Hoffnung für einen jeden.
Christian Science ist vor allem deshalb eine Wohltat für die Menschheit, weil sie den Beweis erbringt, daß für einen jeden Menschen Hoffnung ist. Sie ermutigt selbst diejenigen, die denken, sie seien verloren oder unheilbar. Sie kommt zu den Verlassenen und Hilflosen und überzeugt sie durch unwiderlegbare Beweise, daß ihre Lage nicht so schlimm ist, wie sie gedacht hatten; daß das Übel nicht so mächtig ist wie es vorgibt, weil es keine göttliche Autorität, keine gesetzliche Berechtigung hat; daß im Gegenteil des Menschen Ursprung in Gott ihn berechtigt, den Sieg des Guten zu erwarten; daß Friede, Harmonie, Gesundheit und Freiheit von Sünde sein Erbteil sind; daß ihm ein liebender Vater Kraft, Anmut und Schönheit zugesichert hat; daß die Liebe, welche höher ist denn alle Vernunft, zuletzt all sein richtiges Streben mit Erfolg krönen wird.
Christian Science begründet diese natürliche Hoffnung; ja sie tut weit mehr: sie unterrichtet die Menschen in den Grundzügen des wahren Glaubens und zeigt ihnen, daß die Hoffnung der Erlösung auf Grund metaphysischer Tatsachen berechtigt ist. Der Glaube reift rasch zum Verständnis heran, wenn der Studierende den Buchstaben praktisch anwendet. Gleich von Anfang an wird der Schüler durch neue und vielversprechende Aussichten ermutigt; und was noch weit wichtiger ist: die Beweise der unendlichen Macht und Güte Gottes spornen ihn an die nötigen Schritte zu tun. Wer sich auf diesem Wege befindet, wandelt mit Gott, steht im Umgang mit Geist, wird von der göttlichen Gnade, die wie Tau vom Himmel fällt, neu erfrischt und gestärkt, hat Gemeinschaft mit Christo Jesu, gewinnt einen genauen Einblick in dessen Worte und Werke und gereicht seiner Umgebung zum Segen. Eine Laufbahn, welche so beginnt, wird nie enden; auf derselben entfaltet sich die Wahrheit über die unendlichen Ideen Gottes mehr und mehr.
Keine Gefühlserregung, keine Suggestion.
Es ist in der Christian Science unmöglich, vermittelst Gefühlserregung den Sünder zu bekehren und den Kranken zu heilen. In allen Fällen beruht die gute Wirkung auf Wissenschaft, auf einem Verständnis geistiger Wahrheit. Man kann ebenso unmöglich die Kranken durch Christian Science heilen, solange man glaubt, die Krankheit habe ihren Ursprung in Gott, als man den Sünder bekehren kann, solange man Gott für den Urheber der Sünde hält. Niemand, der den Ursprung des Übels auf Gott zurückführt, kann, wenn er konsequent sein will, die Zerstörung des Übels wünschen. Kein Sterblicher darf die Hand an die Werke des Unsterblichen legen. Die segenbringende Theologie der Christian Science, welche das Übel als ungesetzlich und als von Gott nicht genehmigt bezeichnet, gibt jedem Nachfolger Christi eine Vollmacht in die Hand, laut deren er Sünde und Krankheit, wo er sie auch findet, sofort bloßstellen und als Erdichtungen der Vergessenheit übergeben darf.
Ferner ist es in der Christian Science unmöglich, durch sogenannte Suggestion den Sünder zu bekehren und den Kranken zu heilen. Der Praktiker, welcher den Kranken beeinflußt, überredet oder zwingt irgendetwas zu glauben, was er selbst nicht glaubt, betrügt sowohl sich wie den Kranken, möge man die Methode Mentalsuggestion, Mesmerismus, tierischen Magnetismus oder Hypnotismus nennen. Wer einem andern einen mentalen Zustand suggeriert, den er zwar für wünschenswert aber zugleich für unwahr hält, handelt nicht der Christian Science gemäß. Die Ausübung der Christian Science läßt keine fragliche oder zweideutige Stellung zu. Sie ist die Wiederspiegelung der Wahrheit auf den Kranken — das Erkennen und Sichvergegenwärtigen des einen wahren Gottes und des wahren Menschen, der nach dem Bilde Gottes geschaffen ist. Nur die Wahrheit, die ganze Wahrheit befriedigt die Ansprüche der Christian Science; nicht eine Wahrheit, welche die Zustimmung der physischen Sinne nötig hat, sondern die geistig beurteilt werden muß, die jetzt festgestellt ist, die stets bestand und stets bestehen wird. Nichts kann über diese Wahrheit die Oberhand gewinnen.
