In immer zunehmender Anerkennung für das treue Wirken derjenigen, die mit der Veröffentlichung unserer Zeitschriften beauftragt worden sind und voll Dankbarkeit für die Hilfe, die ich durch das Lesen der Heilungszeugnisse anderer empfangen habe, halte ich es für ein besonderes Vorrecht, einige meiner eigenen Erfahrungen niederschreiben zu können, die mir zu einem besseren Verständnis der Christian Science verholfen haben, und die vielleicht andern von Nutzen sein werden.
Als ich zuerst anfing, mich für Christian Science zu interessieren, glaubte ich, daß nur Umstände außerhalb meiner täglichen Arbeit belehrend oder hilfreich für mich sein könnten, denn nach meiner Meinung gab es in einer Maschinenwerkstatt wenig, das auf geistige Tatsachen hinweisen könnte; doch glücklicherweise habe ich seitdem gelernt, daß unsere Umgebung keine Schranke für die Wahrheit ist, und manches Mal habe ich während der letzten fünf Jahre in der Werkstatt ausrufen mögen: „Dies ist nichts anderes als Gottes Haus, und hier ist das Tor des Himmels.”
Meine erste Hilfe erhielt ich nun, als ich mit der, für mich erstaunlichen Behauptung kämpfte, daß Gott unveränderlich sei, denn seit Jahren hatte ich fest geglaubt, daß Er Seinen Willen häufig ändere, besonders bei der Erhörung anhaltender Gebete, die Ihn doch sicherlich dazu bewegen müßten, gerade das Gegenteil von dem zu tun, was Er anfangs beabsichtigt hatte. Je mehr ich über dieses Thema nachdachte, je mehr fühlte ich mich entmutigt, und ich fing schon an zu zweifeln, daß ich jemals im stände sein würde, diese so wesentliche Tatsache zu verstehen.
Eines Tages, während meine Augen auf ein wertvolles Winkelmaß ruhten, das uns zur Richtschnur diente, kam mir dieser Gedanke: Die Ursache unseres so sichern Vertrauens in dieses Maß liegt doch nur darin, daß wir genau wissen, seine eiserne Maßstange zeigt immer in einem Winkel eine Entfernung von neunzig Grad vom Schaft, sie verändert sich niemals um unserer Bequemlichkeit willen, sondern wir müssen uns in unserer Arbeit nach ihrem Maß richten. Da schien auf einmal die Werkstatt mit einem klaren, sanften Licht überflutet zu sein, und schneller als ich es aussprechen könnte, wurde mein Herz von der mächtigen Wahrheit erfüllt, in der Erkenntnis, daß ja das ganze Weltall nur auf die Unveränderlichkeit Gottes beruht. Wäre es anders, so könnten wir niemals einer Sache sicher sein, denn wenn wir versuchen wollten, nach einem veränderlichen Vorbild zu arbeiten, würde große Konfusion herrschen. Nachdem mir diese Tatsache so klar gemacht worden ist, hat mich oft in Augenblicken des Zweifelns, wenn mir der Weg so dunkel erschien, der Gedanke unendlich ermutigt, daß zu jeder Zeit und unter allen Umständen, Gott, unser Vorbild und Muster, immer derselbe bleibt.
Die nächste Hilfe, die ich in der Werkstatt erhielt, war, als ich zu verstehen versuchte, daß es notwendig sei, das Zeugnis der physischen Sinne zu verneinen, um zur Tatsache des Seins zu gelangen (Science and Health, S. 120). Es schien mir, als sei diese Lehre nicht praktisch, da das Zeugnis der physischen Sinne, besonders in Krankheitsfällen, uns sehr wirklich und augenscheinlich vorkommt. Daß ich nun diese Beweise widerrufen sollte, schien mir eine Aufgabe, die fast zu schwer zum Unternehmen war.
