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Die Heilige Schrift erforschen und finden

Aus der Juni 1986-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Wer geht nicht gern an heißen Sommertagen in einem Schwimmbecken, einem See oder dem Meer baden, um sich zu erfrischen? Das kühle Naß kann einen heißen, schwülen Tag in ein wahres Vergnügen verwandeln.

Aber haben Sie schon festgestellt, wie merkwürdig wir uns dabei verhalten? Selbst wenn wir wissen, wie erfrischend das Wasser sein wird, zögern wir hineinzugehen. Der Unterschied zwischen der Tageshitze und der Kühle des Wassers ist so groß, daß wir es uns noch einmal überlegen. Wird der Schock zu groß sein? Es scheint beinahe, als treibe uns das Wasser, in dem wir uns von der drückenden Hitze erfrischen wollten, zurück. Aber die Sonne, die auf Kopf und Schultern niederbrennt, treibt uns schließlich ins Wasser und — ahhhh!! Der Tag ist wie umgewandelt. Sofort fühlen wir uns belebt und verjüngt. Natürlich hat uns nicht das Wasser vom Sprung ins kühle Naß abgehalten. Die ganze Zeit über tat das nur unsere Furcht und unser Widerstand.

So seltsam es auch klingt, erst kürzlich kam mir der Gedanke, daß man zwischen dieser Erfahrung und dem Studium der Bibel eine Parallele ziehen kann. Die Bibel, ähnlich wie das erfrischende Bad an einem heißen Tag, verheißt Stärkung. Wir wenden uns ihr zu, weil wir wissen, daß sie die Erfahrung anderer umgewandelt hat. Vielleicht wurden wir selbst schon unzählige Male durch die machtvolle Botschaft der Bibel erneuert. Doch zuweilen scheint es fast, als wolle uns etwas davon abhalten, sie aufmerksam zu lesen — die Erfüllung ihrer Verheißungen zu erleben.

Ich hatte einmal Gelegenheit, Bibelkurse an einem Seminar zu belegen. Während jener Zeit fragte mich eine Bekannte: „Du hast an so vielen Bibelkursen teilgenommen; kannst du nun ein Buch empfehlen, durch das man die Bibel besser verstehen lernt?“ Ohne lange über ihre Frage nachzudenken, antwortete ich spontan: „Ja, die Bibel.“ Darüber mußten wir beide lachen. Wir erkannten die Ironie, die in dieser Frage lag: Viele von uns sind zwar bereit, alle möglichen Bücher über die Bibel zu lesen, haben aber eine große Abneigung dagegen, sich direkt mit der Heiligen Schrift zu befassen.

Dieses Gefühl, wir würden davor zurückgetrieben, die Bibel zu lesen, kann sich natürlich auf mannigfaltige Weise äußern. Es gibt viele vorgeschriebene Wege für das Studium der Bibel, was zur Folge haben kann, daß wir nur knöcheltief in einer erfrischenden Quelle waten, die unser ganzes Wesen erneuern kann. Ein angesehener Gelehrter formuliert das so: „Sieht man einmal von der absoluten Vernachlässigung ab, so können sich die Menschen noch auf eine andere Weise vor der beinahe erschreckenden Lebenskraft des Neuen Testaments schützen. Sie können es sorgfältig sezieren. Es ist sicherlich nichts daran auszusetzen, daß wir Gelehrte haben, die sich mit dem Neuen Testament beschäftigen — ja, ich verdanke ihnen viel —, aber es ist in erschreckender Weise möglich, ein Thema so zu sezieren, daß ihm alles Leben genommen wird.“  J.B. Phillips, Ring of Truth: A Translator’s Testimony (Wheaton, Illinois: Harold Shaw Publishers, 1981), S. 24.

