Jede Lektionspredigt, die im Christian Science Vierteljahresheft — Bibellektionen veröffentlicht wird, bildet eine Einheit. Die Bibelzitate (nach der Lutherbibel, revidierte Ausgabe 1984) werden durch Stellen aus dem Christian Science Lehrbuch, Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift von Mary Baker Eddy, bestätigt und erklärt. Der Herold veröffentlicht verschiedene Anmerkungen und Kommentare, um den Lesern die vielseitigen Möglichkeiten aufzuzeigen, wie sie selbst weiterforschen können.
3. Januar
GOTT
Ich bin umhergegangen. .. und fand einen Altar, auf dem stand geschrieben: Dem unbekannten Gott. Nun verkündige ich euch, was ihr unwissend verehrt. (Apg 17:23)
Obwohl das klassische Athen zu dieser Zeit seinen Zenit überschritten hatte, war es immer noch ein Ort, an dem viele ihre „geistige Bildung" suchten. „Und die Menschen eines solchen Ortes gingen an Gott vorbei, in der Fülle ihrer, Religionen' ebenso wie in ihren, Weltanschauungen'.. . .
Es fällt hier aber sogleich das ernste Wort von der, Unwissenheit'. .. Ein herbes Wort. Alle, Philosophie', auf die Athen. .. so stolz war, ist doch, unwissend' in Bezug auf das Höchste und Notwendigste, was es zu wissen gilt. . ." (WStB) Paulus kam nicht zum gepflegten religionsphilosophischen Diskurs, sondern um seine Botschaft zu verkündigen. Die Botschaft vom allumfassenden, allliebenden Gott, die sich durch Christus Jesus und dessen Heiltätigkeit so überzeugend manifestiert hat.
Obwohl eine solche Altarinschrift nicht erhalten ist (Wilckens), verweist Barclay auf den kulturhistorischen Hintergrund. „Sechshundert Jahre zuvor war die Stadt von einer schrecklichen Seuche heimgesucht worden. .. Da waren auf Vorschlag des kretischen Dichters Epimenides eine Herde schwarzer und weißer Schafe auf dem Areopag losgelassen worden und hatten sich über die ganze Stadt verteilt. Wo sich die Schafe niederlegten, wurden sie auf dem Altar des nächsten Gottes geopfert; und wenn ein Schaf sich neben dem Altar eines unbekannten Gottes niederlegte, wurde es, dem unbekannten Gott' geopfert. Athen besaß eine ganze Reihe unbekannter Götter. Von dieser Tatsache geht Paulus bei seiner Rede aus. Zu keiner Zeit fiel es ihm schwer, seine Botschaft jeweils den Menschen anzupassen, zu denen er gerade sprach."
10. Januar
DAS SAKRAMENT
Die Tempelreinigung. (Mt 21:12–17)
„Der Tempel, den Jesus kannte, war von Herodes dem Großen erneuert, ausgebaut und verschönert worden. Was also die Architektur betraf, handelte es sich um einen neuen Tempel; nur war er, kultisch gesehen, immer noch der Tempel des Serubabel.
Der ganze Tempelbezirk galt als heilig, doch wurde der Boden immer heiliger, je weiter man von Ost nach West in den Tempel hineinging. Der äußere Vorhof. .. wird oft, Vorhof der Heiden' genannt, weil ihn auch Nicht-Juden. .. betreten durften." (HdE) „Um uns die Szene zu veranschaulichen, müssen wir uns klarmachen, wie der Tempel aussah. Im Neuen Testament kommen zwei Wörter vor, die beide zu recht mit Tempel übersetzt sind.. .. Der eigentliche Tempel hieß naos und war ein verhältnismäßig kleines Gebäude, bestehend aus dem Heiligen und Allerheiligen, zu dem auch der Hohepriester nur einmal jährlich. .. Zutritt hatte. Der naos war von einem riesigen Bezirk umgeben, der in verschiedene, terrassenförmig ansteigende Höfe gegliedert war." Dieser Tempelbezirk heißt im Griechischen hieron. Der Schauplatz ist also der Vorhof der Heiden. Hier wurden Tauben und Wechselgeld feilgeboten. Doch nicht diese Tatsache an sich wäre zu verurteilen gewesen, sondern die Mißstände überhöhter Gebühren und Preise. „Das aber bedeutete eine ständige Gefahr der Ausbeutung armer, einfacher Pilger, und eben diese Ausbeutung erregte den Zorn Jesu.. .. Noch etwas bleibt zu beachten: [Die] Heilung von Blinden und Lahmen.. .. Nur jene mit schlechtem Gewissen flohen vor seinem Zorn. Die Menschen, die seiner bedurften, blieben zurück. Jesus schickt niemand, der ihn braucht, mit leeren Händen fort." (Barclay)
