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Sich für seine Grundsätze stark machen

Aus der August 1998-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Neulich sah ich mir das Video „Swing Kids“ an, das Ende der dreißiger Jahre in Hamburg spielt. Robert Sean Leonard hat die Hauptrolle als Peter, einer der Jugendlichen in einer Gruppe von Freunden, die trotz nationalsozialistischem Zwang zur Konformität ihr Recht auf Individualität geltend machten. Diese „Swing Kids“, wie der Film sie nennt, trugen lange Haare und waren fasziniert von amerikanischen Filmen, britischer Mode und der Musik des Swing — alles Dinge, die den Nazis ein Dorn im Auge waren. Doch trotz der Gefahren, die damit verbunden waren, weigerten sich die Swing Kids bei der Hitlerjugend (HJ), der nationalsozialistischen Jugendorganisation, mitzumachen. Im Film läuft eine Zeitlang alles gut; die Swing Kids werden von den Machthabern widerwillig geduldet. Aber dann sieht sich Peter wegen eines dummen Streichs gezwungen in die HJ einzutreten. Aus Kameradschaft schließt sich sein bester Freund Thomas ihm an. Sie verachten zwar weiter alles, wofür die HJ steht, aber sie machen nach außen hin mit. Tagsüber werden die beiden zu Hitlerjungen und nachts sind sie Swing Kids.

Die subtile Überzeugungskraft der Unmoral ist so alt wie die Zeit.

Nach und nach jedoch beginnt sich in Thomas ein Wandel zu vollziehen. Durch raffinierte Überzeugungsarbeit ziehen andere Angehörige der HJ ihn auf ihre Seite, bis er an den Nazismus glaubt und mit Stolz das Hakenkreuz trägt. Er verrät schließlich seinen Vater an die Gestapo und bei einer Razzia im Swing-Club kommt es beinahe dazu, dass er Peter erwürgt. Von einem recht normalen, wenn auch etwas unsicheren Jugendlichen verwandelt er sich in einen Nazi und wird in eine Bruderschaft aufgenommen, die ihm Status und Macht bietet.

Die subtile Überzeugungskraft der Unmoral ist so alt wie die Zeit. Und unerfahrene und unsichere Menschen sind am ehesten für den Druck anfällig, der davon ausgeht. Dieser Druck möchte alles Gute und Verheißungsvolle aus dem Leben eines Einzelnen herauspressen. Der beste Rat, wie man solchem Druck standhält, scheint mir etwas zu sein, was der Apostel Paulus in einem Brief an die ersten Christen in Rom schrieb. Er sagte: „Passt euch nicht den Maßstäben dieser Welt an. Lasst euch vielmehr von Gott umwandeln, damit euer ganzes Denken erneuert wird. Dann könnt ihr euch ein sicheres Urteil bilden, welches Verhalten dem Willen Gottes entspricht, und wisst in jedem einzelnen Fall, was gut und gottgefällig und vollkommen ist.“ Röm 12:2, Die Gute Nachricht.

Man hört heutzutage viel über den freien Willen und wie der Mensch mit Gutem und Bösem geschaffen ist und es ihm freisteht, die richtige Wahl zu treffen. Wenn er das tut — dann ist alles gut. Aber wenn nicht — ja, dann verdient er zu leiden. Nach dieser Anschauung ist Gott eine Art Super-Kliniker, der bizarre Experimente an Seiner Schöpfung durchführt. Doch ich bin zu einer anderen Anschauung über die Möglichkeiten des Lebens gekommen.

Dass im Leben jedes Einzelnen von uns mentale Kräfte am Werk sind, ist nicht zu leugnen. Die heimtückischsten davon versuchen alles Gute in unserem Leben zu unterminieren. Würden wir die wahre Natur dieser schädlichen Kräfte erkennen, ließen die meisten von uns sich natürlich nicht davon beeinflussen. Peters Freund Thomas wollte nie ein Nazi werden; er ist einfach nur so in die Sache hineingerutscht.

Eine geistige Einstellung gibt uns eine mentale und moralische Festigkeit, die nicht aus ihrer Verankerung gerissen werden kann. Sie gibt uns den Mut, gegen den Strom zu schwimmen.

