seien von gewöhnlichen Menschen nicht zu begreifen. Doch tröstlicherweise zeigt uns die Heilige Schrift, daß wir die Erlösung unserer Gebete erwarten können, daß Gott uns „Kraft [gibt] nach dem Reichtum seiner Herrlichkeit, stark zu werden durch seinen Geist an dem inwendigen Menschen“. Der Schreiber des Epheserbriefes, dem diese Stelle entnommen ist, wußte ganz einfach, was Gebet bewirken kann. Er fährt fort: „daß Christus wohne durch den Glauben in euren Herzen und ihr in der Liebe eingewurzelt und gegründet werdet, auf daß ihr begreifen möget mit allen Heiligen, welches da sei die Breite und die Länge und die Höhe und die Tiefe; auch erkennen die Liebe Christi, die doch alle Erkenntnis übertrifft, damit ihr erfüllt werdet mit aller Gottesfülle.“ Eph. 3:16–19. Der Klassenunterricht in der Christlichen Wissenschaft führt uns in genau diese Richtung — über das sterbliche Wissen hinaus zu den Reichtümern Seiner Herrlichkeit und zur Gemeinschaft mit den „Heiligen“.
Für alle, die bereit sind, menschliche Meinungen vor ihrem Gott abzulegen, werden geistige Dinge völlig natürlich. Beim geistigen Lernen gibt es keinen Streß. Wenn wir die Dinge des Geistes wahrnehmen, haben wir das Gefühl, sie schon immer gekannt zu haben — was ja auch in Wahrheit der Fall ist. Viele meinen, daß der Klassenunterricht in der Christlichen Wissenschaft ihnen das Gefühl gegeben hat, schließlich heimgekommen zu sein.
