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Mary Baker Eddy Bibliothek

„Brot für alle, und Rosen auch“ — „Inclusive Leadership“

Unternehmensführung heute, die alle Beteiligten einbezieht

Aus der September 2004-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Sherry Penney war in der Zeit von 1988-2000 Kanzlerin der University of Massachusetts, Boston, USA. Sie setzt sich mit ganzer Kraft für die Verwirklichung von „Inclusive Leadership” ein, einer Unternehmensführung, die alle einbezieht. Als Frau hat sie sich eine Führungsrolle erarbeitet, die anderen Frauen neue Möglichkeiten eröffnen und sie in der akademischen Verwaltung unterstützen. Sie war erste Vizekanzlerin der SUNY Universität (State University of New York, 1982-1988) und maßgeblich daran beteiligt, die Gleichstellung der Frauen als Dozentinnen und als Studentinnen des Union College und der Yale University zu erwirken, sofort nachdem diese Einrichtungen auch Frauen offen standen. Im Mittelpunkt dieser Ausgabe des Magazins steht Mary Baker Eddys Dokument „Mann und Frau” sowie Frauen in Führungspositionen im 19. Jahrhundert. Darüber sprach die Magazin-Redakteurin mit Sherry und bat sie, über ihre Erfahrungen und Gedanken zu Unternehmensführung zu sprechen — und uns das Center for Collaborative Leadership (Institut für Kooperative Unternehmensführung) vorzustellen, dem sie nun vorsteht.

Cathy Armer: Sherry, Sie haben darum gebeten, diesen Artikel mit „Brot für alle, und Rosen auch” zu betiteln. Worin liegt die Bedeutung dieses Satzes?

Sherry Penney: Das Gedicht von James Oppenheim „Brot und Rosen” (1911) war in der Arbeiterbewegung des frühen 20. Jahrhunderts weit verbreitet. Der Slogan „Brot für alle, und Rosen auch" sollte darauf hinweisen, dass jeder ein gewisses Maß an Lebensqualität genießen sollte. Der Ausdruck „Brot und Rosen” hat seinen Ursprung wahrscheinlich bei der Chicago Woman’s Trade Union und wird mit den Textilarbeitern in Lawrence, Massachusetts, während ihres berühmten Streiks 1912 in Verbindung gebracht. Vier Zeilen von Oppenheims Gedicht sind heute besonders relevant:

Wir marschieren, marschieren,
und kämpfen auch für die Männer —
Denn sie sind die Kinder der Frauen
und wir bemuttern sie wieder. ...
Wir marschieren, marschieren,
und bringen die Großen Tage —
Das Erheben der Frauen bedeutet
das Erheben der Menschenrasse...

Ich habe diese Worte oft benutzt, wenn ich über Unternehmensführung gesprochen habe und sie sind es wert, wiederholt zu werden. Überall sucht man nach Führern voll Mut, deren moralische Werte uns helfen können, mit diesen herausfordernden Zeiten umzugehen. Ich finde, dass wir die Anzahl weiblicher Vorgesetzter vergrößern sollten, denn nun, fast hundert Jahre nach Oppenheims Gedicht, glaube ich, „das Erheben der Frauen bedeutet [immer noch] das Erheben der Menschenrasse [der Menschheit].”

Wir brauchen Vorgesetzte, deren Ziel es ist, die Dinge für alle zu verbessern. Weibliche Vorgesetzte sind nicht von Natur aus besser als männliche; sondern beide — Männer wie Frauen — müssen in der Führung von Organisationen, Firmen und in der Regierung ihren Beitrag leisten, Perspektiven aufzeigen und auf kritische Punkte hinweisen. In meiner Berufslaufbahn habe ich gelernt, dass es nicht nur darum geht, Frauen in Führungspositionen zu bringen, sondern viele andere Stimmen an der Führung zu beteiligen — und diese Unternehmensführung auch zu einer kooperativen Unternehmung zu machen. Wir sollten unsere Vorgesetzten aus den Besten auswählen können. Wir müssen uns Vorgesetzte auswählen, die unsere Standpunkte vertreten, aber die offen für Zusammenarbeit sind — mit anderen Worten, Vorgesetzte, die das Beste für uns alle wollen.

CA: Sie hatten Ihr ganzes Leben lang Führungspositionen inne. Was hat Sie in diese Richtung geführt? Wer waren Ihre Vorbilder?

