Als ich als Christian Science Praktiker die öffentliche Praxis des christlichen Heilens aufnahm, fragten mich viele, was für eine Ausbildung ich für diese Arbeit gehabt hätte. Sie wollten wissen, ob ich einen theologischen Grad besaß, Bibelgeschichte studiert hatte oder ob ich ein soziologisches oder sogar psychologisches Studium absolviert hatte.
Diese Fragen waren nicht boshaft gemeint, die Leute waren nur neugierig. Selbst heute, wenn ich mit Pastoren anderer Glaubensgemein-schaften spreche oder auch mit Christlichen Wissenschaftlern, die die öffentliche Praxis dieser Wissenschaft als Beruf für sich in Betracht ziehen, tauchen in der einen oder anderen Form noch Fragen über meine Ausbildung auf.
Meine Antwort führt zurück zu einem Erlebnis in meiner frühen Kindheit. Ich wachte mitten in der Nacht mit starken Ohrenschmerzen auf. Ich schrie laut. Meine Mutter nahm mich in die Arme, setzte sich mit mir in einen Schaukelstuhl und betete. Sie erzählte mir später, ihr sei bewusst gewesen, dass sie trotz der späten Stunde einen Praktiker hätte anrufen können, aber sie beschloss, erst einmal selbst mit dem Beten anzufangen.
Meine Mutter wandte sich an Gott. Sie wusste, dass Seine Fürsorge immer verfügbar und höchst machtvoll ist. Die Bibel hatte sie das gelehrt. Es heißt da: „Das Wort Gottes ist lebendig und kräftig und schärfer als jedes zweischneidige Schwert, und dringt durch, bis es scheidet Seele und Geist, auch Mark und Bein, und ist ein Richter der Gedanken und Sinne des Herzens.“ Hebr 4:12, Die Bibel hatte sie auch gelehrt, dass Gott Liebe ist und dass Er Seine Kinder mit einer immerwährenden Liebe liebt. Sie dachte an Jesu Heilungswerke, die uns heute noch zeigen, dass die Macht des Christus, der Wahrheit, — die der Meister so umfassend demonstrierte — jede Krankheit heilen kann.
Obwohl die Schmerzen nicht gleich aufhörten, betete meine Mutter weiter und machte mir Mut, und die Heilung trat noch in jener Nacht ein. Ich habe seitdem nie wieder Ohrenschmerzen gehabt.
Meine Mutter besaß keine theologische Ausbildung, sie hatte nicht einmal eine Hochschule besucht. Doch sie besaß etwas sehr Wichtiges, nämlich Gehorsam. Und sie besaß Demüt, Mitgefühl, Güte und eine geistige Gesinnung. Sie nahm sich die Worte aus Wissenschaft und Gesundheit von Mary Baker Eddy zu Herzen: „Das Gebet, das die Sünder umwandelt und die Kranken heilt, ist ein absoluter Glaube, dass bei Gott alle Dinge möglich sind — ein geistiges Verständnis von Ihm, eine selbstlose Liebe.“ Wissenschaft und Gesundheit, S. 1. Das waren die Bestandteile ihres Gebets in jener Nacht und sie kennzeichneten ihr ganzes Leben. Darum brachten ihre Gebete damals Heilung, wie sie es auch bei vielen anderen Gelegenheiten taten, als ihre Hilfe, sei' s für mich oder für andere, in Anspruch genommen wurde.
Wenn die Leute mich also fragen, was für eine Ausbildung ich für das Heilen gehabt habe oder wie sie selber diesen Weg geistigen Abenteuers beschreiten Können, kann ich ihnen diese Stelle aus dem Buch zeigen und über die drei darin enthaltenen Elemente sprechen: „ein absoluter Glaube, dass bei Gott alle Dinge möglich sind — ein geistiges Verständnis von Ihm, eine selbstlose Liebe“.
