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Der Prüfstein des Gebets

Aus der September 1987-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Wie bei Jesus, über dessen Jugendjahre wir wenig wissen, so hat auch der biblische Bericht über Mose große Lücken. Allerdings heben sich einige lebendige Episoden mit so unvergleichlicher Stärke aus dem Dunkel heraus, daß sie wie das Licht eines Leuchtturms über der dunklen, sturmbewegten See scheinen.

Vor allem ein Ereignis in Moses Leben überstrahlt alles. Es veranschaulicht, wie das aufdämmernde geistige Verständnis von Gott und Seiner Beziehung zum Menschen in ihm wirkte.

Etwa vierzig Jahre liegen zwischen seiner Flucht aus Ägypten und seiner Begegnung mit Gott am Berg Horeb. Hier sehen wir ihn, wie er kurz vor einer geistigen Entdeckung steht, die dem Leben eines Menschen eine neue Richtung gibt und deren Bedeutung schließlich weit über den ursprünglichen Rahmen dieser Begegnung hinausgeht. Auf diesem heiligen Boden brennt ein Busch, ohne vom Feuer verzehrt zu werden. Und gerade in dem Augenblick, als sich Mose, dem Ruf Gottes folgend, dem Busch nähert, hört er die Mahnung: „Tritt nicht herzu, zieh deine Schuhe von deinen Füßen; denn der Ort, darauf du stehst, ist heiliges Land!“ 1

Wäre es nicht gut, wenn der tiefe, innere Ruf zum Gebet, der die Herzen und Gemüter der Menschen bewegt, die ihr Denken zu Gott hinwenden, immer von dieser Mahnung begleitet würde? Gebet ist sehr heiliger Boden, denn es berührt das Allerheiligste, unsere Beziehung zu Gott. Selbst Mose mußte, als er Gottes Ruf folgte, alles zurücklassen, was sich zwischen ihn und diesen heiligen Boden hätte stellen können.

Im Lehrbuch der Christlichen Wissenschaft, Wissenschaft und Gesundheit zeigt Mrs. Eddy im Kapitel „Gebet“, was man den heiligen Boden seines Gebets zu Gott nennen könnte. Was Mrs. Eddy hier schreibt, dient der Prüfung unseres Gebets auf Heiligkeit: „Der Prüfstein eines jeden Gebets ist in der Antwort auf folgende Fragen enthalten: Lieben wir unseren Nächsten mehr infolge dieser Bitte? Verharren wir in der alten Selbstsucht, zufrieden, daß wir um etwas Besseres gebetet haben, obwohl wir keinen Beweis für die Aufrichtigkeit unserer Bitten dadurch liefern, daß wir in Übereinstimmung mit unserem Gebet leben?“ 2

Die Frage nach der Christlichkeit der Christlichen Wissenschaft wird in diesen zwei Sätzen im allerersten Kapitel des siebenhundertseitigen Buches eindeutig beantwortet. Denn wie es dort heißt, sind diese beiden Fragen der Prüfstein für jedes Gebet.

Folgt aus einer solchen Prüfung nicht auch, daß alles christlich-wissenschaftliche Heilen nicht in erster Linie körperliches Wohlbefinden, sondern eine tiefe christliche Zuneigung vermitteln soll — in Übereinstimmung mit den grundlegenden Lehren der Bibel, daß die Liebe zu Gott und dem Nächsten die Widerspiegelung der Göttlichkeit im Menschen ist?

Vor vielen Jahren wurde mir das klar. Ich lebte damals in einem Bundesstaat des mittleren Westens der Vereinigten Staaten. Wir hatten erfahren, daß sich einem mehrere hundert Meilen entfernten Südstaat ein Wirbelsturm näherte. Ich war darüber beunruhigt, doch ich ahnte nicht, wie sehr sich mein Leben dadurch verändern würde, daß ich mich wegen dieses Sturmes auf den heiligen Boden des Gebets begab.