Eines Tages, gegen Abend, rief mir einer meiner Mitarbeiter zu, der gerade dabei war, ein Stück Messing von ungefähr einem Fuß Länge in einer Drechselbank zu drehen: „Ich habe hier ein gutes Rätsel für dich: rate doch, nach welcher Seite dreht sich, deiner Meinung nach, diese Schneckenwelle?” Ich sah auf das sich schnell wendende Stück Messing, vom schimmernden elektrischen Licht beleuchtet, und meinen Augen nach zu urteilen, war es klar, daß sie rückwärts lief, doch sowie ich den ledernen Riemen bemerkte, durch den die Drehkraft vermittelt wurde, antwortete ich lachend: „Meine Augen sagen mir, daß die Welle nach rückwärts läuft, doch mein Verstand sagt mir durch Beobachtung des Riemens, daß sie notwendigerweise vorwärts laufen muß.” Diese vollkommene optische Täuschung bewies mir deutlich, daß nur die Gewißheit der vollen Wahrheit in betreff des Riemens mich dazu befähigte, richtig zu urteilen, denn da dieser der Schneckenwelle die Drehkraft gab, mußte sie sich genau wie er nach derselben Richtung drehen. Hierdurch wurde es mir auf einmal klar, daß, wenn Gott ewig unveränderlich bleibt, der Mensch, der nach Seinem Ebenbild erschaffen worden ist, für immer Gesundheit, Harmonie und andere Charaktereigenschaften Gottes besitzen und ausdrücken muß, ganz gleich, wieviel auch die physischen Sinne das Gegenteil zu beweisen scheinen, „denn in ihm leben, weben und sind wir.”
Von nun an beschloß ich für mich selber das Demonstrieren zu versuchen und durch das Verständnis, das ich mir zu eigen gemacht hatte, konnte ich alle Schmerzen von einer schweren Brandwunde an meiner Hand entfernen und zwar augenblicklich, und später ein körperliches Leiden überwinden an dem ich seit zwei Jahren gelitten hatte. Wenn ich sage, daß ich über diese Resultate erstaunt war, drücke ich es nur sehr gelinde aus, und trotzdem kam mir nach einigen Tagen der Gedanke, daß ich gewiß ganz von selbst gesund geworden wäre. Doch noch einmal erhielt ich eine Lektion durch meine tägliche Arbeit und zwar dieses Mal durch einen Verweis. Wir waren damit beschäftigt, elektrische Lampen zu verfertigen und es geschah, daß ein gewisser Teil seine Funktion nicht verrichten wollte. Nun wurde eine Veränderung in den Grundbedingungen der Konstruktion vorgenommen, die zu einem sehr befriedigenden Resultate führte. Ich zögerte niemals, bei Erwähnung dieses Themas zu behaupten, daß die Ursache dieses Erfolges nur darin läge, daß die Veränderungen gemacht worden wären. Eines Tages hörte ich nun eine sanfte Stimme, tief in meinem Innern: „Glaubst du denn nicht auch, daß das gewünschte Resultat auch ganz von selbst erzielt worden wäre?” Und hierdurch wurde augenblicklich der früher erwähnte, unehrliche Gedanke, der Gott berauben wollte, aufgedeckt, und ich sah ein, wie unrecht ich getan hatte, nicht Ihm die Ehre gegeben zu haben, dem sie gebührte. Ich erkannte auch, daß die in meinem Bewußtsein zunehmende Ehrlichkeit mich veranlaßt hatte, dies einzugestehen, und daß nur das Studium der Lehren, wie sie in „Science and Health“ von Mrs. Eddy geschrieben sind, mich in solchen Einklang mit Gott gebracht hatten, daß diese natürlichen Resultate folgten. Es war ja klar zu sehen, daß trotz meiner geringen Kenntnis dieses Buches, doch schon eine Veränderung in meinem Bewußtsein vorgegangen war, genau so augenscheinlich wie die Veränderung, die wir mit den Lampen gemacht hatten. Von der Zeit an habe ich versucht, ehrlich gegen Gott, meine Mitmenschen und mich selber zu sein, indem ich von den vielen Segnungen, die ich und die Meinigen durch das allmähliche Verständnis der Christian Science erlangt haben, gern und frei gesprochen habe.
