Das Grundpostulat der Christian Science ist:
Es gibt nur eine Quelle, Ursache und Ursprung von allem was wirklich existiert, und diese erste und einzige Ursache ist das Gute, welches unendlich ist.
Wenn gegen dieses Postulat Einspruch erhoben wird, so bleibt nichts übrig als anzunehmen: — daß es zwei oder mehrere Quellen oder Ursachen des Daseins gibt, welche unabhängig von einander sind.
Hierauf läßt sich kurz und unwiderleglich erwidern: — Wäre dies der Fall, so würde sich ein Chaos ergeben, gerade als wenn mehr als ein Prinzip der Mathematik existierte, wonach A aus zwei-mal-zwei die Summe vier, B die Summe fünf und C die Summe sechs herausrechnen würde.
Kein vernünftiger Mensch kann zugeben, daß wenn mehr als eine erste Ursache existierte, Ordnung und Harmonie erwartet werden oder ein unzweideutiges Prinzip gefunden werden kann. Ich darf daher voraussetzen, daß man mir beistimmen wird, wenn ich die Annahme von mehr als einer ersten Ursache als der Betrachtung unwürdig bei Seite lasse.
Nun wollen wir näher betrachten, was diese „Erste Ursache” ist. Wir können uns nur entscheiden für eine der folgenden Möglichkeiten:
(a) Das Gute. (Hier muß bemerkt werden, daß dasjenige Gute, welches die geringste Beimischung vom Bösen enthält, nicht gut ist, sondern böse. Es gibt keine Grade des Guten.)
(b) Das Böse.
(c) Eine Mischung von Gut und Böse.
Die erste Ursache als eine „Mischung von Gut und Böse” anzusehen, ist unsinnig; da jedoch viele den Schöpfer für eine Mischung von Gut und Böse halten, so wird es angebracht sein, den inneren Widerspruch dieser Anschauung zu zeigen.
Schon der Ausdruck „eine Mischung von Gut und Böse” ist verkehrt, wenn wir bedenken daß die eine Quelle sowohl Gut als Böse erzeugen soll. Das sogenannte Gute würde immer durch das Böse verunreinigt, und würde daher böse sein. Es ist unmöglich, daß das Gute aus einer Quelle hervorgehen kann, welche sowohl Gut wie Böse erzeugt; der Ursprung des Guten müßte daher außerhalb der angenommenen ersten Ursache „Gut und Böse” liegen.
Sobald wir jedoch dieses zugeben, stoßen wir unsere erste Voraussetzung um, denn wir führen eine zweite unabhängige Ursache ein, nämlich „das Gute,” welche mit der Ursache „Gut und Böse” nichts zu tun hat.
Wir müssen bei unserem ursprünglichen Postulat beharren, sonst kann Ergebnis nur Verwirrung (Chaos) sein.
Wenn nun aber die Quelle alles Seins „das Böse” sei, wäre es nutzlos an Gutes zu denken. Es wäre auch eine Unmöglichkeit, — woher sollte überhaupt der Begriff von Gut kommen, wenn die Quelle aller Existenz das Böse wäre? Um den Ursprung des Guten zu finden, müßten wir unser Postulat wieder umstoßen und eine andere Ursache, das Gute, einführen.
Man wird mir jetzt beistimmen, wenn ich behaupte, daß um den Ursprung des Guten zu finden, das Gute als erste und einzige Ursache angesehen werden muß.
Wir müssen noch weiter gehen, und die Ursache als unendlich erkennen, denn wenn wir sie in irgend einer Weise als begrenzt ansehen, so würde dieses wieder zu der Notwendigkeit führen, die Existenz einer andern Ursache, durch welche sie begrenzt wird, einzuräumen.
Es gibt also kein Entrinnen von dem Grundgesetz der Christian Science: Eine Quelle, Ursache und Ursprung alles wirklich existierenden, und diese erste und einzige Ursache ist das Gute, welches unendlich ist.
Als logische Schlußfolgerung läßt sich dies leicht erkennen; es als Tatsache zu beweisen ist schwerer, aber nur deshalb, weil wir es so lange gewohnt waren, das Böse als Wirklichkeit anzusehen. Ein Kind, dessen Eltern Christian Scientisten sind, wird es dagegen mit Leichtigkeit beweisen, und so die Worte Jesu bestätigen: „Wahrlich, ich sage euch: Es sei denn, daß ihr euch umkehret, und werdet wie die Kinder, so werdet ihr nicht ins Himmelreich kommen.”
Nachdem wir zu dieser Entscheidung gelangt sind, müssen wir uns darüber klar werden, wohin uns die Annahme unseres Grundpostulats führt. Es wird dies sein, daß das Böse nicht wirklich existiert, und daß die Erscheinung desselben als Sünde, Krankheit und Tod, die unserem Bewußtsein so wirklich vorkommt, ein Trug, ein falsches Bewußtsein sein muß.
Man würde nicht behaupten, daß der Traum, den man im Schlafe träumt, ein wesentlicher Teil des Bewußtseins im wachen Zustande sei, ebenso wenig, daß der Traumzustand der wahre und der im Wachen ein falsches Bewußtsein vom Leben sei. Wenn nun der richtige Begriff vom Sein frei vom Übel ist, dann ist der Sinn, welcher sich des Übels bewußt ist, der falsche Sinn.
Sobald man vom Schlafe erwacht, braucht man nicht länger unter dem Bann eines Traumes zu bleiben, der während seiner Dauer für das alleinige Bewußtsein vom Dasein galt, und man schüttelt den Eindruck davon mit mehr oder weniger Leichtigkeit und Schnelligkeit ab; hierzu ist man im stande, weil man es von Kindheit auf gewohnt war, den Traum als Traum, und nicht als wesentlichen Teil des Daseins anzusehen.
Der wachende Zustand des sterblichen menschlichen Daseins verhält sich zur Wahrheit des Seins gerade so, wie der Traum des Schlafes zum wachenden Zustand, und dies ist nur deshalb schwerer zu erkennen, weil wir nicht dazu erzogen worden sind.
Die Leichtigkeit, mit welcher kleine Kinder Christian Science annehmen und beweisen, ist ein deutlicher Beweis hierfür.
Wenn wir unser Grundpostulat und die daraus sich ergebenden Schlußfolgerungen im praktischen Leben beweisen wollen, so müssen wir uns klar machen, daß das Böse jeder Art ein Traum ist, daß es schattenartig ist, nicht substantiell, daß ein jeder von uns eine individuelle, in sich abgeschlossene, vollkommene Idee Gottes, daß unser wahres Bewußtsein, unser wahres Wissen, nur das ist, was wir von Gott haben, und daß diese Kenntnis, die ein jeder von Gott hat, mit der er Gott kennt, zugleich diejenige Kenntnis ist, mit der Gott uns, eine jede Seiner Ideen, kennt. Nur in dem Besitz einer klaren Einsicht in diese Tatsache erfassen wir die Wahrheit, daß wir sowohl Widerspiegelung als auch Ausdruck von Gottes Wesen sind, und das Bewußtsein vom persönlichen irdischen Selbst ablegend, gewinnen wir den kindlichen Geist, ohne den wir nach Jesu Ausspruch nicht in das Himmelreich eingehen können. Was es dem falschen Bewußtsein auch kosten mag, — und nur diesem kann es scheinen, als ob Opfer zu bringen seien, — wir müssen fest für den Geist, Gott, das Leben, die Liebe, die Wahrheit einstehen; dann wird uns die Offenbarung des geistigen Daseins zu teil: Der Friede Gottes, welcher über alle menschlichen Begriffe geht.