Eine Freundin hatte sich zwei Entenküken gekauft. Nach einigen Wochen wollte sie ihnen statt des kleinen Tümpels im Garten den größeren Dorfteich zum Schwimmen zeigen. Aber dort wollten die Entenküken überhaupt nicht ins Wasser gehen, sondern suchten Schutz hinter ihrer „Entenmama“. Eine Nachbarin setzte sie kurzerhand in den Teich. Aber so schnell sie nur konnten, schwammen sie zurück ans Ufer und wollten keinesfalls wieder hinein. Also blieben die Enten fortan im Tümpel daheim.
Haben wir nicht alle schon ähnliche Situationen erlebt? Wunderbare neue Gelegenheiten tun sich auf: ein spannendes Jobangebot, ein längerer Aufenthalt im Ausland oder die Wahl in ein anspruchsvolles Kirchenamt – Möglichkeiten, durch die wir unsere Fähigkeiten erkennen und unter Beweis stellen könnten. Aber wir bekommen „kalte Füße“ und nehmen die Gelegenheit nicht wahr aus Angst, der Aufgabe nicht gewachsen zu sein. Wir bleiben in unserem kleinen „Tümpel“ und verpassen die Möglichkeit, unsere Fähigkeiten zu erproben.
In der Bibel gibt es einen Bericht über einen Jünger, der seine Furcht überwand und eine Lektion fürs Leben lernte. Jesus hatte die Jünger aufgefordert, in einem Schiff ans andere Ufer eines Sees zu fahren, während er noch allein auf einem Berg zurückblieb und betete. Weit auf dem See geriet das Schiff in einen Sturm. „Aber in der vierten Nachtwache kam Jesus zu ihnen und ging auf dem See. Und als ihn die Jünger auf dem See gehen sahen, erschraken sie … Petrus aber antwortete ihm: ‚Herr, bist du es, dann befiehl mir, auf dem Wasser zu dir zu kommen.‘ Und er sagte: ‚Komm!‘ Und Petrus stieg aus dem Schiff und ging auf dem Wasser, um zu Jesus zu kommen. Als er aber den starken Wind sah, fürchtete er sich und begann zu sinken und schrie: ‚Herr, hilf mir!‘ Jesus aber streckte sofort die Hand aus und ergriff ihn und sagte zu ihm: ‚O du Kleingläubiger, warum hast du gezweifelt?‘ Und sie stiegen ins Schiff, und der Wind legte sich.“ (Matthäus 14:25-32)
Solange Petrus auf Jesus schaute und auf Gott vertraute, konnte er auf dem Wasser gehen. Aber als er seinen Blick auf die Wellen richtete und diesem furchterregenden Bild mehr Macht zugestand als Gott, begann er zu sinken. Doch selbst in diesem Augenblick größter Furcht war sein Leben sicher und er erlebte, dass der Christus, die göttliche Idee von Wahrheit und Liebe, die Jesus so überzeugend verkörperte, immer nahe ist, um uns aus jeder Gefahr zu erretten.
Es ist nicht immer ganz leicht, mutig alte Pfade zu verlassen, wenn unerwartete Aufgaben plötzlich auf einen zukommen.
Es ist nicht immer ganz leicht, mutig alte Pfade zu verlassen, wenn unerwartete Aufgaben plötzlich auf einen zukommen. Wie Petrus musste auch ich mich manchmal ganz fest auf die göttliche Hilfe verlassen, um eine schwierige Situation zu meistern.
Einmal sollte ich einen Vortrag in Kopenhagen halten, der mir besonders am Herzen lag, da ich ihn in Dänisch, meiner Muttersprache, halten konnte. Doch am Tag davor zeigten sich Symptome einer Erkältung und ich konnte kaum sprechen. Ich bat eine christlich-wissenschaftliche Praktikerin, mich im Gebet zu unterstützen. Am Ende unseres Gespräches forderte sie mich zu meinem Erstaunen auf, über Neid nachzudenken. Ich war zuerst etwas unschlüssig, wie ich damit umgehen sollte, weil ich mir ganz sicher war, dass ich auf niemanden neidisch war. Aber ich hatte gelernt, dass ich einer aus Gebet hervorgegangenen Inspiration treu sein und folgen sollte und dass es immer gut ist, die eigenen Gedanken zu berichtigen.
Neidgedanken sind oft unbewusst und können sich leicht in unser Denken einschleichen. Doch von vielen wird Neid eher als ein kleineres Übel betrachtet, das man nicht so ernst zu nehmen braucht. Aber Neid verletzt das 10. Gebot und lässt den Gedanken zu, dass Gott einige Seiner Kinder bevorzugt, eine Vorstellung, die keinen Halt in Jesu Lehre vom allliebenden Vater findet.
Ich wandte mich also im Gebet an Gott, um zu verstehen, dass meine Arbeit auf göttlicher Autorität beruht und nicht gestört werden kann. Dabei erkannte ich plötzlich, dass ich männliche Vortragende beneidete, denen ihre Frauen im Hintergrund den Rücken freihielten, während ich neben der Vortragsarbeit, meiner Praxis und meiner Lehrtätigkeit sowohl für meine Mutter als auch für meinen Enkel sorgen musste. Sofort berichtigte ich diesen neidischen Gedanken. Es ging mich überhaupt nichts an, welche Aufgaben andere zu erfüllen hatten! Ich brauchte mein Leben nicht mit dem anderer zu vergleichen, denn jeder bekommt die Arbeit von Gott, die er bewältigen kann und die ihn am meisten segnet. Ich musste an den Satz in Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift denken, wo Mary Baker Eddy schreibt: „Was auch immer deine Pflicht ist, kannst du tun, ohne dir zu schaden.“ (S. 385)
Die Aufgaben, die Gott uns gibt, können wir ohne Furcht annehmen, auch wenn sie von uns manchmal verlangen, aus unserer „Komfortzone“ auszubrechen.
Ich hatte wirklich allen Grund, dankbar zu sein für die Freude, die ich durch meine Mutter und meinen Enkel jeden Tag erlebte. Ganz beruhigt ging ich schlafen. Am nächsten Morgen konnte ich immer noch nicht sprechen. Doch ich war überzeugt, dass die Heilung vollständig war, und verließ mich weiter voll und ganz auf Gottes Herrschaft und Hilfe. Als ich meinen Vortrag dann begann, war die Stimme da, klar und deutlich. Ich wurde sogar hinterher auf den schönen Klang meiner Stimme angesprochen.
Ja, die Aufgaben, die Gott uns gibt, können wir ohne Furcht annehmen, auch wenn sie von uns manchmal verlangen, aus unserer „Komfortzone“ auszubrechen. Im Vorwort zu Wissenschaft und Gesundheit schreibt Eddy: „Für alle, die sich auf den erhaltenden Unendlichen verlassen, ist das Heute reich an Segnungen.“ (S. vii) Für diese Zusicherung lohnt es sich, aus dem „Boot“ alter, begrenzender Vorstellungen eines von Gott getrennten Lebens auszusteigen, sich dabei von bedrohlichen Wellen des Lebens nicht schrecken zu lassen und unseren Weg siegesgewiss mit Gott zu gehen. Der ausgestreckte Arm des Christus ist immer bereit, uns auf unserem Weg zu ungeahnter Freiheit sicher zu halten und zu segnen.