SP: Mein frühestes Vorbild in Unternehmensführung war mein Vater, ein Schuldirektor. Ich erlebte mit, wie er mit den verschiedensten konfliktreichen Interessengruppen umging, mit Schülern, dem Kollegium, dem Schulvorstand und der breiten Öffentlichkeit. Jeder Tag war ein Balanceakt, aber er meisterte diese Aufgabe, weil seine Bemühungen hauptsächlich den Belangen der Schüler galten — in der Erziehung ging es um sie, und alle politischen Manöver mussten absolut zu ihren Gunsten sein.

Er war ein Idealist und ein „inclusiver”, ein einbeziehender Vorgesetzter, der das Beste für alle wollte. Ich erinnere mich gut daran, was passierte, als er beschloss, dass die kleine Stadt in Michigan, in der wir lebten, mehr über Farbige erfahren sollte. Er lud einen Chor von Schwarzen aus Detroit in unsere Kirche ein und die Harlem Globetrotters (eine New Yorker Basketballmannschaft) in die High School. Viele in unserer Stadt trafen zum ersten Mal auf Afroamerikaner. Nicht alle in der Stadt befürworteten diesen Schritt des Schuldirektors. Aber Teil seines Wertesystems war der Respekt für jeden Menschen — eine Lektion, die ich als seine Tochter intensiv beobachtete.

CA: Was beeinflusste Sie persönlich in der Anfangsphase Ihrer akademischen Laufbahn?

SP: Als junger Mensch dachte ich, dass andere Vorgesetzte wie mein Vater wären. Als ich dann erwachsen und mit eigenen Herausforderungen konfrontiert wurde, habe ich festgestellt, dass bei weitem nicht jeder in einer Führungsposition das Einbeziehen förderte oder es als seinen Zweck ansah anderen zu dienen. Ich erlebte die massiven Hindernisse, denen Frauen und Farbige begegneten.

Zwei Vorfälle betrafen mich ganz persönlich. Der erste geschah nach dem Studium, als ich mich um eine Lehrtätigkeit bewarb. Mir wurde ohne jede Entschuldigung mitgeteilt, dass Frauen laut Vorschrift $ 1.000, — (also etwa ein Viertel des Jahreseinkommens) weniger bezahlt wurde als Männern — für die gleiche Stelle. Also bewarb ich mich woanders! Der zweite Vorfall ereignete sich, als ich in Amerikanischer Geschichte promovierte. Mein Doktor-Vater sagte mir, dass der Fachbereich, an dem ich studierte, keine Frau für eine Fakultäts-Stelle einstellen würde, aber dass ich meine Studien weiter fortsetzen könne und wir andere Stellen suchen würden, bei denen ich eingestellt werden könnte. Meine Bestimmtheit, mit der ich mich für die Besserstellung von Frauen und Farbigen einsetzte, erwuchs aus diesen beiden und noch anderen persönlichen Erfahrungen, aber auch aus meiner Kenntnis der Geschichte der Kämpfe der Frauen um Gleichberechtigung.

CA: Wie hat Ihnen der historische Kontext das Gefühl für eine andere Unternehmensführung vermittelt?

SP: Meine erste Lehrtätigkeit an einer Universität war an dem Union College in Schenectady, New York. Dort bat man mich, ein Seminar über die Geschichte der Frauen zu entwickeln, das ich neben meinen Seminaren über die Reform des 19. Jahrhunderts, über Amerika unter der Präsidentschaft von Andrew Jackson sowie über den Bürgerkrieg und den Wiederaufbau halten sollte. Viele der Studenten und der Studentinnen sagten mir hinterher, dass sie überrascht waren, so viel Neues gelernt zu haben. Das Thema Frauen in der Geschichte war noch nirgendwo in ihrer Ausbildung vermittelt worden. Diese Studenten waren besonders von der ersten Welt-Konferenz über Frauenrechte Eine der fünf Frauen, die die historische Seneca Falls Konferenz organisiert hatten, war Martha Coffin Wright (1806-1875). Ihr Leben war ein Beispiel inclusiver und kooperativer Unternehmensführung und wird in einer noch erscheinenden Biographie von Sherry Penney und ihrem Mann, James Livingston, beschrieben (University of Massachusetts Press).beeindruckt, bei der 1848 fünf mutige Frauen die Unabhängigkeitserklärung folgendermaßen umformulierten: „Alle Männer und Frauen sind gleich geschaffen.” Das war zu der damaligen Zeit eine revolutionäre Aussage. Meine Studenten waren überrascht über die vielen Forderungen, die diese Frauen in einer anderen Ära stellten, die überall Ungleichbehandlung sahen und das Recht für Frauen einforderten, ihren Besitz und ihr Einkommen selbst verwalten und Zugang zu Bildung und Arbeit haben sowie wählen zu können. Die Frauen, die diese Konferenz organisiert hatten, waren alle Mütter, die davon überzeugt waren, dass die Gewährung gleicher Rechte nicht nur für Frauen besser sei, sondern auch für Männer — mit den Worten von Oppenheims Gedicht: „Denn sie sind die Kinder der Frauen. ..”