Es gibt keine unheilbaren Krankheiten.
Christian Science beweist, daß kein Übel wirklich, ewig oder unheilbar ist, sondern daß alles Übel dem fleischlichen Sinn, dem Sinn der Sterblichen entspringt; daß es dem Geiste Gottes, dem Allmächtigen unterworfen werden kann, wofern die Menschheit die zur Heilung und Vergebung nötigen Vorbedingungen erfüllt. Ganz einerlei, in welcher Weise das Übel erscheinen mag, sei es als ein moralischer, geistiger oder physischer Zustand, als eine vererbte Neigung oder Idiosynkrasie, als ein Verlust geistiger Kräfte als scheinbar eingefleischte und unbezähmbare sinnliche Begierden, als organische Krankheiten oder Funktionsstörungen, als akute oder chronische Leiden — in all diesen Fällen ist unendlicher, allmächtiger Geist der Notlage gewachsen. Er vernichtet bereitwilligst jede Erscheinungsform des Übels, insofern sich die Menschen in Gottes Verordnungen fügen. Selbst die Ansicht der hervorragendsten und menschenfreundlichsten Ärzte, daß gewisse Leiden unheilbar seien, sind Gott gegenüber absolut wertlos, denn der göttliche Geist, welcher alles macht, was gemacht ist und es als gut erkannte, ist auch in solchen Fällen allen denen ein Erlöser und Heiler, die ernstlich und verständnisvoll beten gelernt haben. Oder sollte sich infolge von Überanstrengung, unzusagendem Klima usw. dem materiellen Gesetz gemäß ein Leiden einstellen, so ist Gott dennoch der Nothelfer; mit Seinem unabänderlichen Gesetz kann Er auch in solchem Fall Gesundheit und Glückseligkeit wiederherstellen.
Selbst in Fällen wo Gebrechlichkeit von moralischen Vergehen oder von irgendeiner andern Sünde herrührt, kann man das Gesetz Gottes in Anwendung bringen, um den Hang zur Sünde, die Furcht vor derselben sowie jede Spur ihrer physischen oder sonstigen Folgen zu vernichten. Die sogenannten Gesetze, welche Sünde und Krankheit hervorrufen und auf welche diese sich stützen, sind nicht göttlichen Ursprungs; andernfalls wäre es töricht, sie gleichzeitig mit Sünde und Krankheit zerstören zu wollen. Dadurch, daß man die Menschheit mit schaudererregenden Beschreibungen und durch Androhung furchtbarer Strafe in Schrecken zu setzen suchte, ist der Einfluß des Übels nicht vernichtet worden; vielmehr hat dasselbe dadurch seine scheinbare Macht gewonnen. Die Zeiten sind vorüber, da die leidende Menschheit durch Furcht Gott näher gebracht oder in den Himmel hineingetrieben werden konnte. Die öffentliche Meinung erkennt jetzt die Furcht als eine Saat an, welche gar manches schädliche Unkraut hervorbringt. Wenn dieses Unkraut unter den guten Samen kommt, schädigt es dem Landmann den Ertrag seines Feldes, bis es zur Erntezeit in Bündel gebunden und mit Feuer verbrannt wird. Wer andre durch Furcht zu beherrschen oder zu beeinflussen sucht, selbst wenn es gut gemeint ist, der sät verderbenbringenden Samen ins menschliche Bewußtsein, wo er keimt und sich zum eignen Verderben entwickelt.
Besteht das zu beseitigende Übel im Verlust des Lebensunterhaltes, ist Furcht vor Mangel oder Beschränkung vorhanden, so weist Christian Science auf das Gegenmittel hin, nämlich auf die wahre Bedeutung des Wortes Substanz. Mrs. Eddy erklärt in ihrem Werk, „Science and Health“, daß Geist Substanz ist. Der materielle Sinn kann die wahre Substanz nicht sehen; nur der geistige Sinn versteht und erfaßt das Ewige und Unverwelkliche. Es ist der Menschheit geboten, sich über das Wesen der wahren Substanz klar zu werden, sich an ewiges Leben und unerschöpfliche Liebe anzuklammern und die falschen Begriffe zu beseitigen, welche der materielle Sinn dem Eigennutz und der Habgier vorhält oder durch Furcht vor Verlust vergrößert.