Die Behauptung, wir könnten die Bedeutung der Bibel nicht in ihrer ganzen Tiefe erfassen oder man könne nicht der Heiligen Schrift gemäß leben, sondern müsse sie sich mit dem Intellekt erschließen, oder nur gelehrte Kommentare könnten sie ausreichend erklären — alle diese Behauptungen laufen nur auf eins hinaus: auf ein bloßes Festhalten am Überlieferten! Sie halten uns davon ab, wirklich ins Wasser zu tauchen, die umwandelnde geistige Botschaft der Bibel in uns aufzunehmen und zu leben. Das ist natürlich nichts Neues. Die Menschen waren durchaus bereit, Jesus über die Heilige Schrift sprechen zu lassen. Doch als er die biblischen Verheißungen zu erfüllen begann, leisteten sie ihm schnell Widerstand (siehe z. B. Luk. 4:16—30).

Die Behauptung, daß man über die Bibel nur sprechen könne, ergibt überhaupt keinen Sinn. Die Bibel hat eine geistige Bedeutung — die erneuert und umwandelt —, die gelebt werden muß. Sie verdankt ihren Ursprung der Tatsache, daß die Menschen Gottes Gegenwart so wirklich und machtvoll erfahren hatten, daß diese Erlebnisse unbedingt aufgeschrieben werden mußten, damit andere sie verstehen und sie sogar weitergeben können. Mary Baker Eddy war völlig überzeugt, daß die biblischen Erfahrungen beweisbar sind, daß es eine Wissenschaft des Christentums gibt. Die Ereignisse im Leben Christi Jesu, die zwar dem menschlichen Gemüt übernatürlich erscheinen, waren für sie Beweise des göttlichen, demonstrierbaren Prinzips, das durch geistige Gesetze wirkt. Sie schreibt: „Jesus gab seinen Jüngern (Schülern) Macht über jede Art von Krankheit; und die Bibel wurde geschrieben, damit alle Völker zu allen Zeiten dieselbe Gelegenheit haben würden, Schüler des Christus, der Wahrheit, zu werden, und so von Gott mit göttlicher Macht (Kenntnis des göttlichen Gesetzes) und ,mitfolgenden Zeichen‘ ausgestattet würden.“ Die Erste Kirche Christi, Wissenschafter, und Verschiedenes, S. 190.

Sie konnte eine solche Aussage machen, weil ihre eigene Jüngerschaft genau diese biblische Erfahrung offenbart hatte. Als sie in der Heiligen Schrift forschte, erschloß sich vor ihren Augen die Offenbarung ihrer göttlichen Macht und brachte Heilung und Erneuerung. Für sie war die Bibel nicht länger nur deshalb maßgebend, weil es „die Bibel“ war, sondern weil sie beweisbar war und das göttliche Prinzip, Gott, veranschaulichte. Als Mrs. Eddy Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift, das Lehrbuch der Christlichen Wissenschaft, schrieb, hatte sie niemals die Absicht, etwas dem Wort Gottes, wie es in der Bibel enthalten ist, hinzuzufügen. Sie wollte es vielmehr in einer Weise öffnen, die mit wissenschaftlicher Gewißheit bewies, daß der Christus hier und jetzt gelebt, demonstriert und erfahren werden kann. Wie oft werden uns Stellen aus der Bibel erleuchtet, wenn sie zusammen mit Wissenschaft und Gesundheit studiert werden! In dem Abschnitt „Schlüssel zur Heiligen Schrift“ findet sich ein Glossar mit der metaphysischen Bedeutung biblischer Ausdrücke. Und in zwei Kapiteln werden insbesondere die Genesis und die Offenbarung behandelt. Das ganze Lehrbuch enthält viele Bibelzitate und Hinweise, die ein neues Licht auf die Heilige Schrift werfen.

