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Christliche Sittenlehre

Aus der Mai 1923-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Es ist bei Christen nicht ungewöhnlich, daß sie sich prüfen, ob ihre Handlungsweise bei gewissen Begebenheiten wirklich durch das moralische Gesetz bestimmt war, obwohl dem geschriebenen Recht offenbar mit einer weniger hohen Norm entsprochen gewesen wäre. In der Bergpredigt besitzt die Menschheit ein Gesetz für die Lebensführung, das den Beweis eines hohen Grades von Selbstlosigkeit, Selbstverleugnung und liebevoller Rücksichtnahme auf die Mitmenschen, ja selbst auf die sogenannten Feinde verlangt. „Gott, deinen Herrn, lieben von ganzem Herzen, von ganzer Seele, von allen Kräften,” andern gegenüber genau so handeln, wie wir wünschen, daß sie uns gegenüber handeln, unsern Nächsten lieben wie uns selbst, dem, der uns den Rock nehmen will, auch den Mantel lassen,— diese Gebote können wir nur dann erfüllen, wenn wir beständig bestrebt sind, den Christus zum Ausdruck zu bringen, und nur dadurch, daß wir das Ideal der göttlichen Liebe zu unserm Führer und Berater machen. Diesen hohen Anforderungen in jeder Hinsicht zu genügen und auch kein Tüttelchen hinter ihrer Erfüllung zurückzubleiben, ist die Aufgabe, die den Christlichen Wissenschaftern von ihrer verehrten Führerin nicht nur einmal, sondern viele Male nahegelegt worden ist. Auf Seite 7 von No and Yes schreibt Mrs. Eddy: „Gott sieht jedes liebevolle Opfer, das zum Besten eines andern dargebracht wird, und der menschliche Zorn kann es nicht vor Ihm verbergen. Gott hat den Christlichen Wissenschaftern hohe Aufgaben gestellt und wird ihnen die gewissenhafte Erfüllung jeder einzigen nicht erlassen.”

Die hohen Ideale, die Mrs. Eddy als für jeden Schüler der Christlichen Wissenschaft erreichbar betrachtete, begeistern und spornen alle an, deren Trachten nach der geistigen Wahrheit dem Wunsche entspringt, den vollkommenen Menschen und sein Verhältnis zum göttlichen Prinzip in ihrem irdischen Leben so getreu wie möglich zum Ausdruck zu bringen. Unser geistiges Wachstum in der Christlichen Wissenschaft bringt uns natürlich in immer engere Gemeinschaft mit der Kirche Christi, Wissenschafter, der wahren Kirche, und vergrößert unsre Dienlichkeit für die Sache, die die Erlösung der Menschheit zur Aufgabe hat. Ist es nicht Pflicht und Notwendigkeit, daß wir bei aller Arbeit, die wir entweder als Kirchenmitglied, als ausübender Vertreter, als Lehrer oder als Beamter in einer Zweig-Kirche verrichten, wie überhaupt in jeder Stellung, zu der uns Gott als Arbeiter in Seinem Weinberg berufen hat, den höchsten Anforderungen der wahren christlichen Sittenlehre gerecht werden? Bei keinem Anlaß und unter keinen Umständen hegt der gehorsame Arbeiter den Wunsch, von dieser Richtschnur abzuweichen.

Wenn schon die menschlichen Gesetze eine hohe Norm für die Lebensführung aufstellen, sind wir dann nicht dazu berechtigt, eine noch höhere Norm bei denen zu erwarten, die als wahre Christen von dem Wunsche beseelt sind, den Forderungen des Geistes bis in alle Einzelheiten zu genügen? Rechtskundige haben z. B. oft der Meinung Ausdruck gegeben, daß die Beziehungen des Arztes zum Patienten, des Rechtsanwalts zu seinem Kunden oder des Erblassers zu seinem geistlichen Ratgeber so persönlich und eng, so vertraulich sind, daß sie des besonderen Schutzes durch das Gesetz bedürfen, damit das ungebührliche Beeinflussen von Leuten, die je nach dem Fall ärztliche, gesetzliche oder geistliche Hilfe in Anspruch nehmen, unmöglich gemacht wird. Ebenso hat Mrs. Eddy in ihrer großen Weisheit die Notwendigkeit vorausgesehen, daß die einzigartige Beziehung des ausübenden Vertreters der Christlichen Wissenschaft zu seinem Patienten geschützt werden muß, und zu diesem Zweck eine Satzung erlassen, die in Artikel VIII, Abschnitt 22 des Kirchenhandbuchs enthalten ist.

Allerdings berührt diese Satzung nur eine Seite des Verhältnisses zwischen Vertreter und Patient. Aber sind wir nicht gleichwohl zu dem Schlusse berechtigt, daß dieselbe christliche Stellungnahme in allen gegenseitigen Beziehungen verlangt wird? Es ist schon vorgekommen, daß Vertreter der Christlichen Wissenschaft, die Idee unsrer Führerin offenbar nicht beachtend, ihre Vertrauensstellung dazu benützt haben, nicht gerade würdige geschäftliche Unternehmungen zu gründen. Ein dankbarer Patient, der sich über seine Erlösung von den Fesseln der Krankheit freut, geht oft gern auf eine von einem Vertreter dargebotene Gelegenheit ein, sich an einem Geschäft oder einer Kapitalsanlage zu beteiligen, und zwar in der irrtümlichen Annahme, daß ein solches Angebot von einem Menschen, den er als seinen großen Wohltäter betrachtet, nur äußerst vorteilhaft sein könne. Aber wie oft war gerade das Gegenteil der Fall, mit dem Ergebnis, daß ihre freundschaftlichen Beziehungen gestört wurden und der Ruf des Beraters geschädigt war.

Es liegt auf der Hand, daß das Eingehen von Geschäftsverbindungen zwischen einem ausübenden Vertreter der Christlichen Wissenschaft und seinen Patienten mit großen Gefahren verbunden ist. Außerdem ist es eine Verletzung des neunten Abschnitts von Artikel XXV des Kirchenhandbuchs, demzufolge ein in The Christian Science Journal oder im deutschen oder französischen Herold angezeigter Vertreter sich nicht gleichzeitig „einem andern Beruf widmen oder eine sonstige Beschäftigung haben” darf. Die wachsamen Christlichen Wissenschafter werden einsehen, wie gerecht und weise solche schützenden Regeln sind und wie notwendig es ist, sie zu befolgen. Der Wunsch, in der Richtung zum Geist vorzudringen, kommt in dem aufrichtigen Bestreben zum Ausdruck, den Forderungen des Christus, der Wahrheit, in jeder Hinsicht zu entsprechen. Unter der Randüberschrift „Lauterkeit gesichert” schreibt Mrs. Eddy auf Seite 455 von „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift”: „Je höher deine Errungenschaften in der Wissenschaft des mentalen Heilens und Lehrens, desto unmöglicher wird es dir werden, die Menschheit absichtlich gegen ihre höchste Hoffnung und Vollendung zu beeinflussen.” Ist es nicht die erste Pflicht des ausübenden Vertreters der Christlichen Wissenschaft, das geistige Wohlergehen des Patienten dadurch zu fördern, daß er ihn durch die Berichtigung falscher Annahmen und falschen Begehrens im Festhalten am göttlichen Prinzip bestärkt?

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