Uneinigkeit, ob in menschlichen Beziehungen oder auf viel größerer Ebene, ist gelinde gesagt unangenehm. Sie wird oft von Fraktionsdenken (meine Seite gegen deine) hervorgerufen, das sich breitmacht, wenn wir uns von menschlichen Meinungen und Argumenten motivieren lassen, und führt nie zu einer harmonischen oder für alle sinnvollen Lösung. Sicher kennen wir alle diese Situation aus eigener Erfahrung.
Doch es gibt eine Freude stiftende Alternative für diese Art von Fraktionsdenken – eine, die sich vereinigend auf die Welt auswirkt, wie entzweiend eine Situation auch sein mag. Die Christliche Wissenschaft lehrt, dass wir uns still und beharrlich auf die Seite Gottes stellen sollen, der uns alle in ewiger Einheit mit Ihm und miteinander hält.
Wenn ein kontroverses Thema aufkommt, frage ich mich: „Auf wessen Seite kämpfe ich? Auf der polarisierenden oder der vereinigenden?“ Wenn Sie sich einmal dieselbe Frage stellen, wird die Antwort Sie möglicherweise nicht nur überraschen, sondern zu einer völligen Umkehr bewegen – dazu, fehlbare Meinungen und menschliches Folgern abzulegen und darauf zu vertrauen, dass wir einen heilenden Einfluss ausüben, wenn wir uns auf Gottes Seite stellen. Christus Jesus lehrte, dass es in Wirklichkeit keine „Seite“ außer der von Gott gibt, und er zeigte uns, wie wir dies umsetzen.
Jesus liebte Gott über alles; er lebte seine Einheit mit Gott in seiner geistigen Identität als der Christus. Er erkannte und liebte den Menschen als die reine, vollkommene, geistige Widerspiegelung Gottes, statt als eine sündige oder parteiliche Persönlichkeit.
Ein klares Beispiel dafür findet sich im Johannesevangelium, in dem wir erfahren, dass einige hebräische religiöse Funktionäre eine Frau zu Jesus brachten, die des Ehebruchs überführt worden war, und ihn fragten, ob sie in Übereinstimmung mit dem mosaischen Gesetz gesteinigt werden solle (siehe Johannes 8:3–11). Statt Partei zu ergreifen und entweder die Frau zur Steinigung zu verdammen (was Römisches Recht verbot) oder ihre Freiheit zu fordern (was das mosaische Gesetz verbot), antwortete Jesus, dass derjenige, der ohne Sünde war, den ersten Stein auf sie werfen solle. Da die Beschuldiger der Frau diesen moralischen Standard nicht erfüllen konnten, gingen sie alle. Und nachdem Jesus sich von der Frau bestätigen ließ, dass niemand sie verurteilt hatte, sagte er ihr, sie solle nicht mehr sündigen. Jesus ließ Gott zum Bewusstsein aller Anwesenden sprechen in dem Vertrauen, dass geistiger Sinn sie zu richtigem Denken und Handeln führen würde. Man könnte sagen, dass er Partei für Gott ergriff.
Jesus betete für seine Nachfolgerinnen und Nachfolger, dass auch sie sich zu allen Zeiten auf Gottes Seite stellen mögen – dass sie Gott über alles lieben und ihre Einheit mit Gott leben würden, in ihrer wahren Identität als die geistige Widerspiegelung Gottes. Er betete, dass sie ihre Mitmenschen lieben und sie in deren wahrem Licht als Gottes Widerspiegelung sehen, statt als sündige oder parteiergreifende menschliche Persönlichkeiten.
Mary Baker Eddy, die Entdeckerin der Christlichen Wissenschaft, nannte alle, die in Jesu Fußstapfen treten, „die Geringsten Christi“, wobei das englische Original auch liebevoll als „die Lütten Christi“ verstanden werden kann. Sie schrieb: „Ein jeder der Geringsten Christi spiegelt den unendlichen Einen wider, und daher ist die Erklärung des Sehers wahr, dass ‚einer mit Gott eine Mehrheit ist‘“ (Kanzel und Presse, S. 4).
