Wenn man die unharmonischen Zustände, mit denen der Mensch von jeher zu kämpfen hatte, und die heute besonders auffallend hervortreten, einer eingehenden Prüfung unterzieht, kann man nicht umhin, der Erklärung der Christlichen Wissenschaft beizustimmen, daß diese Zustände, im Grunde genommen, das Resultat des Ungehorsams gegen Gott sind. Wenn Gott gut ist,— und wir sind in jeder Beziehung berechtigt und haben alle Ursache, dies zu glauben, denn der Glaube muß uns bleiben, wenn die Hoffnung nicht schwinden soll,— dann müssen Seine Gesetze, wie Er selber, gut sein, und solange jemand diesen Gesetzen gehorcht, kann er auch darauf rechnen, daß seine Erfahrung sich zu einer guten gestalten wird. Wer jedoch dem göttlichen Gesetze, entweder aus Unwissenheit oder infolge sündhafter Neigungen, ungehorsam ist, verstrickt sich gerade in die Übel, von denen er so gerne befreit sein möchte, obwohl die Möglichkeit, ihnen zu entrinnen, glücklicherweise stets vorhanden ist, das heißt, wenn wir willig sind, sie wahrzunehmen und den Gehorsam zu leisten, der in der Erfüllung der Gesetze Gottes, des Geistes, besteht.
Die Selbstgerechtigkeit, die das Unglück der Menschen entschuldigen möchte, und alle Verantwortung dafür auf den Schöpfer zu schieben sucht, um der Forderung, das Übel zu überwinden, zu entgehen, bedeutet einfach das Umgehen einer notwendigen Pflicht. Wer sich dessen schuldig macht, glaubt wohl mit dem morgenländischen Dichter ausrufen zu dürfen:
Was! mit reinem Golde sollten seine hilflosen Geschöpfe
zurückbezahlen, was uns verfälscht geliehen wurde!
Und doch muß jeder, der überhaupt einigermaßen aufrichtig und ehrlich denkt, in seinem Herzen zugeben, daß unser himmlischer Vater den Menschen „ihm zum Bilde“ geschaffen haben muß. Insoweit daher unser gegenwärtiger Zustand unter dieser Norm steht, trifft die Schuld uns selbst; und wir haben, wie der verlorene Sohn im Gleichnis des Meisters, des Vaters Haus verlassen und müssen uns aufmachen, um unseren wohlberechtigten Stand als gehorsame Kinder Gottes wieder einzunehmen.
Ebensowenig kann man der Notwendigkeit, das Selbst zu überwinden, dadurch entgehen, daß man die Verantwortung für seine Leiden auf einen Vorfahr mit Namen Adam wälzt, wie es möglich wäre, sich selbst von allem Irrtum loszumachen, indem man mit jenem großen Dichter behauptet: „Der Urgrund aller Leiden, ja des Todes, ist nur des Menschen erster Ungehorsam.“ Durch die Lehren der Christlichen Wissenschaft, wie Mrs. Eddy sie darlegt, muß es uns immer klarer werden, daß jeder einzelne täglich, ja jeden Augenblick, der Entscheidung gegenübersteht, wem er dienen will, und es ist diese Entscheidung, und besonders die Frage, ob seine Handlungen mit seiner Entscheidung übereinstimmen, die für seine künftige Erfahrung ausschlaggebend ist.