Meine Studenten würdigten auch die Tatsache sehr, dass die Frauen, die damals die Seneca Falls Konferenz organisiert hatten, auch in der Bewegung gegen die Sklaverei aktiv waren. Für diese Frauen waren die Befreiung der Sklaven und die Gewährleistung gleicher Rechte für Frauen und Männer moralische Imperative. Die Frauen, die sich in der Frauenbewegung organisierten, sahen das moralische Unrecht der Sklaverei und glaubten, dass es für die Gesellschaft als Ganzes schädlich sei. Gleichermaßen arbeiteten diese Anwältinnen für die Rechte der Frauen im 19. Jahrhundert unermüdlich daran, den Status der Frau zu verbessern, denn sie glaubten daran, dass eine „inclusive”, alle einbeziehende Gesellschaft für alle besser wäre.

CA: Ihre ersten Anstellungen behandelten einige dieser Themen im Zusammenhang mit der Gesetzgebung und sozialen Veränderungen. Welche Ereignisse in Ihrem Leben führten Sie zu dem, was Sie nun „Inclusive Leadership” nennen?

SP: Nach dem Union College hatte ich eine Stelle im Universitätsverwaltungsrat New York als Mitarbeiterin für höhere Bildung mit Verantwortlichkeiten für die Auswertung akademischer Programme an öffentlichen und privaten Hochschulen in New York. Ich wurde auch gebeten, eine leitende Funktion einzunehmen, um New Yorker Einrichtungen zu assistieren, den Artikel IX der Verfassungsergänzung zur Bildungspolitik 1972 in Gang zu setzen. Artikel IX verbannte Geschlechter-Diskriminierung in der akademischen wie auch in der sportlichen Ausbildung. Artikel IX hatte maßgebliche Auswirkungen auf die Sporterziehung und er beseitigte auch Diskriminierung von Frauen unter anderem bei Studienzulassungen und finanzieller Unterstützung.

Mein nächster Posten war der als Konrektorin an der Yale University von 1976 bis 1982. Wie auch das Union College, war Yale erst seit kurzem gemischt besucht. So hatte ich als weiblicher Verwalter die wunderbare Möglichkeit, meine Führungsqualitäten zu verfeinern und auf höchster Ebene für Veränderungen einzutreten, die helfen könnten, die Interessen des weiblichen Kollegiums und der Studentinnen zu fördern.

Was mich an diesen beiden Erfahrungen-der Umsetzung von Artikel IX in New York wie auch die Unterstützung für Universitäten, als sie koedukativ wurden — am meisten inspirierte, war, dass wir eine Agenda des Einbeziehens vorantrieben und Rückmeldung und Verständnis aller beteiligten Parteien brauchten, um diese Veränderungen zu bewirken. Es war eine sehr beeindruckende Erfahrung, denn selbst wenn alle einem gewünschten Ergebnis zustimmen, können die Vorstellungen, wie man es erreichen kann, sehr unterschiedlich sein. Außerdem stellt man manchmal fest, dass nicht jeder dem Ergebnis ganz und gar zustimmt — und dass es dafür mitunter gute Gründe gibt (oder Vorschläge, die eine gewaltige Veränderung bewirken können), die mir oder den anderen in dem „traditionelleren” Entscheidungsgremium nie gekommen wären.

CA: Welche Erfahrung mit Unternehmensführung hatten Sie als Kanzlerin der University of Massachusetts, Boston? Was war die größte Herausforderung?

SP: Als ich an die University of Massachusetts (UMass) kam, merkte ich, dass ich die Gelegenheit hatte, sie auf die meiner Ansicht nach effektivste Weise mit dem besten Ergebnis zu leiten. Das ist die Art und Weise, von der ich heute sagen würde, dass sie ein einbeziehendes Führungsmodell benutzt. Zum Beispiel war es an der UMass für mich wichtig, eine nicht-gleichgeschlechtliche Führungsriege zu haben. Unsere Auseinandersetzungen waren durch die Verschiedenartigkeit reichhaltiger und unsere Entscheidungsabläufe wurden verbessert. Das führte zu ganz praktischen Auswirkungen, denn durch die Zusammenarbeit mit Lehrbeauftragten und Dekanen konnten wir sicherstellen, dass zweckmäßige Mechanismen existierten, die die nachfolgenden Lehrbeauftragten, besonders Frauen und Farbige, bei einer Einstellung unterstützen. Als Kanzlerin konnte ich auch ähnliche Maßnahmen ergreifen, um Gehaltsunterschiede auszugleichen sowie Seminare und ein Curriculum auf den Weg zu bringen, die alle Menschen und alle gesellschaftlichen Bereiche behandelte. Ich gestaltete meinen Stil nach dem großzügigen und „inclusiven”, einbeziehenden Stil, den ich von meinem Vater viele Jahre zuvor gelernt hatte.

