Im folgenden Interview aus einer Radiosendung des Christian Science Sentinel berichtet aus Südafrika darüber, wie sie durch Vergebung und Liebe einen Weg gefunden hat, der aus Völkerfeindschaft und Krieg herausführt. Frau Maubane unterhielt sich mit .
Wenn ich an Gnade denke, denke ich auch an Vergebung. Wissen Sie, wir können den Menschen helfen, die unter Gewalttaten gelitten haben, ob sie nun im Kosovo oder in Colorado, im Kongo oder in England leben. Überall in der Welt, wo die Menschen scheinbar die Hoffnung verloren haben, können wir ihnen helfen zu vergeben und einander näher zu kommen.
Ich habe das mit einem jungen Mann erlebt, der in meinem Haus einige Installationsarbeiten ausführen sollte. Er fragte mich, warum ich gerade ihn angerufen hätte. Und ich sagte: „Sie haben doch annonciert." Er fragte: „Warum sind Sie nicht zu den großen Firmen gegangen?" Ich sagte: „Ich wurde zu Ihnen geführt."
Was meinen Sie damit: „Ich wurde zu Ihnen geführt"?
Es war für mich kein Zufall, dass ich ihn angerufen habe. Ich glaube nicht an Zufälle. Gott regiert immer und führt uns auch bei den kleinsten Entscheidungen, z. B. wenn wir etwas einkaufen oder Handwerker ins Haus bestellen. Ich weiß, dass Gott da bei mir ist und dass Er mich leitet.
Der junge Mann nahm die Arbeit an und kam an einem Montag zu mir. Doch bevor er anfing, erzählte er mir, dass er mit einer Militäreinheit in Katlehong gewesen war. Das ist eine Township außerhalb von Johannesburg. Ich war still und dann sagte ich: „Aber dort wurden doch einige der schlimmsten Gewalttaten des Militärs gegen Schwarze verübt." Und er sagte: „Ja."
Ich war schockiert. Doch mein Schock wurde von Gedanken aus der Bibel aufgefangen, die mir gleich darauf kamen — Gedanken darüber, dass ich keine Fehler an meinem „Bruder" finden sollte. Und sofort war ich in der Lage, das Böse, das er wahrscheinlich vollbracht hatte, von dem wahren Menschen zu trennen, der er ist, — der wahre Mensch, der das Kind Gottes ist. Nach dem ersten Buch Mose in der Bibel sind wir alle zum Bild und Gleichnis Gottes geschaffen. Da Gott Geist ist, sind wir geistig. Wir spiegeln nur Geistigkeit wider. Daran hielt ich mich und ich sah ihn als Gottes Gleichnis und daher vollkommen. Dann sagte ich ihm, dass ich ihn lieb hätte. Und das hat ihn wirklich umgehauen. Ich, eine schwarze Frau, der er erzählt, dass er schwarze Menschen umgebracht hat, sage ihm, dass ich ihn lieb habe.
Daraufhin erzählte ich ihm, dass ich Christian Science Praktikerin bin und meine Aufgabe darin besteht, für die Menschen zu beten und die Menschen zu lieben. Wenn ich die Menschen nicht liebe, kann ich sie nicht heilen. Liebe ist die Grundlage meiner Arbeit. Ich sprach dann noch weiter über Gebet und Vergebung. Und über Gnade. Ich liebe Gnade. Ich erzählte ihm, dass ich als Schwarze jahrelang gelitten hatte, weil ich einen riesigen Groll gegen die Afrikaander hatte. Aber dieser Groll wurde geheilt, weil ich ein Buch kennen lernte, dass Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift heißt. Dieses Buch gab mir ein Verständnis von Gott. Vorher hatte ich gedacht, Gott liebt nur die Weißen. Die haben doch all die Vorteile. Und die Mentalität der Afrikaander war ja auch, dass die Weißen die auserwählte Rasse sind. Selbst Jesus wurde auf Bildern immer als weiß dargestellt. Aus meiner Perspektive gab es nichts, was darauf hinwies, dass Gott uns, die schwarzen Menschen, auch liebt. Ich erzählte ihm das alles und sagte, dass ich ihm vergebe — trotz all der die die Afrikaander gegen mein Volk verübt hatten —, weil ich verstehe, was Gott ist. Ich verstehe meine Beziehung zu Ihm und jedermanns Beziehung zu Ihm.