Ein Forschen in der Heiligen Schrift, das dazu führt, daß unser Leben immer mehr von dem Licht des Christus beseelt wird, bringt ein geistiges Verständnis der Bibel mit sich und überwindet jeden Widerstand gegen ein solches Verständnis. Dieses geistige Verständnis ist genau das, was Wissenschaft und Gesundheit fördert und pflegt. Unter „geistigem Verständnis“ verstehen wir ein Wissen, das über das Erfassen der auf der Seite gedruckten Wörter hinausgeht und bis zur Erkenntnis des Lichts der Wahrheit reicht — das diese Wörter ursprünglich erzwang. In dem Maße, wie wir die geistige Bedeutung der Bibel verstehen, wird unser Suchen zum Finden. Wir entdecken etwas über das Wesen der göttlichen Wirklichkeit, das gegenwärtige Reich Gottes.

Wie fangen wir es nun an, die Heilige Schrift zu erforschen und diese umwandelnde, geistige Bedeutung zu finden?

Ein einfacher und zuverlässiger Weg besteht in der Erkenntnis, daß es im Wesen Gottes liegt, sich selbst zu offenbaren, und daß Er verstanden werden kann. Ein großer Unterschied besteht zwischen der Lebensauffassung, die davon ausgeht, daß Gott ferne sei und man Ihm nicht nahekommen könne, und der, die sich bewußt ist, daß Gott uns ständig über Sein Wesen unterrichtet. Das Verständnis, daß wir Gott erfassen können, öffnet den Weg, so daß Seine Gnade in unsere Herzen dringen und uns mit Ihm vertraut machen kann. Im Buch des Propheten Jeremia lesen wir: „Denn ich weiß wohl, was ich für Gedanken über euch habe, spricht der Herr: Gedanken des Friedens und nicht des Leides, daß ich euch gebe das Ende, des ihr wartet.“ Der Text deutet dann weiter an, wie wir das „Ende, des ihr wartet“ erleben können. Es heißt: „Ihr werdet mich suchen und finden; denn wenn ihr mich von ganzem Herzen suchen werdet, so will ich mich von euch finden lassen.“  Jer. 29:11, 13, 14.

Wenn wir von ganzem Herzen suchen, wenden wir uns demütig und mit dem ehrlichen Verlangen an Gott, der Führung des Christus zu folgen und alle menschlichen Vorurteile über Gott beiseite zu räumen. Mrs. Eddy erklärt deutlich, was dazu erforderlich ist: „Den geistigen Sinn der Wahrheit müssen wir erlangen, ehe wir Wahrheit verstehen können. Diesen Sinn eignen wir uns nur dann an, wenn wir ehrlich, selbstlos, liebevoll und sanftmütig sind. In den Boden von, einem feinen, guten Herzen‘ muß der Same gesät werden; sonst bringt er nicht viel Frucht, denn das säuische Element in der menschlichen Natur entwurzelt ihn. Jesus sagte:, Ihr irret und kennet die Schrift nicht.‘ Der geistige Sinn der Heiligen Schrift bringt den wissenschaftlichen Sinn ans Licht; er ist die neue Zunge, auf die im letzten Kapitel des Markusevangeliums Bezug genommen wird.“ Wissenschaft und Gesundheit, S. 272. Wenn wir mit dieser Einstellung forschen, ist es gewiß, daß unsere Herzen von ebendem Gott geführt werden, den wir besser zu erkennen suchen. Und wir gewinnen unvermeidlich einen klareren Begriff davon, daß Gott Geist und der Mensch geistig ist — eine Anschauung, die jeden Augenblick unseres Lebens umgestaltet.

Was ist aber, wenn wir glauben, wir seien wirklich liebevoll und selbstlos, haben aber irgendwie das Gefühl, wir fänden einfach nicht die Inspiration, die wir in der Bibel suchen? Dann haben wir die Wahl. Wir können aufgeben. Oder wir können noch beharrlicher den Widerstand, dem wir begegnen, entlarven!

Jesus akzeptierte niemals Fehlschläge oder Begrenzungen. Seine Worte waren mit Beweisen verbunden. Mrs. Eddy zeigte deutlich, wie unsere eigenen biblischen Beweise zustande kommen müssen: „Durch Verständnis, innig ersehnt / Mit ungestümem Herzschlag...“ Christ and Christmas, S. 15.

