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Zeit-Lupe

Mut zum Stall

Aus der Dezember 2010-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Gehören Sie auch zu denen, die an Weihnachten alles besonders schön haben möchten? Schon die Adventszeit bringt genau die Verheißung, die ja in dem Wort Advent steckt—Ankunft. Da wird der Adventskalender für die Kinder oder Enkel selbst gebastelt und an mindestens einem Nachmittag müssen gemeinsam plätzchen gebacken werden. Dann sind da noch die verschiedenen Weihnachtsfeiern von den Vereinen und im Kollegenkreis. Dabei soll jeder liebe Freund und Bekannte mit einer netten Kleinigkeit bedacht werden. Im Kreise der Familie möchten Sie am liebsten jedem ein individuelles und selbsthergestelltes Geschenk machen. Die Weihnachtspost soll idealerweise handgeschrieben und mit einem handgemachten Stern verziert sein und auf den Briefumschlag gehört definitiv eine Wohlfahrtsbriefmarke. Das Weihnachtsmenü wird sorgfältig schon Wochen vorher ausgetüftelt und die Weihnachtsgans beim Biobauern bestellt. Das Gemüse muss vom Wochenmarkt geholt werden und der Tee soll möglichst fair gehandelt sein. Und den Weihnachtsbaum möchte man natürlich selbst im Wald schlagen. Dann muss für Heiligabend noch die Wohnung auf Hochglanz gebracht und umfassend mit all den über die Jahre angesammelten Sternchen und Figürchen dekoriert werden. Die Geschenke wollen liebevoll und kreativ zu kleinen Verpackungs - Kunstwerken verzaubert werden und irgendwann kann mit dem Besuch in der Christmette und dem gemeinsamen Gesang vor der Bescherung der Heiligabend perfekt ablaufen und die glücklichen Familienmomente sicherstellen.

Also, schon nur beim Lesen dieser Beschreibung empfinde ich eine Art innerer Zerrissenheit. Einerseits finde ich all die Traditionen rund um Advent und Heiligabend wirklich wunderbar und möchte sie nicht missen, möchte sie bewahren und weitergeben. Andererseits fühle ich mich schon gleich schnell ziemlich überfordert, all diesen selbstgestellten Ansprüchen auch gerecht zu werden -zusätzlich zu den üblichen regulären Aufgaben, die Arbeit, Familienleben und Ehrenamt so mit sich bringen. Da ist der Weg zu Hektik und Erschöpfung, Gereiztheit und Enttäuschung nicht weit und schnell hängt der Familiensegen schief.

Dabei leuchtet in meiner Erinnerung die Vorweihnachtszeit meiner Kindertage ganz hell. Unsere Eltern haben es großartig verstanden, dieser Zeit einen Zauber zu verleihen - ein Mix aus geheimnisvoller Spannung und großer Erwartung einerseits und der Geborgenheit und Gemütlichkeit bei Adventsstündchen in der Familie andererseits. Ich bin mir nicht mal sicher, ob eine weihnachtlich - religiöse Botschaft für uns Kinder darin verpackt werden sollte. Aber zumindest bei mir ist eine solche angekommen—auch wenn ich sie erst jetzt, wo ich selbst schon ein Enkelchen habe, so recht formulieren kann.

Weihnachten ist zweifellos ein würdiger Anlass zu feiern—und sich dabei bewusst zu machen, dass wir nicht auf bessere Zeiten warten müssen, weil Gott Seinen Kindern den Tröster und Erlöser schon geschickt hat, der nur darauf wartet, in unserem Leben willkommen geheißen zu werden.

Weihnachten ist zweifellos ein würdiger Anlass zu feiern—und sich dabei bewusst zu machen, dass wir nicht auf bessere Zeiten warten müssen, weil Gott Seinen Kindern den Tröster und Erlöser schon geschickt hat, der nur darauf wartet, in unserem Leben willkommen geheißen zu werden. Aber diese Feier muss man nicht durch zahllose Anstrengungen, einen perfekten Heiligabend zu zelebrieren, erst verdienen. Diese Feier muss nicht in einem prachtvollen Palast stattfinden, sondern darf getrost auf einen warmen, schützenden Stall „reduziert" werden. Irgendwo habe ich mal gelesen, dass es durchaus eine große Weisheit in sich hatte, dass Maria und Josef sich zur bevorstehenden Entbindung nicht zu den vielen anderen Menschen in der Herberge gesellen sollten, sondern sich zur Ruhe und Abgeschiedenheit des schlichten Stalls zurückziehen konnten. Zu jener Zeit waren diese Herbergen große Räume mit vielen Menschen, zumal gerade ganze Menschenmengen zur Volkszählung unterwegs waren. Als Kind fand ich es immer richtig bedauernswert, dass das arme Jesuskind mit seinen Eltern nicht mal in der Herberge hatte bleiben dürfen. Inzwischen sehe ich in dieser Schlichtheit auch einen Schutz—und eine Aufforderung an mich. Sicher ist es auch an Weihnachten wert, „sich zu strecken"—seine Ideale anzustreben und sich seinem höchsten Verständnis entsprechend zu verhalten und zu entscheiden, seine Traditionen zu pflegen und zu würdigen. Wesentlich wichtiger aber scheint mir, dem wahren Kern der Weihnacht auf die Spur zu kommen—der Botschaft, dass Gott als Vater-Mutter Seinen Kindern ein kostbares Geschenk gemacht hat: die dauernde Anwesenheit des Christus, des Erlösers aus mitunter auch selbstgeschaffener (Zeit-)Not, des Heilers von falschen oder überzogenen (Weihnachts-) Vorstellungen. Dieses Geschenk müssen wir uns nicht mühsam verdienen oder hart erarbeiten, sondern wir dürfen es einfach dankbar entgegennehmen. Und das ist am einfachsten in der Schlichtheit des Stalls. Und wirklich niemandem wird ein Schaden daraus erwachsen, wenn wir den Mut zum Stall haben—das kann uns und unsere Lieben wahrhaft froh und den Weihnachtsabend zu einem Heiligen Abend machen.

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