Heutzutage Wird Das Thema „geistiges Heilen" in religiösen und medizinischen Kreisen zunehmend ernst genommen. Unter der Leitung von Dr. Herbert Benson hielten die Medizinische Fakultät der Harvard-Universität, das Medizinische Institut für Geist und Körper und das Deaconess-Krankenhaus eine dreitägige Konferenz in Boston (USA) ab zum Thema „Spiritualität und Heilen in der Medizin". Vertreter zahlreicher größerer Religionsgemeinschaften, einschließlich der Kirche Christi, Wissenschafter, diskutierten über die Heilverfahren ihres jeweiligen Glaubens. Auch Ärzte und Krankenschwestern, die begonnen haben, Elemente geistigen Heilens in ihre Praxis aufzunehmen, berichteten von ihren Erfahrungen.
Die Teilnehmer an den einzelnen Veranstaltungen setzten sich zusammen aus Ärzten, Krankenschwestern, anderen Fachleuten im Gesundheitswesen, Geistlichen und Leuten, die einfach gekommen waren, um mehr über spirituelles bzw. geistiges Heilen zu erfahren. Ein Anwalt zum Beispiel, der im eigenen Leben Heilung erfahren hatte, war aus Michigan angereist. Er erzählte mir von seiner geistigen Suche und warum ihn die Konferenz interessierte: „Ich glaube, der menschliche Geist hat Dimensionen, die wir bisher noch nicht einmal oberflächlich berührt haben. Wenn ich mir ein einziges Ziel im Leben setzen sollte, wäre es wohl das: zu verstehen und zu heilen, wie Jesus heilte."
Das Interesse am geistigen Heilen wächst tatsächlich in vielen Teilen der Welt. Und das zeigt sich nicht nur in den großen Metropolen oder an renommierten Lehr- und Forschungsinstituten. Es zeigt sich auch in kleinen Kirchen, die regelmäßig Heilungsgottesdienste abhalten, und in der Sprechstunde von Ärzten, die mit ihren Patienten beten. Es zeigt sich in den Städten und Gemeinden fast überall, wo man hinschaut.
Ein Beispiel dafür ist eine Pressenotiz, die über den Rundfunk ausgestrahlt wurde und von der Herald-Sun in Durham, North Carolina, kam. Diese Zeitung enthielt einen Artikel mit der Überschrift „Göttliches Heilen verliert Stigma". Darin wurde berichtet, daß immer mehr Großkirchen Heilungsgottesdienste in ihren Gemeinden einrichten. „Diese Gottesdienste", so hieß es in der Zeitung, „werden oft, Gottesdienste für die Gesundheit des ganzen Menschen' genannt, und die Liturgie deutet an, daß göttliches Heilen viel mehr als ein physisches Erlebnis sein kann."
In dem Bericht hieß es weiter: „Es mag etwas mit der Stärkung zerbrochener Herzen und Gemüter zu tun haben oder mit geistigen und seelischen Bedürfnissen, mit denen man sich auseinandersetzen muß. Oder wie ein Geistlicher es ausdrückte: Jemand bedarf vielleicht am meisten der Heilung, wenn er einen Ärger in sich hineingefressen hat oder wenn er ein hohes Maß an Frustration empfindet über das Leben allgemein." Dieser Geistliche bemerkte ferner, solcher Gedankenzustand könne die zugrundeliegende Ursache einer Krankheit sein und deshalb müsse die Kirche in ihrer heilenden Tätigkeit diese Aspekte direkt ansprechen.
Ein anderer Geistlicher, Rev. William Lawrence, der an der Duke Divinity School unterrichtet hat, weist im gleichen Artikel in der Herald-Sun darauf hin, daß das geistige Heilen seine Wurzeln in dem Werk der frühen Nachfolger Christi Jesu hat. Er sagt: „Die Kirchen entdecken, daß Heilungsgottesdienste von Anbeginn Teil des Lebens der christlichen Kirche gewesen sind. Es gibt viele Beweise dafür, ganz gewiß in Jesu Wirken, in der Apostelgeschichte und im Brief des Jakobus."
Im Jahr 1875 schrieb Mary Baker Eddy, die Entdeckerin der Christlichen Wissenschaft, das Lehrbuch für geistiges Heilen, das den Titel Wissenschaft und Gesundheit trägt. Dieses Buch ist ein unerläßliches Hilfsmittel für den Heiler der heutigen Zeit. Es erklärt die göttlichen Gesetze und geistigen Wahrheiten Gott und Seine Schöpfung wie auch bestimmte Regeln für die Praxis des Heilens. Aus den verschiedenen Aussagen über Gebet und Heilung in Wissenschaft und Gesundheit wird klar, daß es dabei um viel mehr als bloß physisches Kurieren geht. Die tiefere Absicht ist immer geistige Erneuerung und Erlösung. Die Menschen entdecken einen neuen Sinn im Leben. Frauen und Männer werden in Christus „neu" gemacht.
