Obgleich schon mehrere Jahre Mitglied der hiesigen Christian Science Gemeinde (d. h. der Gemeinde der christlichen Wissenschaft), hatte es ein langjähriger falscher Freund, ein Überbleibsel einstiger deutscher Schulmeisterherrlichkeit, verstanden, seine Herrschaft über mich zu behaupten. Dieser Freund aus alten Zeiten, nach Ansicht des alten Adam ein Grillen-und Sorgenvertreiber, war die Tabakspfeife. Freilich hatte ich auch nie den ernsten Versuch gemacht, mich davon zu trennen. Ich konnte oder wollte vielmehr nicht einsehen, daß es ein falscher Freund sei, schrieb demselben mancherlei geheime Kräfte zu, wie z. B., daß er den Geist zu neuer Thätigkeit reize und anrege, und was dergleichen Unsinn mehr war. Alles Lesen in „Science and Health“ schien in dieser Hinsicht ohne Erfolg zu sein. Endlich aber schlug die Stunde, in welcher der Teufel auch dieses Bollwerk, das er sich in mir aufgerichtet hatte, wie so manches andere, verlieren sollte.
Es mögen etwa vier oder fünf Monate her sein, daß hier ein Zeitungsherausgeber starb und zwar, wie die Ärzte erklärten, an einem Krebs im Halse, welcher durch Rauchen entstanden sei. Dies machte einen solchen Eindruck auf mich, daß ich beschloß, das Rauchen, diesen falschen Freund — den meine Frau meinen Götzen nannte, — gänzlich aufzugeben. Ich probierte zuerst, den Rauchteufel durch eigene Willenskraft los zu werden. Da hatte ich aber die Rechnung ohne den Wirt gemacht, das Verlangen nach Kraut war stärker als mein Wille, und ich mußte mit Luther sagen: „Mit uns'rer Macht ist nichts gethan.” So beschloß ich denn, dem Übel mit dem einzigen Mittel, mit Wahrheit, wie sie uns in „Science and Health“ offenbart ist, oder kurz gesagt, mit Christian Science zu Leibe zu gehen.
Und siehe da, eine einzige Behandlung genügte, den Feind, welchen ich früher als Freund hegte und pflegte, zu vertreiben und zwar, wie ich überzeugt bin, auf Nimmerwiederkehr. Wenn ich jetzt auf die Zeit zurückblicke und der ersten Woche gedenke, in welcher das Tabakrauchen kein Genuß mehr für mich war, kann ich nicht umhin, die Sache auch von der scherzhaften Seite zu betrachten und das Sträuben des alten Adam in mir gegen den an ihm begangenen Raub zu belächeln. Als am ersten Tage sich der vermeintliche Appetit nach der Pfeife einstellte und ich dieselbe in Brand setzte, gelang es mir, nur widerstrebend, drei oder vier Züge aus derselben zu nehmen. Darnach pflegte sie der Ruhe auf meinem Schreibtische. Dieses Manöver vollzog sich wohl eine Woche lang alle Tage, bis ich, oder vielmehr der alte Adam in mir, überzeugt war, daß der Tabakgenuß kein Genuß mehr war und die täglich dem Rauchteufel gespendeten Brandopfer unterbleiben müßten.
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