Vor einiger Zeit erlebte ich am Bodensee einen wunderschönen Sonnenuntergang. Rotgolden glühend verließ die Sonne die Szenerie und hinterließ ein dunkles Wolkenmeer, das sie plötzlich von unten erleuchtete und aus dem sich eine unendliche Anzahl kleiner Schäfchenwolken herausbildete, die – rosarot angestrahlt – leicht und duftig in dem herrlichen Nachglühen auf uns alle, die wir dieses Naturschauspiel dort erlebten, zukamen und unsere Herzen berührten.
Es war, als ob eine unendliche Zahl harmonischer, sich sehr geliebt fühlender Menschen behutsam auf uns zukäme, um uns zu grüßen und uns still mitzuteilen, dass es uns ebenso gut gehen könne. Dann zogen sie sich langsam wieder zurück. War das ein beglückendes Erlebnis!
Ich musste an die „Wolke von Zeugen" denken, von denen in der Bibel im 12. Kapitel des Hebräerbriefes (Vers 1) die Rede ist. Sehen wir nicht auch leuchtende Beispiele um uns herum–auf Gott vertrauende Menschen, die allein auf Ihn schauen zur Lösung ihrer Probleme und nicht auf andere Personen, Systeme oder materielle Mittel? Und trauen wir nicht auch selbst immer häufiger dem göttlichen Gesetz alles Hilfreiche, Erlösende, Befreiende zu?
Jeder ist wie wir und jeder ist jedem verwandt, denn Gott hat im Grunde nur einen Menschen geschaffen, die Idee Mensch, deren unendlich vielfältiges Abbild jeder Einzelne ist. (Gleiches gilt für die Idee Pflanze, die Idee Tier, die Idee Tag, die Idee Schneeflocke usw.) Diese Ideen sind in unendlicher Vielfalt vollkommen und tragen daher alles Gute in sich. So ist jeder diese herrliche zusammengesetzte Idee Gottes–auf ganz einmalige und einzigartige Weise. Und weil jede Idee Gottes vollkommen ist–wie Er selbst vollkommen ist–also alles beinhaltet, sind wir einander vertraut und freuen uns aneinander, freuen uns an den wunderbaren Eigenschaften, die wir bei anderen sehen, die aber auch unsere sind–nur anders ausgeprägt. So sind auch das Gottvertrauen, der Mut, die Stärke, die Weisheit und Beharrlichkeit, die Liebe und Güte der „Wolke von Zeugen" durch die Zeiten hindurch unser und stärken und ermutigen auch uns. Sie kommen ja aus der göttlichen Quelle und sind–wie Er–daher immer gegenwärtig. Aber wir müssen unseren geistigen Sinn nutzen, um sie wahrzunehmen–ebenso wie wir die Augen öffnen, um einen herrlichen Sonnenuntergang zu erleben und nicht achtlos an ihm vorbeizugehen.
