Beim Studium der Schriften Mrs. Eddys kann einem nicht entgehen, daß sie die Christian Sientisten fortwährend ermahnt, sich an Gott zu wenden, einem jeden Problem gegenüber die göttliche Führung zu suchen, anstatt sich auf die fehlbare menschliche Persönlichkeit zu verlassen. Sie selbst suchte die göttliche Führung jederzeit; deshalb konnte sie mit dem Psalmisten sprechen: „Der Herr ist meine Stärke und mein Schild; auf ihn hoffet mein Herz, und mir ist geholfen; und mein Herz ist fröhlich, und ich will ihm danken mit meinem Lied.”
Als nun Mrs. Eddys Schüler sie als diejenige anerkannten, die ihre Schritte auf den Weg des Heils gelenkt hatte, ihr aber zugleich die Entscheidung in allen Gewissensfragen übertragen wollten, so handelte sie in Übereinstimmung mit ihrem eignen Glauben und dessen Betätigung, indem sie ihre Schüler auf die Ermahnung des Jakobus verwies: „So aber jemand unter euch Weisheit mangelt, der bitte von Gott, der da gibt einfältiglich jedermann, und rücket’s niemand auf, so wird sie ihm gegeben werden”, und ihnen ans Herz legte, ihren Blick himmelwärts zu richten und sich von Gott leiten zu lassen.
Es scheint zuweilen nötig zu sein, besondere uns entgegentretende Schwierigkeiten mit jemand zu besprechen; aber nur der ist unser wahrer Freund, der uns auf die Unendlichkeit der göttlichen Weisheit hinweist — der es uns klar macht, daß sich dem Christian Scientisten kein Problem bieten kann, dessen Lösung ihm nicht durch vertrauensvolle Hingabe an die Leitung des göttlichen Geistes möglich wäre, des himmlischen Vaters, der für die ihm Vertrauenden, stets ein offenes Ohr hat. Wir verfallen gar leicht in den Irrtum zu denken, es sei nur dann nötig, uns mit Bitten an Gott zu wenden, wenn uns Krankheit und Sünde anfechten. Das selbe heilende und erlösende Prinzip jedoch ist bei der Lösung der Probleme derer anwendbar, die sich für die richtige Führung der Angelegenheiten ihrer Ortskirche verantwortlich halten, die aber den Fehler begehen, sich auf sterbliches Urteil anstatt auf den allwissenden und allmächtigen Geist (Mind) zu stützen.
Es ist jedoch eins zu bedenken: Wenn wir uns um Rat und Hilfe an den wenden, der Leben, Wahrheit und Liebe ist, so müssen wir Ihn, dem Gebot des Meisters gemäß, „im Geist und in der Wahrheit anbeten”, müssen erkennen, daß Gott Geist und seine Schöpfung geistig und vollkommen ist. In „Science and Health“ lesen wir (S. 13): „Wenn wir zu Gott als zu einer körperlichen Person beten, so wird uns dies hindern, die menschlichen Zweifel und Befürchtungen fahren zu lassen, die eine solche Annahme begleiten, und wir können dann nicht die Wunder erfassen, welche die unendliche, unkörperliche Liebe birgt, der alle Dinge möglich sind.” Wir müssen wissen, daß das wahre Gebet, dessen Wesen in dem von diesem Gegenstand handelnden Kapitel in „Science and Health“ erläutert wird, alle unsre Bedürfnisse zu decken imstande ist — müssen auf Grund der Unbeschränkbarkeit und Unveränderlichkeit des Prinzips der Christian Science die Harmonie verwirklichen, zu der wir berechtigt sind. Es muß uns klar werden, daß bei Gott kein Ansehen der Person gilt, und daß Er sich denen offenbart, die Ihn in der rechten Weise suchen und nicht „übel” bitten.
Wenn wir uns hingegen bei unserm Tun und Handeln zwecks harmonischer Gestaltung unsrer Verhältnisse auf menschliche Ansichten und menschlichen Rat verlassen, so gehen wir der Gelegenheit verlustig, die Allmacht zu beweisen. Gleich den Jüngern arbeiten wir vielleicht die ganze Nacht vergebens und werden auf den ruhelosen Wellen sterblicher Theorien hin und her geworfen, bis der Morgen anbricht und wir dem Befehl des Christus vernehmen: „Fahre hinaus auf die Tiefe” (Züricher Bibel). Wir müssen seinem Befehle folgen, müssen uns von der Abhängigkeit vom Materiellen frei machen, die widersprechenden menschlichen Ansichten aufgeben, die uns nichts nützen, und unser Vertrauen voll und ganz auf den setzen, der uns in allen Nöten helfen kann und ohne den kein Sperling auf die Erde fällt. Dann werden wir keine Enttäuschung erfahren und werden die Gewißheit erlangen, daß nur Gott, das Gute, regiert. Die Probleme, die im Dunkel der Ungewißheit und Verzweiflung recht schwierig erschienen, werden nur in dem klaren Licht der unfehlbaren Weisheit ihre Lösung finden.
 
    
