Die Welt hat sich verändert seit Moses den Leuten am Sinai die Bestimmungen des Gesetzes übergab. Die alten zeremoniösen Beobachtungen erweisen sich mit jedem Tag weniger befriedigend. Das Christentum stellt andere Anforderungen an die Welt als das Judentum. „Der Sabbat ist um des Menschen willen gemacht, und nicht der Mensch um des Sabbats willen,“ sagte Christus Jesus zu den Pharisäern; und: „Des Menschen Sohn ist ein Herr auch des Sabbats.“ Trotzdem zeigt sich die alte Idee des jüdischen Sabbats noch im christlichen Sonntag. „Es ist traurig,“ schreibt Mrs. Eddy, auf Seite 40 von Wissenschaft und Gesundheit, „daß die Bezeichnung Gottesdienst so allgemein die Bedeutung von öffentlicher Anbetung anstatt von täglichen Taten bekommen hat.“
Jesus selbst machte es äußerst klar, daß die Pflicht, die der Mensch gegenüber dem Prinzip hat, keine Besonderheit für einen Tag aus den sieben ist, sondern, daß seine Selbstverleugnung sich auf jeden Tag der Woche erstrecken muß, und daß an jedem Tag in der Woche das Kreuz aufgenommen werden muß. Das dritte Gebot auferlegt dieses Verlangen ganz bestimmt. Wenn ein Mann den Namen des Herrn nie mißbrauchen will, muß er seine Idee von Gottesdienst am Sonntag ändern und jeden Tag und alle Tage im Dienste des Prinzips stehen. Das soll nicht heißen, daß der Sonntag nicht beobachtet werden soll in den Kirchen; aber es heißt, daß in dem mentalen Zustand eines Menschen kein Unterschied sein sollte zwischen Sonntag und Sonntag. Die Arbeit die er an Wochentagen tut, sollte genau in demselben Geist getan werden in dem er Sonntags ruht. Im Übrigen schreibt Mrs. Eddy auf Seiten 519–520 von Wissenschaft und Gesundheit: „Gott ruht im Wirken. Geben hat das göttliche Gemüt nicht arm gemacht und kann es niemals arm machen. Der Auffassung der göttlichen Wissenschaft gemäß folgt dem Wirken dieses Gemüts keine Erschöpfung. Die höchste und süßeste Ruhe, sogar vom menschlichen Standpunkt aus, liegt in heiliger Arbeit.“
Die Wahrheit ist, daß der einzelne, der das erste Gebot befolgt und keine anderen Götter vor sich hat, seine tägliche Arbeit niederlegen mag um den Sonntag einer ununterbrochenen Vergegenwärtigung des Prinzips zu widmen; daß aber die äußerliche Erscheinung die einzige Veränderung ist während der Woche, denn er wird fortfahren seine eigenen Gedanken alle sieben Tage hindurch zu beobachten, und seine Götzen am Montag so gut wie am Sonntag wegzuwerfen, und sich erinnern, daß er das, was er Sonntags nicht tun soll, sicherlich auch am Sonnabend nicht hätte tun sollen. Der Schreiber der Schöpfungsgeschichte, im ersten Buch Mose, meinte gewiß niemals, daß die Arbeit, die das Prinzip an den sechs Tagen verrichtete, diese weniger heilig gemacht habe als den siebenten; sowenig wie der Verfasser der Gebote je träumte, daß das Beobachten des Sabbates irgendwelche Ausgelassenheit gestatte an einem anderen Tag. Die Unterschiede welche das sterbliche Gemüt zwischen einem Tag und einem anderen macht, sind in Wirklichkeit eine völlige Entstellung dessen, was Moses unter Sabbat verstanden hatte.