Im ersten Buch Mose lesen wir, wie Jakob die ganze Nacht mit einem Feind ringt. Selbst als die Morgenröte anbricht, kämpft er weiter. Er will den Kampf einfach nicht aufgeben, bis er den Sieg errungen hat. Er sagt zu dem Engel: „Ich lasse dich nicht, du segnest mich denn.“  1.Mose 32:27. Und der Segen, den er empfängt, ist so groß, daß sich seine Identität für immer verändert. Von da an wird er „Israel“ genannt.

Diese Schilderung ist sehr hilfreich, wenn wir darüber nachdenken, wie wir uns mit der Bibel beschäftigen. Es ist nicht unbillig, wenn wir erwarten, daß jedes ehrliche Bemühen, tief in der Heiligen Schrift zu forschen, eine derartige Umwandlung in unserem Leben bewirken kann. Auch wir können standhaft bleiben und nicht von dem ablassen, was wir studieren, bis wir den darin enthaltenen Segen empfangen — bis wir klarer die geistige Bedeutung erkennen, die unsere Erfahrung umwandelt und erneuert. Wenn wir bereit sind, zu forschen — ja, darauf bestehen, tief in den biblischen Texten zu forschen —, gelangen wir über das bloße Erfassen hinaus zu dem Punkt, wo wir geistig verstehen, wo Wort und Tat, Bekenntnis und Demonstration eins werden. Dieses Forschen ist ein Finden.

Keiner von uns kann behaupten, immer die Demut und das Verlangen zu verkörpern, die erforderlich sind, um diese geistige Bedeutung zu finden. Und wir sind uns alle bewußt, daß wir noch mehr über Gott lernen müssen, als wir jetzt wissen. Aber wir haben Lichtblicke! Und diese Lichtblicke ermutigen uns. Sie spornen uns an, zu ringen und zu arbeiten, damit wir dieses Licht beständiger erleben.

Meine Frau und ich hatten vor kurzem einen solchen Lichtblick. Sie war mitten in der Nacht aufgewacht und fühlte sich nicht wohl. Wir beide beteten wegen dieser Situation — wandten uns an Gott, um Seine Liebe zu spüren und zu beweisen, eine Liebe, die über den Bereich der Sterblichkeit hinausgeht.

Als ich in der Bibel las — und wahrlich in ihr forschte —, wurde mir klar, wie notwendig es ist, sich völlig auf die Gegenwart und Macht der göttlichen Liebe zu verlassen. Jeder Widerstand — sei es in Form von Schläfrigkeit, ungenügender Vorbereitung oder Unzulänglichkeit — wurde durch die göttliche Liebe aufgelöst, die mich ja in jenem Augenblick mit der frischen Botschaft der Bibel stärkte. Ich empfand die beruhigende Gewißheit, daß Gott tatsächlich gegenwärtig war, meine Frau liebte und für sie sorgte. Ich erkannte, daß sie der Ausdruck der Liebe war. Ich las Kapitel und Verse, aber vor allem verstand ich viel klarer das heilende Licht des Christus, der das sündlose Selbst des Menschen darstellt. Dieses aufdämmernde Wissen verwandelte die Erfahrung unverzüglich. Meine Frau sagte mir, daß ich wieder zu Bett gehen könne, und sie schlief die ganze Nacht ohne Beschwerden. Das war ein glorreicher Augenblick — als der Widerstand gegen das wirkliche Lesen der Bibel durch die göttliche Liebe überwunden und das mitfolgende geistige Verständnis als Heilung erlebt wurde.

Wenn wir nach dieser tieferen, christlich-wissenschaftlichen Bedeutung der Bibel forschen, finden wir nicht nur ihre geistige Absicht, sondern unsere eigene Geistigkeit als Gottes geliebtes Kind. Darum geben uns solche Augenblicke das Gefühl, als kämen wir heim. Wenn wir forschen, entdecken wir, was wir wirklich sind — und ahhhh! Wie jemand, der den Sprung in das erfrischende Wasser wagt, werden wir erfrischt.

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