Gott erkennen heißt im Besitz dieses Lebens und dieser Liebe sein; es heißt alles haben. Jesus sagte: „Trachtet am ersten nach dem Reich Gottes und nach seiner Gerechtigkeit, so wird euch solches alles zufallen.” Wenn sich beim Menschen Furcht vor Mangel geltend machen will, so kann er sich mit Entschiedenheit von dieser Furcht ab- und Gott zuwenden; er kann über „die Dinge ... die des Geistes Gottes sind” (Züricher Bibel) nachdenken — die Dinge, welche den geistigen Sinnen wahrhaft substanziell erscheinen, obgleich die materiellen Sinne sie nicht sehen. Erfrischt durch diesen Umgang mit Gott, aus dessen Gegenwart Furcht auf ewig verbannt ist, kann der Mensch sich seiner Tagesarbeit mit gestärktem Herzen und erleuchtetem Geist widmen, und wenn er dann nur guten Gedanken Einlaß gewährt, werden seine täglichen Bedürfnisse befriedigt.
Und so gibt es also in dem ganzen Register menschlicher Schwächen und Leiden nicht ein einziges, das nicht durch Christian Science geheilt worden wäre. Gott ist stets zur Hilfe bereit, Seine Gnade ist unerschöpflich. In unzähligen Fällen ist die Allmacht Gottes durch die guten Werke der Christian Science bewiesen worden, und kein aufmerksamer Beobachter kann sich dieser Tatsache verschließen.
Christian Science ist unentbehrlich.
Die segensreiche Tätigkeit der Christian Science ist tatsächlich so umfangreich, so weitverbreitet und sie macht sich so allgemein fühlbar, daß sie der Menschheit bereits unentbehrlich geworden ist. Wenn wir sehen, was Christian Science in taufenden von wohlverbürgten Fällen in geistiger, moralischer und physischer Hinsicht zur Förderung der Menschheit beigetragen hat; wenn wir bedenken, daß dieses Rettungswerk schon seit mehr als vierzig Jahren betrieben wird und daß diese Bewegung in immer größerem Verhältnis wächst: kann dann ein einziger von uns den Stand der öffentlichen Meinung zurückwünschen, den Mrs. Eddy vorfand, als sie Christian Science entdeckte?
Die geistige Auslegung der Bibel.
Ein weiterer Grund, warum die Menschheit so dankbar für die Christian Science ist und deren Entdeckerin so hoch achtet, ist darin zu finden, daß die Welt jetzt eine geistige Auslegung der Bibel hat. Mrs. Eddy beschreibt ihr Lehrbuch als „Science and Health with Key to the Scriptures“ (Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift). Vielen ernsten Christen, die mit der althergebrachten wörtlichen Auslegung der Bibel nicht zufrieden waren, dient dieses Werk als Schlüssel, der ihnen die Schrift eröffnet. Das Christian Science Lehrbuch ist ein Kommentar zur Bibel. Er macht dem kirchlich Gesinnten die Bibel besser verständlich; er wirbt derselben neue Freunde, indem er dem Gleichgültigen, dem Zweifler und dem Ungläubigen deren Logik und Schönheit erschließt. Durch den Einfluß des Christian Science Textbuches wird jetzt die Heilige Schrift in der ganzen Welt viel mehr als früher gelesen und studiert, woraus sich der weit größere Verkauf von Bibeln in diesem unserm zwanzigsten Jahrhundert erklärt.
