Viele gute Leute haben versucht, die Ungerechtigkeit des sogenannten Naturgesetzes, das grausame Unrecht, das den Unschuldigen und Rechtschaffenen oft zugefügt wird, so zu erklären, daß sie dies einem notwendigen Umstand der Rasseneinheit zuschreiben wollen. Sie mahnen uns daran, daß „kein Mensch für sich selber lebt” und daß ein jeder durch seine Identität mit der Rasse den Schwächen unterworfen sei, die aus den Fehltritten und Sünden der Rasse entstanden sind. Ferner behaupten sie, daß diese Leiden im ganzen zuträglich seien, daß sie vor der Übertretung des Gesetzes warnen und somit auf Rassenfortschritt hinweisen. Jemand sagte kürzlich: „Unsere Vorväter haben ihre Zustimmung zum Fällen der Bäume des Waldes gegeben, zur Entblößung der großen Gewässer, und wenn die Flüsse austreten und das Land überschwemmen und Unglück und Verderben bringen, dann beklagen wir uns über die Grausamkeit des Naturgesetzes! Wenn die Menschen weise geworden sind, werden diese Angelegenheiten berichtigt werden und nicht bis dann.”
Dies hört sich sehr vernünftig an. Es erkennt die unleugbare Tatsache menschlicher Kurzsichtigkeit und Irrtümer und scheint überdies eine vernünftige Erklärung der Vervielfältigung des Übels durch angeerbte Krankheiten, Ansteckung usw. und weist fortwährend darauf hin. Ein wenig Nachdenken wird jedoch die Täuschung der ganzen Auffassung darin bloßlegen, daß dies nur eine Wiederholung des lange geachteten, doch jetzt unannehmbaren Diktums ist, nämlich „daß wir in Adams Abfall alle sündigten.”
Die Tatsache einer Rasseneinheit in der menschlichen Geschichte, die uns unverdientes Elend gebracht hat, kann nicht geleugnet werden, noch die Tatsache, daß diese tragischen Begebenheiten ein untrügliches Zeichen von jemandes unweisem Denken und Betragen sind, doch ist es gänzlich ungerechtfertigt, daraus zu schließen, daß solche Rasseneinheit gesetzmäßig ist. Der fragliche Punkt ist dies: Ob jene Bestimmung des menschlichen Lebens, die notwendig die Bestrafung der Unschuldigen anstatt der Schuldigen in sich schließt, eine göttliche Vorsicht ist? Als Antwort auf diese Frage erklärt die Christian Science, daß der Glaube an eine solche Rassenabhängigkeit, die derartige Resultate hervorbringt, unwahr ist, daß dies nicht von Gott kommen kann und folglich weder Raum noch Macht besitzt, ausgenommen im Bereiche falscher Auffassung.
Die Anstrengung, Ungerechtigkeit dadurch erträglicher zu machen, daß man sie für das Ergebnis göttlicher Anordnung erklärt, charakterisiert die Lehre der Freunde Hiobs sowohl als mancher modernen Verteidiger dieser Ansicht; aber es scheint als ob Jeremia deutlich den Trugschluß dieser Schlußfolgerung erkannte (siehe Kapitel 31: 29, 30), während Hesekiel ganz beredt in seiner Verwerfung der ganzen Idee wird (siehe Kapitel 18).
Es ist sicherlich das Beste für die Rasse und für jedes Glied derselben, daß Sünde Leiden bringen soll und sich schließlich vernichten, doch die Angabe, daß Gott eine Verordnung getroffen habe, wodurch es der Sünde erlaubt sei, den Unschuldigen Leiden zu bringen, ist gänzlich unhaltbar, weil es Gott weniger der Gerechtigkeit und dem Recht getreu machen würde, als Er es unbedingt von den Menschen verlangt. Ein Verstoß gegen den moralischen Sinn wird dadurch nicht erträglicher gemacht, daß man den Rang des Verbrechers erhöht. Wenn man das Gemetzel der Unschuldigen, welches noch in jeder Stadt und jedem Dorf der Welt vor sich geht, dem Gesetz der Liebe zuschreibt, so würde man „den Geist der Wahrheit” entthronen und den Geist des Herod erhöhen.
Die falsche Ansicht des allgemein angenommenen Gedankens einer Rassenabhängigkeit liegt in der Tatsache, daß dies von der Erde, irdisch ist. Es beginnt mit Erde anstatt mit dem Geiste. Es behauptet, daß der Ursprung, die Natur und die Empfänglichkeit materiell sei, daß, so grausam und ungerecht die angegebenen Gesetze der Materialität auch sein mögen, sie nicht nur unabwendbar, sondern auch sozusagen am besten sind. Diesem stoischen, niederdrückenden Glauben bietet die Lehre der Christian Science den möglichst größten Gegensatz. Ihre Auffassung von Rasseneinigkeit ist wie ihre Auffassung von allen andern Wirklichkeiten geistig, ist nicht auf Staub konzentriert, sondern auf das Göttliche. In der Christian Science hat die Rasse keine andere Einigkeit und kann keine andere haben als die, welche auf Einigkeit aller rechten Ideen gegründet ist. Es ist eine Zusammengehörigkeit, welche „die ewige Wahrheit und Einigkeit Gottes mit dem Menschen” offenbart (Science and Health, S. 502), sie ist nicht in einer Unterwerfung zum ungerechten materiellen Gesetze ausgedrückt, sondern in einer allgemeinen Freiheit und Erhabenheit unter der Regierung der Wahrheit und Liebe, Jesus lehrte und brachte den Segen dieser Regel und bewies, daß sie in menschlicher Erfahrung zu einer Demonstration gebracht werden muß, damit der Mensch nicht länger für den Begriff der Rassenabhängigkeit empfänglich ist, die allgemeines Leiden verursacht, sondern für den Begriff, welcher zur Verwirklichung der Freiheit der Kinder Gottes führt; und die Christian Scientisten freuen sich heute, daß diese Lehre des Meisters wieder als wahr bewiesen ist.
Mrs. Eddy bringt diesen Gegenstand in ein helles Licht, wenn sie sagt: „Das Weltall, sowohl als der Mensch muß durch die Christian Science von ihrem göttlichen Prinzip, Gott, erklärt werden” (Science and Health, S. 124).