Im Laufe des Tages wurden meine Gedanken immer wieder auf die unheilverkündenden Vorhersagen gelenkt. Wir hatten an dem Wochenende Besuch von lieben Angehörigen, die von weit her kamen, und ich verbrachte die meiste Zeit mit ihnen. Später am Abend war ich aber doch von den Wetterberichten so beunruhigt, daß ich mich einfach in ein anderes Zimmer zurückziehen mußte. Dort saß ich eine Weile und wußte nicht so recht, wie ich mit der Sorge, die ich empfand, fertig werden sollte. Dann mußte ich an Elia denken. Deutlich sah ich ihn am Berg Horeb stehen, durch die Feindseligkeit Ahabs und Isebels vertrieben und von Erdbeben, Wind und Feuer umgeben. Da hörte er „ein stilles sanftes Sausen“. Und in dem stillen Heiligtum meines Gebets überkam mich ein Gefühl von Frieden und Brüderlichkeit und die geistige Gewißheit, daß der Mensch in Gottes Obhut geborgen ist. Der geistige Frieden, der durch alle Sorgen dieses Tages hindurchdrang, ist schwer mit Worten zu beschreiben. Das durch den Sturm veranlaßte Gebet brachte eine Wende in meinem Leben und in meiner Einstellung zu anderen. Spätere Berichte zeigten, daß meine Hoffnung und die Gebete vieler anderer nicht umsonst gewesen waren.

Für mich war das ein großes Erlebnis. Mit besonderem Nachdruck erinnerte es mich an eine Erklärung Mrs. Eddys: „Gute Gedanken sind ein undurchdringlicher Panzer; damit angetan, seid ihr gegen die Angriffe des Irrtums jeder Art vollständig geschützt. Und nicht nur ihr seid geborgen, sondern alle, auf denen eure Gedanken ruhen, werden dadurch gesegnet.“ 3

Das tiefe geistige Gebet, das die grundlegende Forderung der Bibel erfüllt, „Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst“ (siehe 3. Mose 19:18; Mt 19:19), bewirkt viel mehr als bloßen Optimismus oder positives Denken. Solche geistige Sehnsucht und Liebe haben ihren Ursprung nicht in menschlicher Güte, sondern in den tiefen Quellen der Liebe zu Gott, der allein Vater und Mutter des Menschen ist. Die geistige Quelle dieser Liebe ist für alle da, die es danach verlangt. Sie ist die wahre Grundlage für unsere Einheit mit anderen.

Seitdem sind viele Jahre vergangen. Vielleicht fühlen wir uns manchmal fast überwältigt durch die immer zahlreicher werdenden Darstellungen menschlicher Katastrophen, die uns die moderne Nachrichtentechnik vermittelt. Aber der tiefe geistige Sinn in einem jeden von uns fühlt sich niemals überwältigt. Er tritt in Erscheinung, wenn wir geistig voranschreiten und lernen, unseren Nächsten wie uns selbst zu lieben. Durch den geistigen Sinn können wir Gott als unendliche, göttliche Liebe und den Menschen als Gottes reine, geistige Manifestation — von Ihm geliebt, umfangen und versorgt — verstehen lernen. Unsere eigene Ehrlichkeit, verbunden mit dem unbeirrten Bemühen, mehr geistige Zuneigung zu erlangen und auszudrücken, wiegt schwer in der Waagschale der menschlichen Ereignisse.

Vor uns liegt noch ein weiter Weg, bis sich die tief verankerte geistige Liebe und Weisheit in uns entwickelt, durch die wir mit den bösartigen Kräften, die die Menschheit erschüttern, in größerem Maße fertig werden. Wenn wir aber trotzdem darum beten, die göttliche Wirklichkeit der universalen Güte Gottes zu erkennen, werden geistige Zuneigung und geistiges Verständnis allmählich im menschlichen Bewußtsein aufdämmern, und die Allmacht Gottes wird jede Einzelheit in unserem Tageslauf bestimmen. Dann werden wir ständig bei Gott Zuflucht suchen und nicht lediglich in Augenblicken gefährlicher Anspannung oder vorausgesagter Katastrophen — sozusagen als letzten Ausweg.

Wenn wir lernen, uns konsequent auf den heiligen Boden geistiger Gemeinschaft mit dem göttlichen Gemüt und der göttlichen Liebe zu stellen, wird sich in unserem Leben die folgende Verheißung erfüllen: „Man wird nirgends Sünde tun noch freveln auf meinem ganzen heiligen Berge; denn das Land wird voll Erkenntnis des Herrn sein, wie Wasser das Meer bedeckt.“ 4 Die Prophezeiung wird in Erfüllung gehen, wenn alles, was wir tun, durch den „Prüfstein eines jeden Gebets“ vertieft und geheiligt wird.

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