Männer und Frauen fürchten das, was man „das Alter” nennt. Für den materiellen Sinn kann das Alter weder versüßt werden, noch kann man sich dagegen schützen. Es ist etwas, dem man sich mit Klugheit fügen muß, es ist etwas, das seinen eigenen Weg zu gehen scheint.
Kurz bevor ich in Christian Science kam, war ich in einer medizinischen Vorlesung. Es wurde über das viel umfassende Thema „Das Sehvermögen” gesprochen. Der Lektor war auf diesem Gebiet der Heilkunde sehr erfahren, und seine Zuhörer waren mehr oder weniger geschickte Ärzte. Es fiel mir auf, daß ungefähr die Hälfte der Zuhörer sorgfältig gearbeitete, der Neuzeit entsprechende Brillen trugen, wegen der verschiedenartigsten Augenleiden.
Diese Vorlesung blieb lange in meiner Erinnerung, und als ich später einen Höhepunkt nach dem andern der wunderbaren Wahrheiten der Christian Science erblickte, freute ich mich zu sehen, wie Tausende des Menschengeschlechts von jener Last, die man Brillen nennt, befreit wurden.
Es ist der Menschheit freigestellt, ob sie jetzt oder zukünftig zu Seinem Ebenbild erweckt werden will. In Christian Science lernen wir, daß wir fähig sind nicht nur unsere Augen, sondern auch unsern ganzen Körper zu beherrschen.
Ich erinnere mich eines Falles, wo ein Mann sich durch dieses Gesetz des Verständnisses allem Anschein nach im Laufe einer Woche um zwanzig Jahre verjüngte. Der Mann war ein Soldat, der den Bürgerkrieg mitgemacht hatte. Als er seinen Abschied nahm, hatte er ein Magenleiden, welches während drei und dreißig Jahre, von Jahr zu Jahr immer schlimmer wurde. Der Schmerz umspannte seinen ganzen Körper gleich einem Gürtel. Er litt auch fünf und dreißig Jahre lang an hartnäckiger Verdauungsstörung und deren natürlichen Folgen, dazu kam noch ein steifes Knie, verbunden mit Krampfaderleiden. Er konnte das Bein nicht bewegen ohne zu stöhnen. In der Tat stöhnte er vom Morgen bis zum Abend und auch während vieler Stunden in der Nacht.
Zuletzt entwickelte sich eine Art Geistesstörung, welche ihn veranlaßte, in der Nacht umherzuwandern ohne zu wissen, was er tat. In dieser immer zunehmenden Finsternis erleuchtete ein Strahl der Christian Science den Pfad des ausgedienten Soldaten. Er war vierundsiebzig Jahre alt, aber was sind vierundsiebzig Jahre angesichts der sich jetzt über das Land verbreitenden Erkenntnis, daß es vor Gott keine Zeitrechnung gibt!
Seine treue Frau, die nahezu siebzig Jahre alt war, hatte ebenfalls eine schlechte Gesundheit. Solange sie sich erinnern konnte, hatte sie eine gelähmte Seite. Eine schwache Herztätigkeit bedrohte beständig ihren Frieden, während nervöser Schmerz und Verdauungsstörung das Krankheitsbild vervollständigten. Auch ihr leuchtete der Hoffnungsstrahl. Diese beiden von Leiden Gebeugten erkannten, daß sie Christian Science brauchten. Sie waren durch ihre Leidensjahre gebrochen — beinahe gestorben, gleich den Aussätzigen der alten Zeit schmachteten sie nach Hilft. Sie wußten wenig oder garnichts von Christian Science, außer daß sie sehr nach Heilung verlangten.
Ein Anhänger der Christian Science kam ihnen zu Hilfe. Nach ungefähr einer Woche war der Mann von seinem Magenleiden geheilt. Sein Knie tat ihm nicht mehr weh. Alle anderen Krankheitserscheinungen verschwanden, und er war bei vollem Verstande. Nach kaum einem Monat konnte dieser zu neuem Bewußtsein erwachte Mann auf seinem Grundstück Bäume fällen, Holz spalten und so seinen Holzschuppen füllen.
Die Genesung der Frau war beinahe ebenso wunderbar als die des Mannes. Sie schienen beide den Mut und die Tatkraft der Jugend wieder zu besitzen.
Ich möchte wissen, ob es jemals beobachtet worden ist, daß so viele Menschen am Wege hingesunken sind, und noch hinsinken, blos weil ihnen dieses „Etwas” mangelt, das so plötzlich diesem alten Soldaten zum Bewußtsein kam?
Es ist nicht das Alter, das die Menschen zu Grunde richtet. Es ist etwas viel Arglistigeres, was alle Quellen der Hoffnung und der unerschöpflichen Erneuerung austrocknet. Das Alter ist eine Verherrlichung, eine Ehre — nicht ein Makel.
Als ich mehrere Jahre die Kunstgalerien Europas besuchte, blieb mir eines von den Raphaelschen Bildern im Gedächtnis. Es war die Darstellung der verherrlichten und vollkommenen Menschheit. Dieses Wesen „ohne Alter” wandelte neben einem leidenden Sterblichen, dem es Macht und Kraft mitzuteilen schien. Ich möchte fast sagen, daß dieses Vorbild eines vollkommenen Wesens in seiner beständigen Hilfsbereitschaft typisch sein konnte für das, was unter einem neuen Volk von heutzutage ein alltägliches Ereignis ist. Die alten Meister waren wahre Idealisten.
Eine große Anzahl dieser Menschen schienen gerade bereit zu sein, einzudringen in das Licht, das noch niemals auf dem Meere noch auf dem Lande war.
Christian Science ist zweifellos das Heilmittel für das Alter. Sie hebt die zerstörende Wirkung des Alters auf. „Auf daß” sie „erfüllet” werden „mit allerlei Gottesfülle,” in der „Alter” unbekannt ist.
Die Meister erreichten es besser als sie selber dachten, wenn sie den höchsten menschlichen Begriff „Mensch als nicht alternd” darstellten.
Christian Science offenbart Männern und Frauen, daß Gott ihr Leben ist, und nichts kann das allmächtige und ewige Leben überwältigen.
Ob die Christian Scientisten die unendliche Wahrheit erfaßt haben oder nicht, sie ist hier um erfaßt zu werden. Und in dem Grade in dem sie dieselbe erfassen, wird ein unschönes Alter neuer und herrlicher Fruchtbarkeit Raum machen und die höchste himmlische Kraft, Lieblichkeit und Schönheit des Geistes wird vor ihren niemals versagenden Blicken heraufdämmern.
Martin Luther betete für seinen Freund als er von einer Krankheit befallen wurde, die für unheilbar galt und ihn von seinem Platze in der Reformationsbewegung zu entfernen drohte, wo doch seine Geisteskraft sehr erforderlich war. Luther wußte, daß bei Gott kein Ding unmöglich ist, und Er das tun würde, was Er uns verheißen; und weil Luther diese Kenntnis besaß, konnte er für seinen Freund beten, daß er gesund wurde. Luther wußte: „Des Gerechten Gebet vermag viel, wenn es ernstlich ist.” —