Natürlich war ich in meinen Bemühungen um solche Veränderungen nicht allein. In den USA haben viele daran gearbeitet, die Zusammensetzung des Lehrkörpers in der höheren Bildung zu verändern. Heute sind fast ein Viertel der Hochschulund Universitätsdirektoren Frauen. Ich glaube, dass eine solche Zuwachsrate von Frauen sich auf die Entwicklung unserer höheren Bildungsinstitutionen in der Zukunft auswirken wird.

Sie fragten nach Herausforderungen für meine Vision. Als ich an die UMass Boston kam, hatten wir nacheinander elf Budget-Kürzungen und Revisionen und büßten in etwas mehr als vier Jahren 37 Prozent unserer staatlichen Zuschüsse ein. Ich musste diese Kürzungen durchführen, das Budget ausbalancieren und die grundlegende Mission der Institution erhalten — und das alles mit meiner Vision von „Inclusive Leadership”, von einbeziehender Unternehmensführung, verknüpfen.

Paradoxerweise brachten gerade diese finanziellen Herausforderungen einzigartige Gelegenheiten mit sich, andere einzubeziehen und Zusammenarbeit zu praktizieren. Genau wie das Sprichwort besagt: „Keiner ist so gut wie wir alle zusammen." Wenn wir alle Standpunkte respektieren, können wir das größere Gute von allem sehen-wie es wieder in Oppenheims Gedicht heißt: „... das Erheben der Menschenrasse.” Wir hatten gar keine andere Wahl als drastische Finanzentscheidungen zu treffen. Also standen wir vor der Herausforderung, die übergeordnete Vision der Institution im Blick zu behalten. Wir mussten dabei die gesamte Institution sehen und nicht engstirnig nur auf eine einzelne Abteilung schauen. Zusammenarbeit fördert die Fürsorge für die ganze Institution und in anderen Fällen für die ganze Gesellschaft.

Die Probleme, denen wir uns mit den sukzessiven Budget-Kürzungen gegenüber sahen, erforderten die bestmöglichen Überlegungen aller. Von Anfang an baten wir Fakultäts-Komitees ihre Zukunftsvorstellungen zu entwickeln. Sie empfahlen daraufhin, dass wir unsere grundlegende Mission als führende öffentliche kommunale Einrichtung fortführen sollten. Und dass wir auch den Weg fortsetzen könnten, den wir 1987 eingeschlagen hatten, um Forschungsinstitut für Doktoranden zu werden. Das waren keine Entscheidungen, die ich alleine hätte treffen können oder sollen-wir hatten sie als Gemeinschaft getroffen. Als Vorgesetzte konnte ich diese Möglichkeiten anbahnen und an Diskussionen darüber teilnehmen, aber sie konnten nicht als hierarchische Bestimmungen verordnet werden. Dies waren schwierige Entscheidungen, die wir angesichts der finanzpolitischen Wirklichkeit zu treffen hatten. Deshalb mussten wir sicherstellen, dass die weiteren Schritte Unterstützung fanden. Die Vision und der Mut, die durch die Praxis von „Inclusive Leadership”, einbeziehender Unternehmensführung, entstanden waren, erlaubten uns auf Budget-Einschränkungen zu reagieren und gleichzeitig unsere Mission zu erweitern. Das war der große Vorteil des Einbeziehens und der Zusammenarbeit — und ebenfalls von Vorteil, als es zur Durchführung unserer Pläne kam.

