Verteidigung ist ein wichtiger Aspekt der Christlichen Wissenschaft. Aber wenn ich ehrlich sein soll, muss ich zugeben, dass ich mich damit lange sehr schwer getan habe. Ich fand einfach keine Antwort auf meine Frage, warum ich mich und anderes Wichtiges verteidigen sollte, wenn doch ein all-gegenwärtiger Gott gut und alles ist. Wogegen soll ich mich verteidigen, wenn das Böse doch unwirklich und machtlos ist. In diesen Fragen bin ich lange Zeit in einem Gedankengehege herumgeirrt.
Im Kirchenhandbuch werden die Mitglieder dieser Kirche auf ihre Pflicht hingewiesen, „sich täglich gegen aggressive mentale Suggestion zu verteidigen und sich nicht verleiten zu lassen, ihre Pflicht gegen Gott, gegen seine Führerin und gegen die Menschheit zu vergessen oder zu versäumen." (Kapitel VIII, 6)
Mir bedeutet das Kirchenhandbuch von Mary Baker Eddy sehr viel. Ich finde im Einhalten seiner Regeln ein Gefühl von Schutz und Sicherheit, wie nichts anderes es mir je vorher gegeben hat. Sein Wert liegt für mich in der geistigen Bedeutung der gegebenen Regeln. Es ist spannend, über einzelne Abschnitte zu beten und so Bedeutungen zu entdecken, die die liebevolle Fürsorge und große Weisheit verdeutlichen, die Mary Baker Eddys Werk zugrunde liegen.
Auf dieser Basis konnte ich anfangs einfach vertrauen und gehorsam sein. Ich versuchte, mich an die erwähnte Regel zu halten, so gut ich es eben verstand, weil ich sicher war, dass es gut für mich und meine Arbeit ist. Ich bin überzeugt, dass Mary Baker Eddy diesen Gehorsam sonst nicht von ihren Nachfolgern gefordert hätte. Aus ihren Werken heraus habe ich sie so gut kennen und lieben gelernt, dass ich gewiss bin, dass all ihr Handeln auf tiefer, demütiger Leibe und umfassender Weitsicht beruht, also auch diese Regel.
Ja, es ist liebevoll, uns darauf aufmerksam zu machen, uns zu verteidigen, so wie es liebevollist, wenn eine Mutter ihr Kind auffordert aufzupassen, wenn es über eine große stark befahrene Straße geht. Auf der Straße fahren in großer Geschwindigkeit Autos und ohne Wachsamkeit und korrektes Verhalten könnten sie einen umfahren. Das ist im mentalen Bereich genauso. Das sterbliche Gemüt, der Inbegriff für irriges Folgern, schickt in rasantem Tempo nahezu pausenlos irgendwelche Unwahrheiten in das menschliche Bewusstsein. Und diese könnten uns ohne Wachsamkeit und gedankliche Korrektur wirklich vorkommen und uns dadurch schwer schaden. Dem menschlichen Denken stellen sich oft Gut und Böse, Wahrheit und Irrtum, Geist und Materie gegenüber und müssen daher richtig eingeordnet werden. Dabei ist es wichtig, diese scheinbaren Gegensätze auf eine höhere Ebene zu heben und so aufzulösen.
Das geistige Verständnis ist hier der Schlüssel zum Klarstellen. Es ist Ausdruck des göttlichen Gemüts und somit eine Fähigkeit des wirklichen Menschen. Im absoluten, also im göttlichen Bewusstsein, dem einzig wirklichen Denken und Wahrnehmen, ist das Gute, sind Gott und Sein Ausdruck das einzig Bestehende, die einzige Macht und Gegenwart. Das Böse existiert hier noch nicht einmal als Lüge, weil das Gute das absolute Gesetz der Vernichtung aller ihm unähnlichen Behauptungen ist. In dieses Reich des Wirklichen kann nichts eindringen, was da Lügen aussenden will.
Das sterbliche Gemüt hat hier keinen Raum, keinen Einfluss, es ist keine Ursache und kein Gesetzgeber. Das göttliche Gemüt ist alles und der Mensch ist Offenbarwerdung dieses göttlichen Seins. Es gibt in Wirklichkeit kein Bewusstsein, das von Gott getrennt besteht und zwischen Gut und Böse alleine entscheiden müsste. Der Verteidigungsvorgang scheint allerdings hier stattzufinden, doch er besteht allein darin, die Fakten klar zu halten.
Dieses Wissen ist nicht menschlich. Es ist die Aktivität des Christus, die von Gott kommende Wahrheit, die Demonstration von göttlicher Allmacht, Allwirken, Allgegenwart und Allwissenheit auf Erden.
Sterbliche Gedanken werden in diesem göttlichen Licht klar als Suggestionen erkannt, denen es an Bewusstsein und Wahrheit fehlt. Liebe und ihr immer-gegenwärtiger Einfluss absorbieren die vermeintliche Aggressivität. Aggressiv sein bedeutet ein Angriff ohne irgendeine Vorwarnung. Das göttliche Prinzip aber, das eins ist mit der göttlichen Liebe, ist und war immer schneller und macht daher jede vermeintliche Attacke ungeschehen. So erhält es durch Sein Gesetz die ewige Unversehrtheit der geistigen, vollkommenen Wirklichkeit.
Beim Verteidigen geht es also nicht um persönliche Interessen o. ä. Es geht um die Demonstration geistiger Tatsachen, die beständig vor sich geht. Und diese geistige Aktivität unterwirft sich alles ihm Unähnliche.
Dabei geht es um die Wahrheit über uns selber, aber auch um Dinge, die unser Umfeld mitbestimmen, so z. B. um das Erkennen wirklicher Werte, die unsere Zeitschriften, wie den deutschen Herold, ausmachen. Es ist unsere Pflicht oder eher unser Vorrecht, einmal zu prüfen, mit welchen Gedanken wir den Herold, umgeben. Sind es dunkle Eindrücke, wie Apathie, Unwissenheit, vorschnelle destruktive Kritik, persönliche Meinungen, Neid oder Selbstgerechtigkeit, die diese Idee unter einen Scheffel stellen wollen, oder sind es tragende Gedanken, wie Liebe, Hingabe Demut, Sanftmut, Dankbarkeit, Anerkennung und geistiges Verständnis, die sie auf einen Leuchter stellen, damit sie allen scheint?
Die Idee oder Funktion des Herold ist von Mary Baker Eddy beschrieben als: „die allumfassende Wirksamkeit und Verfügbarkeit der Wahrheit [zu verkünden]." (Erste Kriche und Verschiedenes, S. 353) Das meint auch das christlich-wissenschaftliche Heilen und das „das Kindlein, das wir lieb haben sollen, das seine Arme liebend um den Hals der Allmacht Gottes schlingt und Seinem liebenden Herzen unendliche Fürsorge entströmen lässt" (Vermische Schriften, S. 370) und das wir in unser aller Interesses wahrhaft schätzen und verteidigen sollten, dürfen und können.
In diesem Sinne ist mir das Verteidigen wahrlich zu einem heiligen, freudigen Vorrecht geworden, das ich mir nicht mehr nehmen lasse.