Ein erfolgreicher christlicher Heiler empfängt Inspiration und Anleitung aus der Bibel. In der Heiligen Schrift findet er praktische Lehren und Beispiele für das Heilen jeder Krankheit und Sünde. Die Bibel lehrt die Allmacht Gottes, des Guten. Sie legt deutlich die Vollkommenheit, die Unwandelbarkeit, Unsterblichkeit, Allgegenwart und Weisheit Gottes dar. Sie weist auf Seine Natur als Leben, Wahrheit und Liebe hin. Sie zeigt, dass der Mensch als Gottes geliebtes Kind geschaffen ist, als Sein Bild, das die Gottes Wesen innewohnende Macht, Gesundheit, Stärke und Freude zum Ausdruck bringt.
Die Bibel veranschaulicht, dass solche Wahrheiten auf jede Situation angewandt werden können, wenn wir durch Glauben, geistiges Verständnis und Liebe mutig jeder Behauptung entgegentreten, dass das Böse den Menschen regieren könne. Die Versuchungen und Verlockungen des Bösen mögen uns einreden, dass wir vor Krankheit oder irgendeiner Phase der Sünde oder vor dem Tod Angst haben. Doch wenn wir diesen Suggestionen die Stirn bieten durch unseren Glauben an Gottes Fähigkeit, jeden Augenschein des Bösen zu zerstören, wenn wir ihnen die Stirn bieten mit dem Verständnis Seiner Allgegenwart und höchsten Macht und mit einer selbstlosen Liebe zu Gott und Seiner Schöpfung, dann stellen wir fest, dass das Böse machtlos ist, und seine so genannten Wirkungen — Krankheit, Mangel, Unmoral und so weiter — verschwinden.
Ein Beispiel dafür ist der Fall der Tochter des Jairus, die Christus Jesus gebeten wurde zu heilen. Siehe Lk 8:41, 42, 49-56. Als sich Jesus auf dem Weg zum Haus dieses Mannes befand, kam ihm jemand entgegen mit der Nachricht, dass das Mädchen gestorben sei und der Meister sich nicht weiter zu bemühen brauche. War es zu spät in solcher Situation für Genesung zu beten? Jesus ging trotzdem zu Jairus. Er versicherte ihm: „Fürchte dich nicht; glaube nur, so wird sie gesund!“ Und als er das Haus betrat, sagte er zu den Trauernden: „Weint nicht! Sie ist nicht gestorben, sondern sie schläft.“ Aber wie die Bibel erklärt, „verlachten [sie] ihn, denn sie wussten, dass sie gestorben war“. Jesu unbeirrbarer Glaube jedoch und sein Verständnis der Allgegenwart und Allmacht Gottes, des göttlichen Lebens, veranlasste ihn den falschen Zeugen für einen materiellen Begriff vom Leben die Tür zu verschließen. Er trieb sie alle hinaus, nahm das Mädchen bei der Hand „und rief: Kind, steh auf!“ Jesu Gebet, das fest im geistigen Verständnis verankert war, kehrte jedes Anzeichen von Tod um. Das Mädchen erwachte wieder zum Leben und stand völlig geheilt auf.
Es ist unsere Pflicht, Jesus heute auf diese Weise zu folgen, wie bescheiden unsere Beweise der göttlichen Macht gegenwärtig auch sein mögen. Das höchste Zeichen unserer Treue zu der von ihm gelehrten Wahrheit und löblichste Zeichen unserer Christlichkeit besteht darin, durch göttliche Macht zu heilen. Und wir haben Anleitungen dafür, wie das zu tun ist. Es gibtein Buch, das die Botschaft des Trösters verkündet, dessen Kommen Jesus verhieß. Dieses oben bereits erwähnte Buch ist Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift. Viele christliche Heiler benutzen es zugleich mit der Bibel als Lehrbuch. Zusammen zeigen diese beiden Bücher uns, wie wir genauso heilen können, wie Jesus es tat.
Wissenschaft und Gesundheit stellt die Allheit und Allmacht Gottes und die sich daraus ergebende Unwirklichkeit des Bösen klar heraus. Das Buch zeigt auf, wie wichtig es ist, die eigentliche geistige Identität des Menschen als Gottes Ausdruck zu verstehen, und hilft uns erkennen, dass sich jede Eigenschaft Gottes im Menschen manifestieren muss. Es macht auch deutlich, dass es für unsere Erlösung unerlässlich ist, Gott zu lieben — in unserem Leben Geist an die erste Stelle zu setzen — wie auch unsere Mitmenschen zu lieben, und zwar in Übereinstimmung mit der biblischen Lehre, die Jesus betonte. Siehe Joh 14:16, 17, 26. Das in der Bibel und in Wissenschaft und Gesundheit enthüllte Verständnis der Macht Gottes hat zahllose Krankheiten geheilt und viele Menschen von Sünde reingewaschen.