Und nochmals, ich war nicht allein. Ich griff oft auf die Arbeit anderer zurück, die an dieser Vision festhielten. Frances Hesselbein, James E. Austin, Warren Bennis und Rosabeth Kanter haben neben anderen mein Denken und die Praxis meines Führungsstils sehr geprägt. Hesselbein hebt Respekt für Verschiedenheit, Einbeziehung und das Praktizieren von Zusammenarbeit hervor und nennt dies „Managen in einer Welt, die rund ist." Austin weist uns in seinem Buch Die Herausforderung „Zusammenarbeit” darauf hin, dass die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts so dramatisch sind, dass wir zusammenarbeiten müssen, um funktionierende Lösungen zu finden. Anmerkung des Herausgebers: Frances Hesselbein ist Vorstand des Direktoriums der Peter F. Drucker Foundation für Management im Non-Profit-Bereich und ehemalige Geschäftsführerin der Mädchen-Pfadfinder der USA (1976-1990). Sie ist ebenfalls eine Beraterin für die Mary Baker Eddy Bibliothek. James E. Austin ist Eliot I. Snider and Family Professor für Betriebswirtschaft an der Harvard Business School und Vorsitzende der Initiative für Soziale Unternehmen. Warren Bennis ist angesehener Professor für Betriebswirtschaft an der Marshall School der Universität von Süd-Kalifornien und Vorsitzender des University of Southern California's Leadership Institute. Rosabeth Moss Kanter ist Ernest L. Arbuckle Professor für Betriebswirtschaft an der Harvard Business School und leitet die Abteilung für Geschäftsführung im Sozialen Sektor.

CA: Also haben Sie wirklich kooperative Unternehmensführung erfahren, als Sie an der UMass Boston eine solche weitreichende Veränderung in Gang setzten.

SP: Ja, und als ich im Jahr 2000 meine zwölf Jahre als Kanzlerin abschloss, hatte ich das große Glück, meine Vorstellungen über Unternehmensführung noch einen Schritt voran bringen zu können. Mit großzügigen Spenden konnte ich das Institut für kooperative Unternehmensführung am College of Management an der UMass Boston gründen. Ziel war ein neues Programm, das einbeziehend wäre und kooperative Unternehmensführung betonen würde — eine Unternehmensführung, die mehr in einem Netzwerk denn in irgendeinem Einzelnen begründet und dabei visionär und dienstleistungs-orientiert wäre.

Nach Beratungen mit vielen Leuten in der Umgebung Bostons sowie an anderen Universitäten beschlossen wir, dass unser Programm darauf zielen sollte, Führungs-Qualitäten in einer Gruppe junger „aufsteigender Geschäftsführer" in der Bostoner Gegend zu entwickeln. Diese müssten unterschiedlichen Geschlechts, unterschiedlicher Herkunft und Volkszugehörigkeit sein und ihnen sollten Mentoren, Vorbilder oder formale Ausbildung in Unternehmensführung fehlen. Zusätzlich bestimmten wir verschiedene Arten von Organisationen, mit denen wir zusammenarbeiten würden — in der Hoffnung, dass diese unterschiedlichen Organisationen schließlich zum Wohle aller zusammenarbeiten würden. Somit vertritt über die Hälfte von uns den körperschaftlichen Sektor und der Rest besteht aus Gruppen aus dem Regierungsund aus dem nichtkommerziellen Bereich. Die philosophische Grundlage dieses Programms bleibt die kooperative Unternehmensführung – ein Führungsstil, der mehr Teamwork und Zusammenarbeit als den traditionellen hierarchischen Umgang in der Unternehmensführung betont.

CA: Erzählen Sie doch bitte noch etwas genauer, wie Sie „Inclusive Leadership” definieren.

SP: Einbeziehende Vorgesetzte haben eine klare Vision und wissen, dass Zusammenarbeit für unsere Gesellschaft nötig ist, um in der Zukunft stark und dynamisch zu sein. Wir können nicht länger mit einem Unternehmensführungsmodell erfolgreich sein, das einen allwissenden Vorgesetzten ruft, der das Problem lösen soll. In diesem Jahrhundert müssen wir uns auf allen Ebenen in Richtung „Inclusive Leadership”, der einbeziehenden Unternehmensführung bewegen, mit Frauen, die stärker gleichberechtigt auf allen Gebieten vertreten sind. Weibliche und farbige Vorgesetzte sind immer noch zu selten, wenn man sich in Vorstandszimmern, Universitäts-Präsidien, bei der Geistlichkeit, bei Dirigenten, den Chefs der 500 größten Unternehmen [der USA] und bei zu wählenden Positionen wie Senatoren und Gouverneuren umsieht.

Für das neue Jahrhundert brauchen wir neue Vorgesetzte — Vorgesetzte, die anders sind, die zusammenarbeiten, die unbequeme Fragen stellen und deren moralischer Imperativ nicht der persönliche Gewinn ist, sondern der gesellschaftliche Fortschritt. Wir brauchen Vorgesetzte mit unterschieldlichen Standpunkten und Belangen, damit wir Entscheidungen effektiver treffen können, die zu jedermanns Gunsten sind. Wir brauchen Vorgesetzte, deren Ziel dem in Oppenheims Gedicht sowie dem der Mary Baker Eddy Bibliothek vergleichbar ist: für „das Erheben der Menschenrasse” und „den Fortschritt der Menschheit”.


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