An einem Nachmittag ging ich zum Schaukasten unseres Leseraums der Christlichen Wissenschaft. Ich grüßte eine Frau, die mit einem wunderschönen schwarzen Hund an der Leine vorbeiging, und hielt ihm die Hand hin, damit er sie beschnüffeln und ich ihn streicheln konnte.
Zu meiner Überraschung knurrte der Hund und nahm meine Hand fest zwischen die Zähne. Besonders das Daumengelenk schmerzte sehr. Als er meine Hand losließ, steckte ich sie ohne darauf zu schauen in die Tasche. Ich wusste sofort, dass ich diesem schönen Tier für sein Missverständnis vergeben musste. Das tat ich augenblicklich und sagte dem Hund im Stillen, dass ich ihm uneingeschränkt verzieh. Ich beruhigte mein Denken mit dem Verständnis, das ich durch mein Studium der Christlichen Wissenschaft erlangt hatte, nämlich dass dieser Hund eine geistige Idee und somit vollständig gut war; er konnte kein aggressives Wesen besitzen, das einer anderen geistigen Idee – mir – Schaden zufügen konnte, und tat es auch nicht.
Dieses Verständnis basiert auf der biblischen Botschaft, die Mary Baker Eddy in ihrem Hauptwerk Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift ausführt: „Durch das Verstehen der Herrschaft, die Liebe über alles hat, fühlte sich Daniel in der Löwengrube sicher und bewies Paulus, dass die Schlange unschädlich war“ (S. 514). Hier ist das Wort Liebe gleichbedeutend mit dem Wort Gott und sagt aus, dass Gott die vollständige Herrschaft über Seine geistige Schöpfung hat.
Die Besitzerin des Hundes war sehr bekümmert und entschuldigte sich vielmals. Während sie die Vorgeschichte des Hundes erzählte, war ich innerlich völlig ruhig. Die Familie liebte den Hund sehr und wusste nicht, wie sie mit seinem Misstrauen anderen gegenüber umgehen sollte. Ich versicherte ihr: „Liebe wird einen Weg finden“ und dass sie diesem wunderschönen Tier am besten helfen würden, indem sie es weiter bedingungslos liebhatten.
Ich schaute den Hund lächelnd an und erklärte ihm, dass er innen und außen völlig makellos war. Als ich ihm in die Augen schaute, erkannte ich, dass er fähig war, Zärtlichkeit auszudrücken. Ich hielt ihm die andere Hand hin; er leckte sie sanft ab und wir wurden Freunde.
Ich würde gern behaupten, dass ich keine Sekunde gezögert hatte, bevor ich ihm die andere Hand hinhielt, doch es gab einen winzigen Gedanken, der sagte: „Ist das weise?“ Aber diese vorübergehende Furcht verschwand, sodass wir beide einen herrlichen, unvergesslichen Augenblick der Vergebung und Freundschaft erlebten.
Wir verabschiedeten uns und ich ging zurück zum Leseraum. Meine Kollegin, die den ersten Teil der Begegnung nicht gesehen hatte, sagte: „Der Hund konnte ja gar nicht genug von dir kriegen!“
Ich lächelte und ging in die Küche, um einem Arbeiter, der für uns tätig war, ein heißes Getränk zu machen. Ich musste beide Hände verwenden, um den Kessel zu füllen, und sah die tiefen Abdrücke, die mein neuer Freund mit seinen Zähnen hinterlassen hatte. Die Haut war unverletzt, aber die Stelle verfärbte sich bereits. Nachdem ich mir die Hände gewaschen und das Getränk zubereitet hatte, kehrte ich zu meinen Aufgaben zurück.
Es gab viel zu tun und ich hatte keinen Gedanken an Schmerzen. Als ich nach Hause fuhr, erinnerte nur noch eine kleine Rötung an den Hundebiss, und die verschwand ebenfalls schnell.
Später erkannte ich, dass die Wahrnehmung, dass der Hund innen und außen wunderschön war, ihn und mich beschützt hatte, denn dadurch war jede Hässlichkeit in meinem Bewusstsein, die sich als verletzte Hand dargestellt hätte, unmöglich geworden – und so war alles schnell zu seinem Normalzustand zurückgekehrt.
Was für ein wundervoller Beweis von Gottes Liebe und Fürsorge für Seine gesamte Schöpfung! Ich bin meinem neuen Freund seitdem nicht begegnet, doch ich weiß, dass wir uns beim nächsten Mal freudig begrüßen werden.
Ich bin so dankbar! Danke, Vater-Mutter-Liebe.
Gillian Smith
St. Neots, Cambridgeshire, England