Meine Worte schienen den Mann etwas zu beruhigen. Die ganze Woche über tauschte ich Gedanken und Ideen mit ihm aus. Am Samstag kam er nicht. Doch als er am Montag wieder da war, sah ich einen umgewandelten jungen Mann. Er lächelte zum ersten Mal. Er wollte nicht mit seiner Arbeit anfangen, sondern bat mich, mich zu setzen. Und er sagte mir, dass all das, was ich ihm erzählt hatte, ihn so berührt hatte, dass er beschloss, seine Taten zu beichten. So rief er seine Familie zusammen und sie trafen sich im Haus seines Vaters. Er erzählte ihnen alles. Und er weinte und sein Vater weinte mit ihm.
Er sprach also von den Gewaltaten, an denen er beteiligt war?
Ja, von den Dingen, die er selber begangen hatte. Es war zum ersten Mal alles aus ihm rausgekommen.
Seine Familie war also beisammen und der Vater hielt es für notwendig, einen Priester zu rufen. Der Priester kam und betete mit ihnen und vergab ihm. Die ganze Familie betete mit ihm und eine große Last fiel von ihm ab. Er erzählte mir, zum ersten Mal seit seiner Rückkehr von Katlehong hätte er ruhig geschlafen. Er war ein neuer Mensch — total umgewandelt. Und ich wusste einfach, dass die Rehabilitation dieses Mannes durch das Weitergeben der Wahrheit bewirkt worden war.
Wenn ich die Menschen nicht liebe, kann ich sie nicht heilen.
Frau Maubane, ist nicht das, was Sie uns berichtet haben, im Grunde ein Weg zur Lösung von Stammesfeindschaften und Krieg unter den Völkern?
Ja, besonders wenn man an die Spaltung denkt, die wir in Südafrika hatten. Eine Menge Heilung muss noch erfolgen. Freiheit und Gleichheit sind zwar in den Gesetzbüchern verankert. Doch jetzt müssen sie auch in den Herzen der Menschen einen festen Platz finden. Ich glaube, was zwischen dem Mann und mir geschah, zeigt, dass es möglich ist zu vergeben und gemeinsam voranzuschreiten. Darum können wir auch für den Kosovo Hoffnung haben, wo man sagt, dass die Menschen die Greueltaten nicht vergessen werden. Doch das stimmt nicht. Ich konnte sozusagen reinen Tisch machen mit diesem jungen Mann und er hat ganz von vorne angefangen. Er hatte keine Hemmungen mehr, für eine schwarze Familie oder mit schwarzen Menschen zu arbeiten. Durch mein Gebet um Flexibilität — indem ich nicht stur verdammte — wusste ich einfach, dass Gott das Richtige entfalten würde. Und das hat Er getan.
Diese Geschichte erzähle ich anderen deshalb so gerne, weil es nicht nur für diesen jungen Mann eine Umwandlung gegeben hat, sondern für mich ebenfalls. Ich wurde geheilt von dem Glauben an das gesamte Bild von den Verbrechen, die in unserem ganzen Land stattgefunden hatten.
Ich denke, es ist wichtig, dass die Opfer selber bereit sind zu vergeben, ja dass sie sogar die Ersten sind, die vergeben. Wir können nicht erwarten, dass diejenigen, die uns Unrecht getan haben, zu uns gerannt kommen. Sie ringen vielleicht noch innerlich damit oder arbeiten daran, wie sie es tun können. Aber wir können die Situation entspannen, wenn wir als Erste auf die anderen zugehen und sagen: „Wissen Sie, ich vergebe lhnen für das, was Sie getan haben." Wir bringen sie damit tatsächlich dem Punkt näher, wo auch sie die Heilung spüren, die wir spüren. Die Freiheit, die wir haben, hilft ihnen sich zu befreien.