Viele Leute machen heute einfach Kumpanei mit Geisteshaltungen wie moralischem Relativismus, Zynismus und Materialismus. Dies geschieht, weil durch die Gruppe oder die Gemeinschaft Druck ausgeübt wird. Weil es cool zu sein scheint. Ohne es zu merken, können wir allmählich von unseren natürlichen Überzeugungen, unserem mentalen Anker, losgezerrt werden und auf ein Meer verschiedenster Meinungen und oberflächlicher Modeerscheinungen hinaustreiben. Dann mögen wir versucht sein, an irgendeiner Lebensanschauung festzumachen, einfach um uns ein Gefühl der Gewissheit und Zugehörigkeit zu verschaffen.

Dieses Dilemma ist jedoch nicht unvermeidlich. Wenn wir uns fest an langerprobte Grundsätze des Guten wie die von Paulus empfohlenen halten, können wir jede Situation handhaben, ohne unsere geistige Individualität zu verlieren. In einem seiner anderen Briefe führt Paulus auf, was es uns ermöglicht, selbstsicher und zuversichtlich zu sein: „Die Frucht aber des Geistes ist Liebe, Freude, Friede, Geduld, Freundlichkeit, Güte, Treue, Sanftmut, Keuschheit; gegen all dies ist das Gesetz nicht.“ Gal 5:22, 23.

Die Schlacht ist halb gewonnen, wenn wir wissen, dass es verborgene mentale Einflüsse gibt, denen wir widerstehen müssen. Sind wir uns dieser Tatsache einmal bewusst, können wir mit etwas Anstrengung diesen Einflüssen entgegentreten, indem wir uns fest an die „Frucht des Geistes“ halten.

Was aber, wenn wir uns nun in einer Lage wiederfinden, wo wir Dinge sagen oder tun, die absolut nicht unsere Art sind? Die Versuchung ist oft groß, das schlechte Benehmen zu rechtfertigen oder aber uns Vorwürfe zu machen. Man könnte das den „Stolzreflex“ nennen.

Aber ist Demut hier nicht der bessere Weg? Wir können reumütig beten, um zu verstehen, was für ein Einfluss zu dem unerwünschten Verhalten geführt hat, und uns dann wieder daranmachen, Mitgefühl und Integrität zum Ausdruck zu bringen.

In dem Film „Swing Kids“ wird Peter kein Nazi wie sein Freund. Ja, am Ende des Films bezieht er mutig eine Position gegen die HJ. Sein natürliches Mitgefühl und seine Bereitschaft eigene Schwächen zuzugeben retten ihn. Diese Charakterzüge geben ihm die innere Stärke, die Teilnahme am Bösen zu verweigern, ganz gleich, was die Konsequenzen sind.

So geht es doch im Leben zu, nicht wahr? Nicht jedem können verborgene Einflüsse etwas anhaben, nur denjenigen, die in sich noch keine feste geistige Mitte entdeckt haben. Die Entwicklung einer festen Mitte von Integrität und Mitgefühl und das Festhalten daran — das alles gehört zum judeochristlichen Erbe, das auf Gott, und nicht auf das eigene Selbst, zentriert ist.

Paradoxerweise ist es gerade die Selbstlosigkeit, die es uns ermöglicht, die eigene Individualität frei und zuversichtlich zum Ausdruck zu bringen. Selbstlosigkeit, die jene Eigenschaften umfasst, die Paulus uns ans Herz legt. Die den Stolz-Reflex ausschaltet und auf Gott ausgerichtet ist.

Eine geistige Einstellung befreit unsere Gedanken und Handlungen von Eigenwillen wie auch von Verletztlichkeit. Sie gibt uns eine mentale und moralische Festigkeit, die nicht aus ihrer Verankerung gerissen werden kann. Sie gibt uns den Mut, gegen den Strom zu schwimmen, wenn die Integrität es erfordert. Anstatt unter schlechte Einflüsse zu geraten, werden wir dann selber ein Einfluss zum Guten sein.

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