Wie fangen wir also mit dieser Heilarbeit an? Wir müssen die Herausforderung zu heilen ernst nehmen. Schon jetzt können wir unsere Beziehung zu Gott erkennen und sein, wozu Er uns geschaffen hat. Wir können jeden leidvollen Gedanken, jede furchtsame Regung, jeden Augenschein von Krankheit durch Glauben und geistiges Verständnis umkehren. Wir können die Bibel und Wissenschaft und Gesundheit als Lehrbücher studieren und uns auf jeder Seite fragen: „Lebe ich wirklich von dem geistigen Standpunkt aus, der hier dargestellt wird?“ Tun wir das, so stellen wir fest, dass wir geistig weiser, moralisch stärker und von göttlicher Macht erfüllt werden.
Wir können jeden leidvollen Gedanken durch geistiges Verständnis umkehren.
Das geschah in meinem Leben, als ich diese Bücher las und studierte. Und dann wurde ich gebeten für jemand anders zu beten — meine Mutter. Interessanterweise konnte ich meiner Mutter genauso helfen, wie sie mir geholfen hatte. Ich hatte sie auf der Arbeit besucht und sie sagte, dass sie sich sehr elend fühlte, und bat mich mir ein stilles Plätzchen zu suchen und für sie zu beten. Ich fand ein Plätzchen und fing an das Vaterunser zu beten: „Unser Vater im Himmel! Dein Name werde geheiligt.“ Siehe Mt 22:35-40. Weiter kam ich nicht. Es war unser Vater, der Vater meiner Mutter — mein und jedermanns Vater. Seine heilende Liebe war ständig bei uns und mit dieser Liebe ist alles Gute möglich und alles Böse ist unmöglich. Ich konnte Seinen Namen heiligen, indem ich dankbar war für all die Liebe, die Er dem Menschen ununterbrochen zuteil werden ließ. Diese Liebe ist von Dauer, weil Gott von Dauer und unveränderlich ist. Sie geht ständig aus der göttlichen Liebe hervor, die Alles ist. Das Böse und Krankheit sind deshalb nichts. Sie sind unrechtmäßig, trügerisch, völlig falsch. Ich hatte nicht viel Zeit, nur eine fünfzehnminütige Pause von meiner eigenen Arbeit, doch ich betete, um Gott zu heiligen, bei dem alle Dinge möglich sind, — um ein größeres Verständnis von Seiner Liebe zum Menschen zu erlangen und selber mehr von dieser Liebe auszudrücken. Als ich zu meiner Mutter zurückkehrte, strahlte sie! Sie fragte mich, wie ich gebetet hatte, und ich erzählte ihr, was für Gedanken mir gekommen waren. Sie sagte, sie sei augenblicklich gesund gewesen, und wir waren beide sehr dankbar.
Die Church of Christ, Scientist, (Kirche Christi, Wissenschaftler) hat wunderbare Mittel, die uns bei unserer Mission helfen, bessere Heiler zu werden. Das Christian Science Vierteljahresheft enthält Lektionen, die die heilende Botschaft der Bibel entfalten. Andere von der Christian Science Publishing Society herausgegebene Zeitschriften bieten Artikel und Zeugnisse, die Einsichten in das christliche Heilen vermitteln. Der Klassenunterricht von einem autorisierten Christian Science Lehrer und jährliche Schülerversammlungen ermöglichen ein größeres Verständnis vom Wesen Gottes und des Menschen und von der christlich-wissenschaftlichen Praxis. Durch jedes dieser Mittel kommen wir Gott näher in dem hingebungsvollen Bemühen ihn durch Heilung zu verherrlichen. Und jedes veranschaulicht noch mehr den absoluten Glauben, das geistige Verständnis und die selbstlose Liebe, die notwendig sind, um zuverlässig zu heilen.