Die Verheißung der Bibel: „Wollt ihr mir gehorchen, so sollt ihr des Landes Gut genießen“ (nach der englischen Bibel), ist bedingt, und wer das Gute auf irgendeinem anderen Wege zu erreichen hofft, der wird unfehlbar enttäuscht werden. Wir dürfen nicht übersehen, daß die Erfüllung dieser Verheißung des Guten davon abhängt, daß wir „willig“ sowohl als „gehorsam“ sind. Ein oberflächlicher Gehorsam ist kein wirklicher Gehorsam. Er bedeutet nicht mehr als ein zeitweiliges, bequemes Nachgeben des Eigenwillens, der im Grunde noch die Herrschaft über uns beansprucht und bei jeder Gelegenheit seine Ansprüche geltend zu machen sucht. Lots Frau gehorchte dem Gebot, Sodom zu verlassen, aber ihr Zögern, wie es in ihrem Zurückschauen angedeutet ist, nahm ihrem äußeren Gehorsam jeden Wert. Dagegen machte der Gehorsam Abrahams, als sein Gehorsam geprüft wurde und er bereitwillig seinen Sohn zum Opfer bringen wollte, sein Opfer unnötig. Gehorsam erfordert ein augenblickliches und rückhaltloses Aufgeben des falschen Selbst, damit Gottes Plan gefördert werde, sowie ein aufrichtiges und tatsächliches Annehmen des Gebetes Jesu: „Nicht, wie ich will, sondern wie du willst!“
Je weiter der wahre Christliche Wissenschafter fortschreitet, desto gehorsamer wird er. Er läßt alle falschen Hoffnungen fallen, jemals einer bevorzugten Klasse anzugehören, von der kein Gehorsam gefordert wird, und sieht ein, daß der Gehorsam der Beweis der Sohnschaft ist. Mrs. Eddy sagt in einer ihrer Botschaften an Die Mutter-Kirche: „Der Gehorsam ist der Prüfstein der Liebe“ (Botschaft von 1902, S. 17). Auch lesen wir bezüglich unseres Meisters: „Wiewohl er Gottes Sohn war, hat er doch an dem, was er litt, Gehorsam gelernt.“ Jesus selbst wußte, was Gehorsam bedeutet und machte ihn daher zum Kennzeichen des Aposteltums. Er wußte auch, was der Ungehorsam mit sich bringt und veranschaulichte dies in seinen Gleichnissen und Lehren.
Zu allen Zeiten haben die Menschen durch Selbsttäuschung mannigfacher Art oder aus menschlicher Vermessenheit, sich in einen Zustand der Empörung gegen Gottes Gesetze hineingearbeitet, obwohl diese Gesetze stets nur zu ihrem Guten und zu ihrer Glückseligkeit dienen. Früher oder später wird die Menschheit einsehen lernen, wie töricht est ist, von Gott Zugeständnisse zu verlangen, oder Abweichungen von Seinen Gesetzen zu erwarten, und alle werden schließlich in wahrer Demütigkeit bereit sein, in gehorsamer Einigkeit denselben Weg zu gehen.
Wer Einsicht in die Bedeutung der Christlichen Wissenschaft erlangt und deren Entdeckerin und Gründerin, Mrs. Eddy, schätzen und lieben gelernt hat, dem sollte es leicht sein, ohne Zaudern zu gehorchen, und wer das Bestreben hat, auf dem richtigen Wege zu wandeln, kann dankbar Mrs. Eddy Versicherung annehmen, daß wenn wir „an den Lehren der Bibel, denjenigen des Lehrbuches, Wissenschaft und Gesundheit, sowie denjenigen unseres Kirchenhandbuches festhalten,“ wir „dem Gesetz und dem Evangelium gehorchen“ (The First Church of Christ, Scientist, and Miscellany, S. 251). Sind wir einmal Mitglieder der Kirche geworden, so werden wir auch eine ihrer Ermahnungen, die sie gegen das Ende ihrer irdischen Laufbahn erteilte, sorgfältig beachten. Dieselbe lautet (Miscellany, S. 360): „Verbleibt in der Gemeinschaft mit und im Gehorsam zu Der Mutter-Kirche, und Gott wird euch dadurch segnen und fördern;“ und um diese Überzeugung zu unterstützen, fügt sie ihr eigenes Zeugnis bei, „dessen bin ich sicher, denn Gott hat es mir vierzig Jahre hindurch bewiesen.“
DER 100. PSALM
1 Ein Dankpsalm. Jauchzet dem Herrn, alle Welt!
2 Dienet dem Herrn mit Freuden; kommt vor sein Angesicht mit Frohlocken!
3 Erkennet, daß der Herr Gott ist! Er hat uns gemacht — und nicht wir selbst — zu seinem Volk und zu Schafen seiner Weide.
4 Gehet zu seinen Toren ein mit Danken, zu seinen Vorhöfen mit Loben; danket ihm, lobet seinen Namen!
5 Denn der Herr ist freundlich, und seine Gnade währet ewig und seine Wahrheit für und für.