Es geschehen bemerkenswerte Dinge in und mit Deutschland. Nicht nur, dass der Sommer wie ein April begann. Nicht nur, dass die deutsche Fußball-Nationalmannschaft die Vorrunde bei der Europameisterschaft in Portugal nicht übersteht (und dafür der krasse Außenseiter Griechenland mit richtig gutem Fußball überrascht und schließlich Europameister wird).
Drei Episoden haben mich in den letzten Wochen besonders berührt:
Episode Nr. 1: Bleiben wir bei der Fußball-EM. Die Kameras fingen beim Eröffnungszeremoniell gern und ausgiebig die Fans der jeweiligen Mannschaften beim Mit-Singen der Nationalhymne ein. Immer im Stehen, oft mit der Hand über der Brust, fast durchweg beim inbrünstigen Gesang. Und ich dachte so: eigentlich toll, dass die sich so mit ihrem Land identifizieren. Sie zeigen bereitwillig: Das ist mein Land! Und etwas bedauernd dachte ich an uns Deutsche, die wir uns mitunter reichlich schwer damit tun, uns zu unserm Land zu bekennen. Aber halt! Was ist das? Da sind ja doch auch Deutsche in ebendieser stolzen, emotional geprägten Pose! Bei weitem nicht alle, aber doch eine ganze Menge.
Episode Nr. 2: Die „Freie Presse” berichtet vom Besuch der Plauener Spitzenprinzessin Yamina Hadji bei der „Tafel der Demokratie”, zu der der neue Bundespräsident Horst Köhler geladen hatte. Auf die Frage, was sie von ihm erwarte, antwortet diese offensichtlich nicht deutschstämmige Plauenerin, dass der Bundespräsident Deutschland wieder zu seinem guten Ruf verhelfen möge, der uns Deutsche stolz auf unser Land machen könne.
Episode Nr. 3, die nur eigentlich eine Beobachtung ist: eine Aufschrift auf einem LKW in Berlin, der Werbeslogan eines Radiosenders: Meine Stadt bin ich.
In anderen Worten, nämlich in den Worten der Bibel, las ich gerade etwas Ähnliches: „Ein reiner und unbefleckter Gottesdienst vor Gott, dem Vater, ist der: die Witwen und Waisen in ihrer Trübsal besuchen...” (Jak 1). Das sagt mir: Mich als Teil eines großen Ganzen verstehen. Anerkennen, dass dieses große Ganze mich als Individuum braucht, in meiner Einmaligkeit, in der nicht wiederholbaren Mixtur aus Qualitäten und Fähigkeiten, Stärken und Schwächen, Neigungen und Charaktermerkmalen. Das immer auf das Engagement, das Mitdenken und Mittun des Einzelnen angewiesen ist. Nur wenn ich weiß, wer ich bin und was ich kann, sehe ich die „Witwen und Waisen in ihrer Trübsal”, zu denen ich gehen kann, um ihnen beizustehen. Nur wenn ich weiß, wer ich bin und was ich kann, gelingt es mir, ein lohnendes Ziel zu erreichen und Widerstand auf diesem Weg, der wohl immer in der einen oder anderen Form auftaucht, zu überwinden.
In unserer Titelgeschichte wird die Erfahrung einer Frau beschrieben, die sich mit viel eigenem Engagement und mit der Hilfe anderer aus ihrer Einsamkeit befreit hat und nun sicher anderen weiterhelfen kann, die einen Ausweg aus Isolation und Trauer suchen.
Im Bericht über die Jahresversammlung der 1. Kirche Christi, Wissenschaftler, Boston, der Mutterkirche der Christian Science Bewegung, finden Sie zahlreiche Berichte, wie Menschen ihre einmaligen Qualitäten und Fähigkeiten neu nutzen gelernt und — in unterschiedlichen Lebensbereichen, durch verschiedene Aktivitäten — einem größeren Ganzen zum Fortschritt verholfen haben. Auch in der aus dem Christian Science Journal übersetzten Serie über zeitgemäße Aktivitäten von Christian Science Leseräumen, der weltweiten Literaturvertriebsstruktur der Christian Science Verlagsgesellschaft, finden Sie Beispiele dafür, wie engagierte Menschen sich zusammengefunden haben, um den Mitmenschen ihrer Stadt besser zu dienen.
Und schließlich wird Ihnen der Chefredakteur Michael Seek in seinem Editorial noch erklären, warum wir Sie von nun an aus Deutschland zur Lektüre einer hoffentlich anregenden, spannenden und vielleicht auch überraschenden neuen Ausgabe des Christian Science Herold begrüßen!