Kann ein Mensch, der im elterlichen Hause die Bibel kennen lernte, der sie in späteren Jahren unbeachtet ließ und der dann durch Christian Science wieder zu ihr geführt wurde — kann ein solcher jemals vergessen, wie schön ihm die alten, wohlbekannten Bibelstellen erschienen, als er sie im Lichte der neuen Auslegung las? Metaphysisch aufgefaßt erhalten die Erfahrungen der Patriarchen und Propheten sowie die nationalen Wechselfälle der Kinder Israel eine Bedeutung, die auf das tägliche Leben anwendbar ist. Erst jetzt wird es klar, daß die Werke Jesu natürliche Demonstrationen des Geistes waren, Demonstrationen, die für alle Leute und für alle Zeiten von hoher Bedeutung sind. Wie durch ein Aufblitzen geistiger Erleuchtung werden viele bisher dunklen Worte des Meisters jetzt völlig verständlich. Wer das Christian Science Textbuch studiert, lernt Jesum als das große Vorbild kennen, dem ein jeder bis zu einem gewissen Grade nachfolgen kann. Er sieht in ihm mehr als einen Verkünder von scheinbar widersprechenden Lehren oder einen Wundermann, dessen Taten wohl für seine Zeit Wert hatten, aber uns nichts nützen. Jesus sagte in Bezug auf sich selbst: „Ich bin dazu geboren und in die Welt gekommen, daß ich für die Wahrheit zeugen soll. Wer aus der Wahrheit ist, der höret meine Stimme.” In Bezug auf diese Wahrheit prophezeite er den Juden: „Und werdet die Wahrheit erkennen, und die Wahrheit wird euch freimachen.”
Im Lichte der Christian Science wird es klar, warum Jesu Nachfolger, seine Jünger und Apostel sowie die ersten Christen mit den Schwierigkeiten zu kämpfen hatten, die wir im Neuen Testament aufgezeichnet finden, und man versteht die Art und Weise, wie der fleischliche Sinn den Fortschritt der Wahrheit, die Jesus kundtat, verhindern wollte. Wer das Lehrbuch der Christian Science als einen Kommentar zur Bibel studiert, lernt die erhabene Symbolik der Offenbarung verstehen, und das Geheimnis der wahren Schöpfung wird ihm im ersten Buch Mosis enthüllt. Und umgekehrt: je mehr die Lehren der Christian Science im Lichte der Heiligen Schrift geprüft werden, desto mehr wächst die Überzeugung, daß sie biblisch und echt christlich sind.
Nachdem jedoch alles gesagt worden ist, was über dieses Thema gesagt werden kann, bleibt es dennoch Tatsache, daß eine Wissenschaft, mit der man nicht durch tatsächliche Anwendung bestimmte Resultate erzielt hat, keineswegs als echt bewiesen worden ist. Die Welt hat viele philosophische Systeme und Glaubenslehren gesehen, die wohl als Theorie befriedigten, die sich aber, auf das Alltagsleben angewandt, als unzulänglich, ja oft als unheilvoll erwiesen. Christian Science verlangt nicht, daß die Menschheit ihre Lehre ohne weiteres annehme, möge diese auch noch so vernünftig erscheinen. Es wird erwartet, daß man Christian Science in Anwendung bringe; dann beweist sie sich als ausführbar, praktisch, wohltuend und kraftvoll — als ein Förderer des Guten und Zerstörer des Übels. Wenn man sie in die Tat übersetzt, beweist sie die Wahrheit ihrer Darlegungen und ist deshalb unabhängig von der Ansicht eines Sterblichen, unabhängig von der Gesamtheit der Sterblichen. Sie lebt und wirkt, weil sie wahr ist, denn Wahrheit ist unsterblich. Sie steht allen denen zu Diensten, die ihre Vorschriften befolgen. Sie ist stets anwendbar gewesen und wird stets anwendbar sein, da sie ewig wahr ist.
Da sich nun die Lehren der Christian Science auf die Bibel stützen, so darf man mit Recht annehmen, daß auch ihre Werke in der Bibel verzeichnet sind; daß die Bibel nicht nur die Grundprinzipien dieser Wissenschaft enthält, sondern auch die Angabe von bestimmten Fällen, in denen die Anwendung dieser Wissenschaft durch Beispiele veranschaulicht worden ist. Tatsächlich hat sich diese berechtigte Erwartung bestätigt. Vom Anfang bis zum Ende berichtet uns die Bibel vom Sieg des Geistes über die Materie, der Wahrheit über den Irrtum, des Lebens über den Tod. Diese Beispiele werden gewöhnlich Wunder genannt; in Wirklichkeit sind sie aber die natürliche, normale Wirkung des Gesetzes Gottes, das die vermeintlichen materiellen Gesetze vernichtet. Im Alten wie im Neuen Testament finden wir zahlreiche Fälle, wo geistiges Verständnis über widerwärtige materielle Zustände gesiegt hat. Wenn man die Bibel mit offenem Sinn und empfänglichem Herzen liest, so enthüllt sie sich als ein großes Verzeichnis vom Heilungen durch geistige Mittel. Sie ist nicht bloß ein historisches Buch, nicht bloß eine Sammlung von Vorschriften, nicht bloß ein Weisheits-Magazin; nein, wir haben in ihr zugleich eine Schatzkammer praktischer Demonstrationen für praktische Leute — Demonstrationen, welche die ewigen Wahrheiten der unvergänglichen Wissenschaft veranschaulichen.
