„Frau Dunton hat Vorurteile“ stand auf einem kleinen zerdrückten Stück Papier, ganz unten in dem Kasten, den ich auf meinem Lehrerpult der dritten Klasse hatte. Diese Worte erstaunten mich und machten mich traurig. Wieso dachten die beiden Mädchen so? Wir hatten eine unterschiedliche Staatsangehörigkeit und sahen unterschiedlich aus, aber mein Ziel war, alle Schüler liebevoll und fair zu behandeln.
Seit dem College war ich von einer Aussage in Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift von Mary Baker Eddy inspiriert: „Jesus sah in der Wissenschaft den vollkommenen Menschen, der ihm da erschien, wo den Sterblichen der sündige sterbliche Mensch erscheint. In diesem vollkommenen Menschen sah der Erlöser Gottes eigenes Gleichnis, und diese korrekte Anschauung vom Menschen heilte die Kranken“ (S. 476–477).
Diese Aussage definierte Liebe für mich. Durch mein Studium der Christlichen Wissenschaft lernte ich, dass wir alle als Bild und Gleichnis Gottes, der göttlichen Liebe, erschaffen sind. Da Gott vollkommen ist, muss Seine geistige Schöpfung, der Mensch, ebenfalls vollkommen sein. Ich lernte, mich von einer menschlichen Urteilsweise über die Identität einer Person abzuwenden und stattdessen auf die vollkommene, von Gott erschaffene Idee zu schauen. Ich fand, dass meine Beziehungen zu anderen durch diese Herangehensweise harmonischer waren.
Daher beurteilte ich meine Schülerinnen und Schüler nicht aufgrund einer angeblichen sterblichen Hierarchie aus Ethnizität, bei der eine Gruppe gegenüber einer anderen bevorzugt war. Ich strebte danach, jedes Kind als von einem liebevollen Gott gleich geliebt zu erkennen und zu lieben, der allen die gleiche Menge an Wachstums- und Erfolgsmöglichkeiten bereitstellt. Ich wusste genau, dass ich weder gegen die beiden Verfasserinnen des Zettels noch gegen andere Kinder voreingenommen war.
Ich betete darum zu wissen, wie ich die Situation handhaben könnte. Ich bat die Mädchen, sich mit mir hinzusetzen, und hörte einfach nur zu. Ich wollte wirklich verstehen, was sie fühlten. Beim Zuhören wurde mir bewusst, dass sie eine meiner Unterrichtsmethoden falsch verstanden. Ich hatte gelernt, dass man Schülerinnen und Schüler, die sich nicht angemessen verhalten, ignorieren soll, doch die Kinder meinten, dass ich sie wegen ihrer Hautfarbe diskriminierte.
Als wir darüber sprachen, einigten wir uns auf ein angemessenes Verhalten für uns alle. Nach diesem Gespräch betete ich innig für mich und die beiden Mädchen. Ich bekräftigte, dass sie als die vollkommene Widerspiegelung von Gott, der absolut gut ist, mich ebenso wenig als voreingenommen sehen konnten wie ich sie als defensiv und verletzt sehen konnte. Außerdem bemühte ich mich besonders, sicherzustellen, dass die Mädchen sich geliebt und respektiert fühlten.
Am Ende des Schuljahres malte eines der Mädchen ein großes orangefarbenes Bild, auf dem stand: „Gott hat Frau Dunton lieb, und das tut Tracy auch.“ Ich behielt das Poster viele Jahre lang als Beweis für die heilende Wirksamkeit der Christlichen Wissenschaft.
Wir lesen in Wissenschaft und Gesundheit: „Der eine unendliche Gott, das Gute, vereint Menschen und Völker, begründet die Brüderlichkeit unter den Menschen, beendet Kriege, erfüllt die Bibelstelle: ‚Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst‘ ...“ (S. 340) Wir können alle etwas zum Frieden auf der Welt beitragen, indem wir wahrhaft alle Menschen lieben, denn wir alle haben denselben Vater-Mutter-Gott, der nur das vollkommene Kind kennt, das Er selbst erschaffen hat. In den Augen des Herrn sind wir alle gleichwertig und geliebt.
Kathryn Jones Dunton