Ich habe Christian Scientisten kennen gelernt, welche zeitweise entmutigt waren durch die scheinbare Langsamkeit in ihrem geistigen Wachstum, indem sie ihren gegenwärtigen Fortschritt mit den schnellen Schritten verglichen, die sie ihrer Meinung nach im Anfang gemacht hatten, und dennoch bewiesen die fortwährenden Veränderungen in ihrem Gedankengang und täglichen Leben, den ihnen nahe Stehenden gegenüber, ein gewissenhaftes innerliches Arbeiten. In dieser Beziehung hat mir die Beobachtung eines Maschinenbaues nach Plänen und genauen Verzeichnungen viel geholfen. Während der anfänglichen groben Arbeit, wenn große Späne von der Drehbank und den Hobeln fallen, ist es leicht, den Fortschritt zu bemerken, aber wenn es zum Schluß zum feineren Ausarbeiten kommt, ist dies ganz anders, denn die Arbeiter haben manchmal den ganzen Tag mittelst Vergrößerungsgläser und so feinen Instrumenten, die genauer als ein Tausendstel des Centimeters messen, gearbeitet und doch kann man gegen Abend kaum sehen, daß etwas geschaffen worden ist; dennoch weiß man, daß jeder Tag das Werk seiner Vollendung näher bringt. Je feiner die Arbeit, je mehr Geschicklichkeit erfordert sie und je genauer müssen die Musterzeichnungen beachtet werden, denn ein kleiner Fehler in ihren Angaben würde viel unnötige Arbeit des Verbesserns in Anspruch nehmen, während ein gewissenhaftes Studium der Pläne und sorgfältiges Arbeiten schließlich den gewünschten Erfolg bringen wird, so daß, wenn die Maschine vollendet ist, sie das genaue Abbild der Idee ihres Baumeisters ist.
Die Lehre, die ich aus all diesem zog, war die, daß wir anfangs, wenn wir uns bemühen, die vollkommene Idee Gottes in uns zu verwirklichen, wir so vieles in uns entdecken, was dem gesetzten Vorbild so unähnlich ist, daß in dem Bestreben, unsere Fehler abzulegen, sie gleich den erwähnten Hobelspänen davon zu fliegen scheinen, und wir deutlich unsern Fortschritt erkennen können, aber jeder Christian Scientist weiß, daß, wenn das Gröbste in uns überwunden ist, die Arbeit der Umwandlung gerade erst angefangen ist, denn vollkommene geistige Wiedergeburt erfordert unsrerseits ein sehr genaues Arbeiten, um auch jede feine Form des Irrtums, die das menschliche Bewußtsein erfüllt, entdecken und zerstören zu können. Wie sorgfältig müssen wir sein, immer die vollkommene Idee im Geiste zu behalten, und wie genau müssen wir den Instruktionen unseres Lehrbuches folgen, wenn auch unserem ungeduldigen Denken nach, der Fortschritt ein sehr geringer zu sein scheint. Die Aussicht auf das mächtige Werk, das vor uns liegt und die Gewißheit, daß uns jeder Tag mehr und mehr in Einklang mit dem Einen Geist bringt, sollte immer unser Herz mit Frohsinn erfüllen.
Zum Schluß möchte ich noch einige Worte hinzufügen. Ich habe unter den Maschinenbauern im allgemeinen gefunden, daß sie mit Anerkennung und Dankbarkeit von denen sprechen, die ihnen Instruktionen gegeben und ihnen geholfen haben, geschickte Arbeiter zu werden, und je mehr diese ersten Belehrungen beachtet und befolgt worden sind, je lauter war das Lob. Dies ist ebenso wahr mit dem Studium der Christian Science, denn je besser ich verstehe und je mehr ich das Gelernte praktisch anwende und übe, desto größer wird das Gefühl liebender Dankbarkeit für Mrs. Mary Baker Eddy für alles, was sie für uns und die ganze Menschheit getan hat, indem sie in leicht begreiflicher Auslegung uns ein besseres Verständnis von Gott gegeben hat.
