Skip to main content Skip to search Skip to header Skip to footer

Gewinn durch Verzicht

Aus der Juli 1913-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Die Geschichte von Naeman, wie wir sie im fünften Kapitel des zweiten Buchs der Könige aufgezeichnet finden, ist in jeder Hinsicht von großem Interesse für den Wahrheitssucher, denn sie zeichnet sich aus durch lebendige Darstellung, außergewöhnliche Ereignisse, Schärfe der Charakterzeichnung und lokale Färbung. Wir werden hier mit einem Mann bekannt, der eine hohe und verantwortungsvolle Stelle bekleidete. Er erfreute sich der Gunst seines Königs, man ehrte ihn als einen großen General, und sein Ohr war an den Beifall der Menge gewöhnt. Ohne Zweifel hatte er ein großes Einkommen, und es gab daher genug Leute, die es als ein Vorrecht ansahen, nicht nur seinen Bedürfnissen entgegenzukommen, sondern auch seine Launen zu befriedigen.

Angesichts dieser Tatsachen erscheint es begreiflich, daß es dem Naeman nicht an Stolz und Selbstachtung fehlte. Und doch schien er ein höchst trauriges Dasein zu fristen, denn er war aussätzig. Der menschlichen Annahme nach stand ihm daher das Schicksal bevor, mit der Zeit als ein Gegenstand des Abscheus aus der menschlichen Gesellschaft ausgestoßen zu werden. Ehe es jedoch zum schlimmsten kam, hörte er von einem Propheten in Israel, den er alsdann auf den Rat des Königs hin und mit dessen Geschenken versehen aufsuchte. Als er mit Rossen und Wagen bei der einfachen Wohnung des Propheten angekommen war, benahm er sich mehr als Gönner denn als Bittsteller, und die Heilungsfrage war ihm rein Geschäftssache. Er erwartete offenbar, daß sich der Prophet ungeheuer freuen würde, einen Mann heilen zu dürfen, der so hoch gestellt war und ihn so reichlich belohnen konnte. Elisa erteilte ihm jedoch einen scharfen Verweis, indem er seinen Rang ignorierte, seine Geschenke ablehnte und ihm sagen ließ, wenn er Heilung erlangen wolle, müsse er sich der Reinheit befleißigen und zum Beweis der Aufrichtigkeit seines Wunsches sich siebenmal im Jordan waschen.

Naemans Zorn und Unwille, sein schließlicher Gehorsam gegen die Vorschrift des Propheten sowie seine Heilung, welche diesem Gehorsam folgte — alles das sind bekannte menschliche Erfahrungen. Naemann steht mit seiner Torheit und Selbstüberhebung durchaus nicht einzig da. Ähnliche Charaktereigenschaften finden sich auch heute noch sehr häufig unter uns. Der Prophet wies auf eine Forderung der Wahrheit hin, die unnachgiebig und von allgemeiner Gültigkeit ist — eine Forderung, die dem sterblichen Sinn heute ebenso anstößig ist wie zur Zeit, da Jesus sagte: „Wie schwer werden die Reichen [diejenigen, die an den Dingen der materiellen Sinne hangen] in das Reich Gottes kommen!”

Der Durchschnittsmensch will erst „später einmal” seine Seligkeit schaffen, gibt sich aber gerne dazu her, sofort körperlich geheilt zu werden, wofern nicht an seine Lieblingsannahmen gerührt wird. Den meisten Menschen fällt es ebenso schwer wie dem Naeman, die Waschungen der Selbstverleugnung und Erneuerung des Sinnes vorzunehmen — nicht nur das offenbar Falsche abzulegen, sondern sich auch von den Amanas und Pharphars ihrer anerzogenen Anschauung zu trennen. Der menschliche Sinn sucht fortwährend, mit seinem irdischen Gepäck beladen in den Himmel zu kommen. Er will erlöst werden, ohne sich von seinen Vorurteilen zu trennen. Erst wenn es uns klar geworden ist, daß die Weisheit dieser Welt, die wir so hoch veranschlagt haben, Simili-Diamanten sind, verstehen wir uns dazu, „das Alte um des Neuen willen aufzugeben”, wodurch das Denken „für die vorgeschrittene Idee empfänglich” wird (Wissenschaft und Gesundheit, S. 324).

Die Christliche Wissenschaft verlangt von uns, daß wir unsre frühere Art des Denkens, des Lebens und des Handelns demutsvoll darangeben; daß wir nicht länger die Penaten unsrer Väter oder „unsrer Kirche” verehren. Dies ist das Kreuz, das wir auf uns nehmen müssen. Wir können erst dann Zutritt zu dem Himmel der wahren Gesundheit und des wahren Glücks erlangen, wenn wir willens sind, uns waschen und reinigen zu lassen; wenn wir uns von materiellen Begriffen und Glaubenslehren und von herkömmlichen Bräuchen losgemacht haben; wenn wir gelehrig geworden sind und die Wahrheit um ihrer selbst willen lieben gelernt haben. Naeman erreichte das Gewünschte erst dann, als er, wie der Apostel Paulus, die Wertlosigkeit alles dessen erkannt hatte, worauf er so stolz gewesen war. Dies sollte ein jeder von uns beherzigen, sei er Patient, oder ausübender Vertreter.

Wenn Sie mehr Inhalte wie diese erforschen möchten, können Sie sich für wöchentliche Herold-Nachrichten anmelden. Sie erhalten Artikel, Audioaufnahmen und Ankündigungen direkt per WhatsApp oder E-Mail. 

Anmelden

Mehr aus dieser Ausgabe / Juli 1913

  

Die Mission des Herolds

„... die allumfassende Wirksamkeit und Verfügbarkeit der Wahrheit zu verkünden ...“

                                                                                                                            Mary Baker Eddy

Nähere Informationen über den Herold und seine Mission.