Das Ergebnis solcher geistigen Umwandlung ist, daß unsere gedankliche Basis hinausgehoben wird über die Begrenzungen des Glaubens, das Leben sei im Materiellen verwurzelt, und wir die Freiheit des Verständnisses erleben, daß die wirkliche Identität des Menschen geistig beschaffen ist. Wir lernen verstehen, daß unser Leben in und von Gott, dem göttlichen Geist, ist — daß wir in Wahrheit den göttlichen Geist widerspiegeln und der Materie und ihren Begrenzungen tatsächlich nie unterworfen waren. Die Erkenntnis der uns als Gleichnis Gottes innewohnenden Geistigkeit, Güte und Ganzheit ist wundervoll befreiend. Solche durch Christus bewirkte Umwandlung des Denkens und des Charakters ändert nicht nur die gedankliche Einstellung des einzelnen, sondern heilt auch die Krankheit, die physische Disharmonie oder die Störung im Körper, die ja durch eine Störung im Denken hervorgerufen wurde — durch irgendeine Form des Form des falschen Glaubens an eine Macht außer Gott.
Wissenschaft und Gesundheit macht deutlich, warum es so wichtig ist, den gedanklichen Zustand desjenigen, der geistige Heilung sucht, zu verändern und auf eine höhere Ebene zu heben. „Krankheit", so schreibt Mrs. Eddy, „wird immer durch einen falschen Begriff herbeigeführt, der mental beherbergt statt zerstört wird. Krankheit ist ein verkörpertes Gedankenbild. Der mentale Zustand wird ein materieller Zustand genannt. Alles, was im sterblichen Gemüt als physischer Zustand gehegt wird, bildet sich am Körper ab." Wissenschaft und Gesundheit, S. 411.
Vielleicht ist dieses grundlegende Element des wissenschaftlichen christlichen Heilens — die gedankliche Umwandlung, die geistige Erneuerung, das Bekunden der wahren Ganzheit des Seins — der Hauptgrund, warum das geistige Heilen heute ernsthafter erwägt und mehr geschätzt wird. Das ursprüngliche christliche Heilen, das Jesus und seine Jünger praktizierten, ist eine Heilmethode, die nicht nur den Körper gesund macht, sondern das Leben neu und „ganz" macht. Der Meister heilte alle möglichen Krankheiten: chronische, akute, angeborene, funktionelle, ansteckende. Er heilte Blindheit und Taubheit; er reinigte Aussätzige und gab den körperlich Behinderten ihre Kraft und Bewegungsfreiheit wieder. Und die Heilung, die er bot, war zugleich eine geistige Erneuerung, die Frieden und Freude mit sich brachte. Er sagte zu seinen Nachfolgern: „Meinen Frieden gebe ich euch. Nicht gebe ich euch, wie die Welt gibt." Joh 14:27. Und: „Das sage ich euch, damit meine Freude in euch bleibe und eure Freude vollkommen werde." Joh 15:11.
Als Mary Baker Eddy über die Wirkungen der Heilarbeit schrieb, die durch die Anwendung von Gottes Gesetzen, der Wissenschaft Christi, vollbracht wurde, erklärte sie, daß es viel mehr sei als nur „eine wunderbare Schaustellung". Sie schrieb: „Ihr Erscheinen ist die Wiederkunft des Evangeliums:, Friede auf Erden und den Menschen ein Wohlgefallen.'" Ihr Zweck, so erkannte sie, mußte über das Heilen physischer Krankheit hinausgehen, was es ja auch zu Jesu Zeiten tat. „Jetzt, wie damals", bemerkte Mrs. Eddy, „werden durch das metaphysische Heilen physischer Krankheit Zeichen und Wunder gewirkt; aber diese Zeichen geschehen nur, um den göttlichen Ursprung dieses Heilens zu demonstrieren — um die Wirklichkeit der höheren Mission der Christus-Kraft, die Sünde der Welt hin-wegzunehmen, zu bekunden." Wissenschaft und Gesundheit, S. 150.
In dem Absatz, der dieser Erörterung in Wissenschaft und Gesundheit vorausgeht, hatte Mrs. Eddy ferner geschrieben: „Heute gibt es kaum eine Stadt, ein Dorf oden einen Flecken, wo man nicht lebendige Zeugen und Denkmäler fände von der Wirksamkeit und Macht der Wahrheit, wie sie durch dieses christliche System der Krankenheilung zur Anwendung gelangt." Ebd., S. 149.
Wenn geistiges Heilen von Furcht oder Sünde frei macht, wenn es den ganzen Menschen gesund macht und zu einem Leben führt, das täglich in Demut für „die Wirksamkeit und Macht der Wahrheit" zeugt, dann trägt es sich — verdientermaßen — den Respekt ehrlicher Denker ein.