Der Weihnachtstag ist zum Beispiel das, was für das sterbliche Gemüt ein heiliger Tag und ein Feiertag bedeutet; als ob zwischen den beiden irgendein Unterschied bestände. Ein Feiertag ist ein heiliger Tag, und es wurde nie beabsichtigt, daß der eine als ein Ferientag vom Rechttun und der andere notwendigerweise als ein Tag guten Betragens betrachtet werden sollte. Der Weihnachtstag ist wohl der heiligste Tag des ganzen Jahres, gerade wie er auch der größte aller Feiertage ist. Doch sollte er das eine nur sein weil er das andere ist, da sie ein und dasselbe sind. Wenn man das genügend verstanden hätte, dann wäre der Weihnachtstag nie zu einem großen Bankettag der Materie gemacht worden; er wäre das geblieben wozu er bestimmt gewesen, nämlich ein Tag heiliger Freude, was jedoch auch ein jeder anderer Tag sein sollte. Auf Seite 260 von „The First Church of Christ, Scientist, and Miscellany“ sagt Mrs. Eddy: „Eine ewige Weihnacht würde die Materie einen Fremdling machen, schadlos als Phänomen, und die Materie würde sich ehrerbietig vor dem Gemüt zurückziehen. Der Despotismus der materiellen Sinne oder des Fleisches würde vor einer solchen Wirklichkeit fliehen, um der Substanz Raum zu machen, und der Schatten des Leichtsinnes und der Nachlässigkeit des materiellen Sinnes müßte verschwinden.“ In anderen Worten, alle diese ultra Äußerungen der Materialität am Weihnachtstag, durch die, wie angenommen wird, Geist besonders verherrlicht werden soll, würden wegfallen. Weihnachten mag auf verschiedene Weise gefeiert werden. Aber um sie, wie Mrs. Eddy sagt, ewig zu machen, muß das Verständnis ihrer Bedeutung an jedem Tag des Jahres oder des Jahrhunderts zum Ausdruck kommen.
Je gehorsamer der einzelne in Übereinstimmung mit dem Prinzip lebt, desto mehr muß ein Tag gleich dem anderen sein. „Denn tausend Jahre sind vor dir wie der Tag der gestern vergangen ist, und wie eine Nachtwache,“ schrieb der Psalmist. Zeit, in anderen Worten, ist ein rein menschlicher Teiler der Ewigkeit, und es wäre lächerlich, wenn man sagen würde ein Augenblick geistiger Ewigkeit sei heiliger als ein anderer. Die Schwäche der Menschheit mag die Beobachtung von heiligen Tagen und Feiertagen, von Sonntagen und Wochentagen, wünschbar machen, doch ist das offensichtlich ein Zugeständnis an die menschliche Schwäche. Solche Dinge bestehen nicht und können auch in der Ewigkeit des Geistes nicht bestehen, und der Mensch, der sich bemüht gegen Geist gehorsam zu sein, nimmt täglich sein Kreuz auf sich und wandelt in den Fußtapfen Christi; er ist bestrebt sich selbst zu dem Einssein mit dem göttlichen Gemüt zu erziehen. Das göttliche Gemüt weiß nichts von materiellen Unterscheidungen. Es ist sich von nichts anderem bewußt, als der beständigen Entfaltung seiner eigenen Ideen, und unter diesen Ideen gibt es keine Gelegenheit für widerstreitende Glaubensrichtungen.
Kalendereinteilungen haben nichts zu tun mit der Ewigkeit. Sie sind unzweifelhaft menschliche Annehmlichkeiten, die mit der besten Absicht für das Geschlecht, das sich ihrer teilhaftig macht, ausgearbeitet worden sind. Das ist ganz klar in dem Unterschied zwischen Sonntag und dem Sabbat. Die Idee ist in beiden Fällen ziemlich dieselbe, aber die Art und Weise ihres Entstehens ist ganz verschieden. Weder der eine noch der andere ist besonders heilig. In der Tat wird der Sonntag täglich mehr ein Feiertag und immer weniger ein heiliger Tag. Das, was wirklich von Bedeutung ist, ist des einzelnen mentaler Begriff. Es ist genau was Jesus von dem Unterschied zwischen: Racha! und: Du Narr! sagte. Es ist ganz gut möglich den heiligen Tag, moralisch und in jeder anderen Weise, einen schlimmeren Tag zu machen als den Feiertag. Wenn er als ein Tag der Enthaltsamkeit oder ein Tag bloßen Nichtstuns angesehen wird, wird er etwas weniger als der gewöhnliche Werktag. Auf der anderen Seite läßt ein klares Verständnis von den Anforderungen der zehn Gebote und der Bergpredigt kaum einen Grund die Beobachtung des Sonntags von der irgendeines anderen Tages der Woche zu trennen. Da das der Fall ist, wird es so viele Arten von Sonntagen geben als es Leute gibt die den Sonntag feiern; und solche, die am meisten vom Geist wissen, sind gewiß solche, die den Sonntag und jeden Tag wahrlich zu einem Tag des Herrn machen.
