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Einigkeit.

Aus der Dezember 1909-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Aesops Fabel: „Der Löwe und die Stiere” enthält für die Christian Scientisten eine ausgezeichnete Lehre.

Die Fabel lautet folgendermaßen: „Drei Stiere weideten in größter Eintracht und gegenseitiger Freundschaft auf einem Felde. Ein Löwe hatte sie schon lange beobachtet und wartete auf Gelegenheit, sie zu erbeuten; aber solange sie zueinander hielten, hatte er wenig Aussicht auf Erfolg. Er begann daher üble Nachreden und Verleumdungen unter den Stieren zu verbreiten, bis er Eifersucht und Mißtrauen gesät hatte. Sobald er sah, daß sie sich mieden und jeder für sich weidete, fiel er einzeln über sie her und verzehrte so einen nach dem andern als leichte Beute.”

Das Verhalten der Christian Scientisten wird scharf beobachtet, und sie haben dagegen nichts einzuwenden, denn es muß zum Besten aller dienen. Die heilende und erlösende Botschaft der Christian Science ergeht an die ganze Welt, und ehrliche Anhänger dieser Lehre streben danach, in ihren Worten und Taten — im öffentlichen wie im privaten Leben — keinem Menschen ein Stein des Anstoßes zu sein, sondern die Mahnung des Psalmisten zu beherzigen: „Siehe, wie fein und lieblich ist’s, daß Brüder einträchtig bei einander wohnen!”

In der Einheit des scientifischen (wissenschaftlichen) Gedankens, Strebens und Handelns liegt Macht. Diese Einigkeit bedingt individuelle Arbeit seitens eines jeden Einzelnen und kann nur in dem Maße erreicht werden, wie wir teilnehmen an der Weisheit von oben her, von welcher es heißt, sie sei „aufs erste keusch, darnach friedsam, gelinde, läßt sich sagen, voll Barmherzigkeit und guter Früchte, unparteiisch, ohne Heuchelei.” Ferner bedingt diese Einigkeit, daß wir lernen, wie Gott Krankheit, Sünde und Selbstsucht heilt, auf daß wir „heilig und Gott wohlgefällig” sein mögen. Selbstlose Liebe verleiht uns stets Macht und Überlegenheit. Wo Liebe regiert, da ist Friede, Freude und Sicherheit. Selbstlosigkeit bedeutet beständige Selbstverleugnung; sie nimmt dem Irrtum jedes scheinbare Leben und jede vermeintliche Macht. Liebe treibt uns an, liebevoll, freigebig, gerecht, freundlich und verträglich zu sein. Als Christian Scientisten wissen wir, daß schon viel in dieser Hinsicht getan worden ist, daß aber noch weit mehr ausgerichtet werden muß, ehe wir mit dem Meister sagen können: „Ich habe die Welt überwunden.”

Der heilige Wunsch, der Menschheit Segnungen zu bringen; sie geistig zu fördern; gegen andre so zu handeln, wie wir wünschen, daß uns geschehe; nur solche Gedanken zu haben, die vor dem himmlischen Vater bestehen können: dieser Wunsch verbindet die menschliche Gesellschaft zu einer harmonischen Brüderschaft, und nur dann, wenn wir es unterlassen, diese Brüderschaft in der täglichen Praxis zu beweisen, laufen wir Gefahr, vom Feind überfallen zu werden. Wo Liebe die treibende Kraft ist, gibt es keinen Kampf, keine Trennung, keinen Streit um Macht oder Stellung, kein Verleumden, keine üble Nachrede, keine Bosheit.

Es ist interessant zu beobachten, wie in der Fabel Friede und Eintracht herrschte, bis der Löwe im Geheimen üble Gerüchte und Verleumdungen unter den Tieren verbreitete und auf diese Weise Argwohn und Uneinigkeit stiftete. Von dem Augenblick an, wo wir auf Derartiges horchen, haben wir dem Feind Tür und Tor geöffnet, und das englische Sprichwort bewahrheitet sich: „Wenn Freunde anfangen sich zu zanken, so ist den Feinden das Feld offen.” Durch Beobachtung und Erfahrung lernen wir, daß einer der listigsten Anschläge des Irrtums darin besteht, Zwietracht unter Brüdern zu säen. Wenn wir Gleichgültigkeit, Mißtrauen oder Eifersucht gegen unsre Freunde hegen, besonders gegen Glaubensgenossen, so können wir sicher sein, daß der schlaue alte Löwe des sterblichen Bewußtseins seine üblen Gerüchte in die Welt schickt. Es ist dann unsre Pflicht, sofort zu erkennen, was vorgeht, und Abhilfe zu schaffen. Der alte Löwe ist schlau genug, um zu wissen, daß wir Gott, den wir nicht sehen, unmöglich lieben können, wenn wir unsern Bruder, den wir sehen und kennen, nicht lieben. Insofern wir der Mahnung unsrer Führerin, uns täglich gegen „mentale Angriffe auf suggestivem Wege” (Kirchenhandbuch) zu schützen, Folge leisten, bewahren wir die Reinheit der Christian Science und arbeiten an ihrem Fortschritt. Die meisten unsrer Scheinbaren Kümmernisse entstehen durch Suggestion, und nur nach und nach lernen wir diesen schlauen Feind entlarven und vertreiben. Wir sehen mit der Zeit ein, daß mehr als Bekenntnis nötig ist, um „alle Vernunft unter den Gehorsam Christi” gefangen zu nehmen. Nur durch tägliche und beständige Arbeit können wir unsre Gedanken vergeistigen. Der blinde Glaube, daß ein sogenanntes Jenseits alles ausgleichen und uns das geben werde, was zu unsrer geistigen Wohlfahrt gehört, ist zu nichts nütze. Wenn wir zurückblicken, werden die meisten von uns zugeben, daß dieser selbstzufriedene Glaube an eine nachweltliche Erlösung nur ein schlauer Versuch des Irrtums ist, uns in Unwissenheit über die wahre Natur des tierischen Magnetismus (des Übels) zu halten und uns betreffs der dringenden Notwendigkeit, das Böse hier und jetzt zu überwinden, in Unwissenheit zu erhalten.