„Die Temperlreinigung war nicht das Signal für einen Volksaufstand, obwohl die jüdischen Behörden das befürchten mußten. Sie war vielmehr eine symbolische Handlung", um die Botschaft zu unterstreichen und das Kommen einer neuen Ordnung. (HdE)
17. Januar
LEBEN
Der Mann leiste der Frau, was er ihr schuldig ist, desgleichen die Frau dem Mann. (1. Kor 7: 3)
Paulus beantwortet eine an ihn gerichtete schriftliche Anfrage der korinthischen Gemeinde zu Ehe und Ehelosigkeit. Hintergrund ist der in Korinth herrschende „hochgemute Freiheitsdrang" (WStB), der eine asketische Lebensweise propagierte mit der letzten Konsequenz, die Beziehungen zur Umwelt abzubrechen. (Wilckens) Daher hatte Korinth das Problem der, Scheinehe'. Man blieb wohl verheiratet, lehnte aber die körperliche Bindung aneinander ab. (WStB)
Von Paulus erwartete man nun eine Antwort, die die eigenen vorgefassten Meinungen bestätigen würde. Ein Missverständnis, das noch heute vorherrscht, wenn man behauptet, Paulus hätte für die Ehelosigkeit plädiert. Paulus antwortet situationsbezogen „aus seelsorgerischer Erfahrung und Liebe heraus" (Bruns). Paulus hatte seine persönliche Lebenseinstellung „nicht zur bindenden Lehre für alle Christen erhoben, sondern sie ausdrücklich als Ausnahme markiert, die zwar beispielhaft, aber nicht verpflichtend sein soll.. .. Daraus könnte nur Unmenschliches entstehen, Unmenschlichkeit aber ist nicht Sache Christi." (Wilckens). „Es ist kein Befehl, sondern ein Rat." (Vers 6 nach Bruns)
24. Januar
WAHRHEIT
Denn das Gesetz ist durch Mose gegeben; die Gnade und Wahrheit ist durch Jesus Christus geworden. (Joh 12:17)
Gnade heißt wörtlich, helfendes Sich-Neigen' (LBe), des Großen und Erhabenen zum Kleinen und Geringen „mit dem Unterton des freudigen Staunens" (CB) „Dieses Leben des steten Empfangens von Gnade ist der vollendete Gegensatz gegen ein Leben unter dem Gesetz", das von Johannes voll anerkannt wird. „Das Gesetz führt zum krampfhaften Schein. .. Die Gnade aber lässt Wahrheit ,werden'." (WStB)
„Wahrheit ist hebräisch nicht Gegensatz zur Lüge, sondern bedeutet, gottgegenwärtige Wirklichkeit'." (LBe) „Diese Formulierung von einer, gewordenen Wahrheit' zeigt, dass es nicht um die theoretischen, ewigen Wahrheiten' der Philosophie geht, sondern um einen Lebenszustand, der in der Tat allein ,durch Christus Jesus wird'." (WStB)
31. Januar
LIEBE
Wenn ihr diese Rechte hört und sie haltet und danach tut, so wird der Herr, dein Gott, auch halten den Bund. .. und wird dich lieben und segnen und mehren. (5. Mose 7:12, 13)
Israel ist sich der Natur seines Gottes — nicht zuletzt aufgrund des Sieges am Schilfmeer — wohl bewusst. „Gottes Liebe ist Gottes treu bewahrter Bund" für alle Generationen. (WStB) Was hier mit Segen umschrieben wird, ist konkretisierter Ausfluss dieses Gehorsams und hat „Wirkungen in Bezug auf die Gesundheit, den Ertrag und das Gelingen der Arbeit. Ein für das Alte Testament selbstverständlicher Gedanke". (DBE)
Segen umfasst Mensch, Tier und die übrige Kreatur in gleicher Weise, er ist hier nicht etwas Geistliches, sondern etwas höchst Materielles. "Segen ist nicht Belohnung für gute Taten, „er wird geschenkt nicht als Verdienst, sondern. .. er ist reine Gnade." (WStB)
Abkürzungen:
Barclay = William Barclay, Auslegung des Neuen Testaments
Bruns = Hans Bruns, Die Bibel mit Erklärungen
CB = Calwer Bibellexikon
DBE = Die Bibel mit Erklärungen
HdE = Handbuch der Evangelien
LBe = Lutherbibel erklärt
Wilckens = Ulrich Wilckens, Das Neue Testament
WStB = Wuppertaler Studienbibel