Zur Zeit Jesu und der ersten Christenheit machte sich die volle Kraft des geistigen Heilens fühlbar. Der Meister bekräftigte seine Lehren durch seine Werke. Dem Gichtbrüchigen vergab er nicht nur seine Sünden, sondern er heilte auch sein körperliches Leiden. Er heilte des Hauptmanns Knecht, obgleich er weit von ihm entfernt war. Vermöge seines Verständnisses von Gott speiste er die Fünftausend, ging er auf dem Wasser und überwand er zuletzt den Tod. Durch seine Werke bewies er für alle Zeiten die Machtlosigkeit von Sünde, Krankheit und Tod. Paulus, der Jesum nicht gekannt hatte und der es sogar für seine Pflicht gehalten hatte, dessen Nachfolger zu verfolgen, erkannte die wunderbare Bedeutung der Laufbahn Jesu. Er sah, daß derselbe seine Lehre durch seine Taten veranschaulichte. Deshalb sagt er im Römerbrief: „Denn das Gesetz des Geistes des Lebens in Christo Jesu hat mich frei gemacht von dem Gesetz der Sünde und des Todes”; ferner schreibt er an die Korinther: „Der letzte Feind, der abgethan wird, ist der Tod”; und in seinem zweiten Brief an den Timotheus erklärt er, Jesus habe „den Tod vernichtet”. (Züricher Bibel.) Nun entsteht die Frage: Glauben wir dem Zeugnis der Bibel oder glauben wir ihm nicht? Soll es wirklich heißen, dieses Verzeichnis der geistigen Heilung, welches seit so vielen Jahrhunderten im Besitz der Menschheit gewesen ist, habe blinde Augen und taube Ohren gefunden? Es ist ein Glück für die Menschheit, daß der Empfang jetzt ein andrer ist. Als vor mehr als vierzig Jahren die Botschaft der Bibel Mrs. Eddy erreichte, war sie bereit dieselbe zu erkennen und auf sie zu horchen; und nachdem sie durch sorgfältige Demonstration bestimmte Beweise erlangt hatte, schrieb sie ihre Wiederentdeckung der Wissenschaft des Seins nieder. Christian Science ist jetzt allen Leuten zugänglich; ihre Wirksamkeit erstreckt sich über die ganze Erde. Sie bekehrt und heilt, nimmt den Betrübten ihre Sorgenlast, läßt den Unterdrückten zu seinem Recht kommen, gibt dem leeren Dasein einen Inhalt, macht mißgestaltete Körper gerade, heilt erkrankte Organe, gibt dem Angesicht, das früher von Pein entstellt war, die Schönheit der geistigen Reinheit und führt die Schafe, die sich in der Wüste verirrt hatten, in die sichere Hürde, unter die Obhut des guten Hirten, wo sie sich nicht mehr vor den wilden Tieren zu fürchten brauchen, die ihnen früher nachstellten. Vernunft wie Offenbarung verlangen eine Zufluchtsstätte für den Menschen; sie verlangen, daß der Konflikt zwischen entgegengesetzten Mächten aufhöre. Diese Zufluchtsstätte ist der Himmel.
Nun ist aber der Himmel keine Örtlichkeit, sondern ein Zustand des Bewußtseins, in welchem das Gute als allmächtig anerkannt wird und das Gesetz Gottes tätig ist; ja, in welchem Er Alles in allem und Sein Gesetz das einzige Gesetz ist. Im Himmel, wie ihn Johannes in der Offenbarung beschreibt, wird Gott „abwischen alle Tränen von ihren Augen; und der Tod wird nicht mehr sein, noch Leid noch Geschrei noch Schmerz wird mehr sein; denn das erste ist vergangen.” Dieser Himmel ist schon hier und jetzt im Bereich der Möglichkeit.
Die Ausübung der Christian Science.