Wer in der Liebe lebt, reflektiert Liebe. Wenn wir wahre geistige Arbeit zu unsrer Lebensaufgabe machen, werden wir „keine Zeit zu törichtem Reden über falsches Gesetz oder Zeugnis” übrig haben („Science and Health,“ S. 238). Vergessen wir aber die Mahnung: „Das Gute fordert von uns, daß wir jede Stunde an der Lösung unsres Lebensproblems arbeiten” (Ibid, S. 261), so werden wir für falsche Einflüsse empfänglich, und Bosheit, Neid und Eifersucht, herzlose Kritik und Feindseligkeit können sich breit machen. Wo diese Eigenschaften im täglichen Verkehr mit den Mitmenschen zum Ausdruck kommen, ist die Liebe zur Christian Science für den Augenblick vergessen, und es ist dann nicht zu verwundern, wenn gesagt wird: „Ist das Christian Science? Nein, dann will ich nichts mit derselben zu tun haben!” Ehrliche Anhänger wissen, was Christian Science ist; ihre Hauptaufgabe besteht darin, alles das zu überwinden, was Christian Science nicht ist. Wenn sie ernstlich danach streben, diese so überaus wichtige Arbeit zu tun, werden sie nicht Gefahr laufen, ihren Mitmenschen ein Stein des Anstoßes zu sein. „Christian Scientisten können nicht anhaltend genug wachen, können ihre Tür nicht fest genug verriegeln, noch Gott inbrünstig genug um Erlösung von allen Ansprüchen des Übels bitten. Auf diese Weise werden Scientisten böse Suggestionen zum Schweigen bringen, deren wahres Wesen aufdecken, und deren versteckten Einfluß auf das Leben der Sterblichen Einhalt tun” („Miscellaneous Writings,“ S. 114).

Das eigentliche Wesen der Liebe treibt uns an, „brüderlich” zu sein. Hierin liegt die einzige Macht und der einzige Schutz, welcher den Nachfolgern Christi, der Wahrheit verliehen ist. „Dabei wird jedermann erkennen, daß ihr meine Jünger seid, so ihr Liebe untereinander habt.” Wenn wir dieses Band der christlichen Einheit aus dem Auge verlieren und voneinander Böses reden oder vermuten, so fallen wir dem Feind als leichte Beute zu. Jeder Schritt vorwärts in der Christian Science Bewegung kennzeichnet sich durch größere Liebe und Einigkeit unter ihren Nachfolgern. Wo Liebe und Einigkeit fehlen, gibt es keinen wahren Fortschritt.

Christi Liebe für die Menschheit war weit mehr und ist auch heute noch weit mehr als eine bloße Theorie. Die Welt ist auf dem besten Wege dies anzuerkennen. Die selbstlose Lebensarbeit unsrer verehrten Führerin sowie die Ehrlichkeit und Aufrichtigkeit ihrer Anhänger werden heute besser denn je verstanden. Wahre Menschenfreunde — ganz gleich, welcher Kirche sie angehören — werden sich der allgemeinen Brüderschaft der Menschen immer mehr bewußt. Sie heißen den echten Christian Scientisten als Wohltäter und Mitarbeiter willkommen. Kritik und Tadel weichen der Anerkennung und Wertschätzung der Christian Science Arbeit.

Wenn die Liebe zu unsrer Sache den ersten Platz in unserm Leben einnimmt, dann werden wir in Einigkeit des Glaubens und der Erkenntnis vorwärtsschreiten, zu einander halten, die Kranken heilen und Sünde vernichten, bis zuletzt „des Menschen Unmenschlichkeit gegen den Menschen” der Vergangenheit angehören wird.


Arm ist, wen in seinem engen
Kreis das Ich gefangen hält,
Aber denen, die ihn sprengen,
Blüht und duftet reich die Welt.

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