Es gibt heutigestags viele Theologen, die in ihren Predigten und Schriften die offenbare Ungerechtigkeit des materiellen Gesetzes als das Walten einer göttlichen Vorsehung zu erklären suchen, indem sie auf die allumfassenden und weitreichenden Absichten Gottes hinweisen. So sagte z. B. ein gelehrter christlicher Herr neulich: „Die elementaren Kräfte, die sich durch Blitz, Erdbeben und Überschwemmungen kundgeben, sind für den Menschen in der Gesamtheit eine Notwendigkeit und wirken wohltuend. Sie bringen zwar dem Einzelnen Verluste, dienen aber der Menge zur Sicherheit, Gesundheit und Glückseligkeit. Niemand kann für solche Unfälle verantwortlich gemacht werden, und es gibt keine Macht, die sie verhindern kann.”
Solche Ansichten über das göttliche Walten könnte man von denen erwarten, die sich den Allerhöchsten als menschlich begrenzt denken und Ihn für unfähig halten, eine Weltordnung zu gründen, die allen Seinen Kindern Gerechtigkeit widerfahren läßt und sie alle glücklich macht. Wenn aber diejenigen, welche Gottes unendliche Macht und Weisheit anerkennen, zugleich glauben, Er habe in Seinem Reiche das Übel als Notbehelf nötig, so ist das gewiß ein unbegreiflicher Widerspruch. Diese Annahme steht ganz im Gegensatz zu der Lehre der Christian Science. Mrs. Eddy weist z. B. auf Seite 52 ihres Werkes „Unity of Good“ darauf hin, daß die zerstörenden Elemente, daß Gifte, reißende Tiere usw. dem Glauben entspringen, daß das Übel wirklich sei und Macht habe. Wer diese Dinge für die Wirkung des göttlichen Gesetzes hält, würde ganz konsequent handeln, wenn er angesichts einer Katastrophe wie diejenige in Messina ausrufen würde: „Sehet das Walten Gottes!”
Dieser Gedanke, daß das Wohl des Einzelnen wenig Bedeutung habe und der Entwicklung der Gesamtheit völlig untergeordnet sei, kommt in der Verneinung der persönlichen Unsterblichkeit zum Ausdruck — in der Behauptung: „Der Mensch stirbt, damit der Mensch fortleben kann.” So entmutigend diese Ansicht auch ist, so muß ihr doch jeder Materialist beistimmen, der konsequent sein will. Wenn wir uns nun dem göttlichen Idealismus Christi Jesu zuwenden, so drängt sich uns die Tatsache auf, daß der Meister des Menschen Bestimmung mit der Bestimmung Gottes verband, dessen sorgsames und nie versagendes Interesse an dem Wohl aller Seiner Kinder er in den folgenden Worten ausdrückte: „Verkauft man nicht fünf Sperlinge um zween Pfennige? Dennoch ist vor Gott derselbigen nicht eines vergessen. ... Darum fürchtet euch nicht; ihr seid besser denn viele Sperlinge.” Er erkannte Gott als den „Ewigvater”, wie Jesaja Ihn nennt. Dieser Ausdruck weist darauf hin, daß dem wahren Menschen ebensowenig Gefahr droht wie seinem Schöpfer, daß er ewig ist wie sein Schöpfer. Jesus stellte die Zukunft all seiner Nachfolger der seinen gleich. „Ich lebe”, sagte er, „und ihr sollt auch leben.” Immer und immer wieder versicherte er sie, daß sie nicht die unbedeutsamen Kreaturen des Augenblicks, sondern die Kinder des Ewigen seien.
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