Um diesen Himmel, diesen Zustand des Bewußtseins zu erlangen, hat man nicht nötig zu sterben. Allerdings schreibt Paulus: „Ich sterbe täglich”; es ist hier aber offenbar nicht ein Sterben in dem gewöhnlichen Sinn des Wortes gemeint. Paulus muß Bezug genommen haben auf den Tod der Furcht und der materiellen Begriffe, auf das Dahinschwinden seines Glaubens an materielle Gesetze, auf das Ablegen der Sterblichkeit, damit die Unsterblichkeit ans Licht kommen möge Es ist nicht anzunehmen, daß Gott den Tod als eine Vorbedingung zum Leben einsetzte, da uns doch Jesus versicherte, daß die Erkenntnis Gottes das ewige Leben ist.
Die Menschheit im allgemeinen hat nie gezögert jedes erdenkliche Mittel anzuwenden, um den Tod fernzuhalten oder zu verzögern. Zu allen Zeiten hat es scharfsinnige Erfindungen gegeben, die das Leben verlängern sollten. Stets haben sich edelgesinnte Männer und Frauen ernstlich bemüht, durch menschenfreundliche Unternehmungen dem Tod seine Beute zu entreißen, womöglich die Kranken zu heilen und die Sterbenden wiederzubeleben — mit einem Wort: das Leben zu verlängern. Die Menschheit hat instinktiv gefühlt, daß der Beweggrund zu solchem Werk an und für sich edel und lobenswert ist, möge dasselbe von Ärzten, Theologen, Gesetzgebern oder von denen, die sich der Wohltätigkeit widmen, betrieben werden.
Die große Anzahl von Hospitälern und Asylen bezeugt den Wunsch der Menschheit, dem Tod zu entgehen. Die Rettungsstationen an unsern Seeküsten werden zu diesem Zweck erhalten; ja selbst die Leuchttürme und Bojen sollen dazu dienen. Die Feuerwehr in unsern Städten und Dörfern wird unterhalten, damit das Leben sowohl wie das Eigentum der Einwohner sicher sei. In der ganzen Welt werden Gesetze gemacht, welche das Leben derjenigen schützen sollen, die gefahrvolle Arbeit verrichten.
Wenn nun Gott den Tod als Pforte zum Himmel bestimmt hätte, so wäre all diese Rettungsarbeit rein umsonst, ja sie müßte als ein unbefugtes Eingreifen in Gottes Plan bezeichnet werden, denn sie würde Millionen von Menschen den Zutritt zum Himmel verwehren, zu dem sie doch berechtigt sind. Wir verwerfen daher mit Recht die Theorie, daß Gott den Himmel dahin verlegt habe, wo ihn die Lebenden nicht erreichen können, und wo nur diejenigen zu ihm Zutritt erlangen, die den Tod durchgemacht haben. Die Menschheit ist offenbar dazu berechtigt, ihre Seligkeit jetzt zu schaffen und die Früchte dieses Schaffens jetzt zu genießen, und zwar im Verhältnis zu ihren Bemühungen.
Christian Science hat sich durch ihre Praxis als die wertvollste Einrichtung zur Erhaltung des Lebens erwiesen. Als Vorbeugungsmittel wie auch als Heilmittel gegen Sünde und Krankheit hat sie allerwärts in empfänglichen Herzen Wohnung genommen. Sie schrekt vor keiner Aufgabe zurück. Sie besteht darauf, daß es keine unheilbare Krankheiten des Geistes und des Körpers gibt. Die Anhänger der Christian Science haben ihre Lehre nach bestem Verständnis dazu angewandt, ihre eignen Bedürfnisse wie auch die Bedürfnisse derjenigen, die sich um Hilfe an sie wandten, zu befriedigen.
Christian Science ist in einem Zeitalter erschienen, das sich ganz besonders durch menschenfreundliche Werktätigkeit auszeichnet; in einem Zeitalter, da man die Leiden der Menschheit nicht mitansehen kann, ohne die äußersten Anstrengungen zur Linderung derselben zu machen. In unsern Tagen gibt es mehr Leute, die wegen des Elends andrer als die wegen ihres eignen Elends leiden. Sie erwarten mit Recht schon jetzt einen Vorgeschmack des Himmels, sowohl für den Mitmenschen als auch für sich selbst. Christian Science kommt diesem Sehnen entgegen, indem sie in Übereinstimmung mit den Lehren Jesu darauf hinweist, daß das Himmelreich gegenwärtig ist.
