Eines Abends kam unsere Tochter aus ihrer Musikstunde mit einem Metronom nach Hause. (Zur Erklärung für diejenigen, die gleich mir nicht wissen, was ein Metronom ist, bemerke ich, daß der Metronom ein kleines Instrument ist, welches Zeit und Rhythmus genau angibt, wonach ein Musikstück gespielt werden soll. Es besteht aus einem Schlagwerk und läßt in regelmäßigen Zwischenräumen eine winzige Glocke erklingen, die für den Musikschüler den Takt angibt.) Das kleine Instrument diente uns den ganzen Abend zum Zeitvertreib und wir versprachen uns großen Nutzen davon. Als jedoch meine Tochter am nächsten Morgen mit ihren Klavierübungen begonnen hatte, hörte ich bald ihre ärgerlichen Ausrufe. Ich ging zur ihr um ihr zu helfen, und sie sagte: „Oh, Mama, ich kann nach dem Ding nicht spielen, es kommt nie richtig aus.”
Mit großem Selbstbewußtsein versuchte ich nun, ihr die nötige Anleitung zu geben, geriet aber bald in dasselbe Dilemma. Während ich eins, zwei, drei, vier; eins, zwei, drei, vier zählte, markierte mein Taktmesser eins, zwei, drei, vier; eins, zwei, drei, vier; eins, zwei. Ich probierte es wieder und immer wieder und kam endlich zur rechten Zeit aus. Ich triumphierte; doch schon nach wenigen Takten war ich dem Glockenschlage weit voraus und fing an, ungeduldig zu werden.
Das kleine Instrument tickte ungeachtet meiner Fehler ruhig weiter. Es wäre lächerlich gewesen, darüber erzürnt zu sein, da augenscheinlich ich allein zu tadeln war. Ich stellte daher den Metronom vor mich hin, wo ich ihm mit den Augen und Ohren folgen konnte, und fing an, meine Arbeit danach zu korrigieren. Bisher hatte ich geglaubt, daß ich gut Takt halten könnte; doch sah ich nun ein, wie mangelhaft meine Arbeit gewesen war.
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