Ja, wenn Sie und ich uns auf Gottes Seite stellen, dann sind wir in der Mehrheit – zusammen mit dem göttlichen Gemüt, das seine Schöpfung harmonisch intakt hält. Ich weiß aus eigener Erfahrung, dass das nicht immer einfach ist. Es erfordert beharrliches Gebet und ständige Wachsamkeit sowie demütigen, ehrlichen, unerschütterlichen, immer wieder neuen Gehorsam Gott gegenüber. Aus diesem Grund sagte Jesus: „Was ich euch sage, das sage ich allen: Wacht!“ (Markus 13:37).
Diese Art von Wachen ist eine freudvolle Arbeit! Sie ist nur dann eine Belastung, wenn wir versuchen, sie durch menschlichen Willen zu bewerkstelligen. Freude kommt, wenn wir uns Gottes Willen unterwerfen, und die Liebe zu Gott und dem Menschen tritt an die Stelle selbstherrlicher Egozentrik. Dann ist der vereinigende Einfluss der göttlichen Liebe, Gottes, nicht nur in unserem eigenen Leben zu fühlen, sondern im empfänglichen Herzen aller, an die wir denken.
Das göttliche Leben, Gott, ist niemals mit sich selbst uneins. Gott hat nur eine Seite – unendliche Güte, die kein Element des Bösen enthält. Daher ist der Mensch, das geistige und vollkommene Ebenbild Gottes, niemals entzweit; er besitzt nicht gute und schlechte Eigenschaften, sondern ist vollständig gut. Die ersten Zeilen von Lied Nr. 135 im Liederbuch der Christlichen Wissenschaft lauten: „Ich weiß von keinem Leben getrennt, mein Gott, von Dir“ (Carl J. P. Spitta, ins Englische übertragen und bearbeitet von Richard Massie; diese Fassung © CSBD). Das ist der mentale Standpunkt, den wir jeden Augenblick einnehmen müssen, wenn wir Einigkeit im menschlichen Bereich fördern möchten.
Zu wissen, dass wir kein von Gott getrenntes Leben haben, bedeutet, dass wir Charaktereigenschaften wie Selbstgerechtigkeit und Selbstrechtfertigung, die Gott unähnlich sind, keine Wirklichkeit vermachen. Die menschliche Persönlichkeit, die sich angeblich aus guten und bösen Eigenschaften zusammensetzt, hat nichts mit der wahren Identität eines jeden zu tun.
Wenn wir eine polarisierte Situation durch den heilenden Einfluss des Christus – die Macht der göttlichen Wahrheit, die Jesus so umfassend demonstrierte – verbessern wollen, müssen wir bei uns selbst anfangen. Das kann, wie ich selbst sehr gut weiß, zu Erkenntnissen führen, die unangenehm und nicht leicht für uns sind. Ich musste im Verlauf meines Lebens an der natürlichen Güte von Gottes Kindern, mich eingeschlossen, festhalten und ständig wachsam gegen Gedanken sein, die dem Guten unähnlich sind, um Heilung in meiner Familie, meiner Kirche, meinem Umfeld und der Welt zu fördern, und ganz besonders in meiner Arbeit als Praktikerin der Christlichen Wissenschaft. Das hat häufig die Notwendigkeit offenbart, persönliche Meinungen loszulassen und mehr bestrebt zu sein, Gottes Willen zu tun.
Diese Reinigung des Denkens bewirkt Heilung. Wenn wir bereit sind, alles loszulassen, das unsere Identität oder die einer anderen Person als Widerspiegelung der göttlichen Liebe verbergen möchte, und die geistige Wirklichkeit wahrnehmen, stellen wir uns auf die richtige, vereinigende Seite. Wenn wir dies tun, und zwar beständig, fühlen wir, wie die Gegenwart der göttlichen Liebe uns tröstet und Kraft gibt. Andere können es ebenfalls fühlen, und Heilung findet statt. Wenn wir nicht sofort einen Beweis dafür erkennen, müssen wir weiter daran arbeiten! Unser ehrlicher Einsatz wird belohnt. Dann werden unsere Einheit mit Gott und das Band der Einheit, in dem der Mensch von der göttlichen Liebe gehalten wird, deutlich. Die angebliche Trennung der Menschen verschwindet, und die Menschheit erkennt, dass „einer mit Gott eine Mehrheit ist“.