Ob wir nun im Himmel sind oder ob wir nicht in demselben sind wird durch das bestimmt, was in unserm Bewußtsein vorgeht. Himmel ist göttliche Harmonie. Um nun den Himmel in uns zu haben, müssen wir notwendigerweise jeden Gedanken austreiben, der nicht im Einklang steht mit dem göttlichen Allbewußtsein — mit Gott, Geist, Leben, Wahrheit, Liebe. Man kann unmöglich an vollkommene Liebe denken und zugleich Furcht empfinden. Entweder der eine oder der andre Gedankenzustand muß die Oberhand haben; der eine wird sicherlich den andern vertreiben. Die Worte des Apostels Johannes: „Die völlige Liebe treibet die Furcht aus” sind daher metaphysisch richtig; ferner sind sie wissenschaftlich, denn ein jeder Mensch in jedem Zeitalter kann ihre Nichtigkeit beweisen. Sie sind im höchsten Sinne klassische Worte, die nie vergehen werden, weil sie wahr sind.
Da nun Gegensätze nicht zu gleicher Zeit das Bewußtsein einnehmen können, so ist es klar, daß Leben und Tod, Gutes und Böses unvereinbar sind. „Ihr könnt nicht Gott dienen und dem Mammon,” sagte Jesus. Gute Gedanken machen aus dem Bewußtsein einen Himmel, böse Gedanken machen aus demselben eine Hölle. Die Praxis der Christian Science — das unausbleibliche Resultat ihrer Lehre — ermöglicht es den Sterblichen, böse oder unwahre Gedanken gegen gute oder wahre Gedanken zu vertauschen. Diese Praxis ist streng metaphysisch und wissenschaftlich. Sie erzielt ihre Resultate durch das Verständnis vom göttlichen Geist, welches die falschen Begriffe des sterblichen oder materiellen Bewußtseins austreibt. Diese falschen Begriffe erzeugen Sünde, Krankheit und Tod, und indem der göttliche Geist diese Begriffe zerstört, befreit er die Menschheit zugleich von deren üblen Folgen.
Christian Science lehrt die Menschheit, wie man in christlicher Weise falsches Denken mit richtigem Denken ersetzen kann. Das große Werk hat begonnen und wird nie aufhören, bis es vollendet ist. Jetzt schon hat es denjenigen, die sich ihm zugewandt haben, herrliche Segnungen gebracht. Täglich, stündlich ergießt es die hellen Strahlen der heilenden Liebe auf diejenigen, die alle Hoffnung aufgegeben hatten. Es bringt falsche Angewohnheiten des Denkens ans Licht, vernichtet Krankheitsanlage, Abirrungen, erbliche Fehler, Neigung zu sinnlichen Genüssen und setzt Gott und Seinen Christus als Herrscher im menschlichen Bewußtsein ein.
Die Heilmethode der Christian Science beruht nicht auf Willenskraft oder Eigenwillen, sondern sie verlangt klare Begriffe von der Wahrheit des Seins sowie Aufrichtigkeit und Liebe. Individuelle Erfahrungen nötigen den Studierenden zu einer Annäherung an Gott, wodurch er lernt, Geduld, Barmherzigkeit und Nächstenliebe zu üben. Man kann sich nicht ohne ernste Arbeit in Christian Science hineinleben, wie das ja bei jedem Studium der Fall ist. Die Schritte müssen eben getan werden; und sollten sie sich auch zeitweilig der Wüste zuwenden, so wird doch bei Tag die Wolkensäule und bei Nacht die Feuersäule den Weg zum Land Kanaan zeigen, wo Milch und Honig fließen. Das herrliche Endresultat steht einem jeden ehrlichen Forscher sicher in Aussicht. Wer willens ist, falsches Denken zu beseitigen und stets nur das Wahre zu denken, hat dadurch sofortigen Gewinn. Und zuletzt wird ihm als Lohn die Krone zuteil werden. Nachdem Mrs. Eddy jahrelang treu gearbeitet und Wunderbares zustandegebracht hat und nachdem die Wissenschaft des Christentums von ihr festgestellt und deren praktischer Wert durch das Heilen von Sünde und Krankheit bewiesen worden ist, kann sie sich jetzt mit den Scharen derer freuen, die Christian Science erprobt und sie als einen Quell des Lebens und der Glückseligkeit, als einen Hafen der Ruhe und des Friedens erkannt haben.
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