Die Christliche Wissenschaft ist seit so langer Zeit mit dem Heilen physischer Krankheiten verbunden worden, und es wird so viel über diesen Punkt gesprochen, daß viele Leute anfangs nicht daran denken, daß diese Wissenschaft auch die Zerstörung der Sünde zur Aufgabe hat. Und doch sagt Mrs. Eddy, daß, genau wie zu Jesu Zeiten, das Heilen von Krankheit nicht deren Hauptzweck ist. Sie schreibt auf Seite 150 von „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift”: „Jetzt, wie damals, werden durch das metaphysische Heilen physischer Krankheit Zeichen und Wunder gewirkt; aber diese Zeichen geschehen nur, um den göttlichen Ursprung dieses Heilens zu demonstrieren — um die Wirklichkeit der höheren Mission der Christuskraft, die Sünde der Welt wegzunehmen, zu bekunden.”
Daß diese Wissenschaft Sünde zerstört, haben bereits Tausende von Menschen bewiesen, dadurch daß sie sich von Gedanken und Gewohnheiten frei machten, die sie gefesselt hielten und die ihnen vorübergehend oder dauernd Schmerzen auferlegten. Und die Zeugnisse, die in den christlich-wissenschaftlichen Kirchen während der Mittwochabend-Versammlungen abgegeben oder in den christlich-wissenschaftlichen Zeitschriften veröffentlicht werden, berichten oft von geheilter Sünde und von dem Überwinden von Versuchungen, die zu sündigen Gewohnheiten führen würden. Wenn der durch die Wissenschaft des Christentums Gesegnete in Freude und Dankbarkeit erkennt, daß er von Sünde frei geworden ist, dann wächst sein Glaube an die Macht Gottes, die Sünden der Welt wegzunehmen. Das zu höherem Unterscheidungsvermögen erwachte moralische Gefühl fängt dann an, den Hang, Versuchungen des fleischlichen Gemüts nachzugeben, zu zerstören; und dadurch werden Sünden, denen man früher widerstandslos nachgab, als solche erkannt und aufgegeben. Die Christliche Wissenschaft lehrt, daß die Sünde keine wirkliche Freude bringt. Wer dies versteht, erkennt bald, daß Freude in und von Gott, dem göttlichen Gemüt, ist und nur durch rechtes Denken und Handeln gefunden werden kann, durch Denken und Handeln in Übereinstimmung mit der Weisheit. Er beweist täglich, was in den Sprüchen verheißen wird: „Wer eine Sache klüglich führt, der findet Glück; und wohl dem, der sich auf den Herrn verläßt!”
Wer aber noch Anfänger ist in dieser wunderbaren Wissenschaft von Gott, mag fragen: Wie soll ich Versuchungen überwinden? Worin besteht dieses rechte Denken, auf das die Christliche Wissenschaft so oft als wirksames Mittel zur Überwindung der Versuchung hinweist? Diese Fragen sind nicht schwer zu beantworten, noch sind die Verteidigungsarten gegen das Böse, die Mrs. Eddy der Welt in ihren Lehren gegeben hat, schwer zu verstehen oder anzuwenden. Der Anfänger braucht nur mit dem Verständnis einiger Erklärungen über diesen Punkt an die Christliche Wissenschaft heranzugehen, und er wird einsehen, wie liebevoll und unfehlbar die göttliche Weisheit darin den Weg zum Überwinden der Versuchung zeigt.
Auf Seite 318 von „Wissenschaft und Gesundheit” stehen die Worte: „Die materiellen Sinne erzeugen und erhalten alles, was materiell, unwahr, selbstsüchtig oder niedrig ist.” Die materiellen Sinne des Gesichts, Gehörs, Geruchs, Geschmacks und Gefühls stellen also alles dar, was den Teufel oder Versucher ausmacht. Jakobus schreibt: „Gott kann nicht versucht werden zum Bösen, und er selbst versucht niemand. Sondern ein jeglicher wird versucht, wenn er von seiner eignen Lust gereizt und gelockt wird.” Dieser Ausspruch verlegt die Pflicht, den Versuchungen zu widerstehen, dahin, wohin sie gehört: in das Bereich des Denkens, in das Bewußtsein jedes einzelnen Menschen. Wenn ein Sterblicher von einer Versuchung irregeführt wird, ist es seine eigne Begierde oder seine eigne Empfänglichkeit für das Böse oder für materielle Einflüsse, die ihn veranlassen, von der höchsten Norm des Guten in seinem Bewußtsein — von dem Mahner zum Rechten, seinem Gewissen — abzuweichen.
Es ist offenbar, daß man sich nicht nur gegen Personen zu schützen hat, die Versuchungen hörbar aussprechen oder anregen. Aus der klar verständlichen Lehre des Jakobus geht deutlich hervor, daß, wer christliche Reinheit und Glückseligkeit erlangen will, hauptsächlich vor seiner eignen Annahme eines körperlichen Selbst auf der Hut sein muß. Der aufrichtige Christ muß sein höheres Selbst sehr schützen gegen die Empfänglichkeit des persönlichen Sinnes für das Böse, gegen dessen Bereitwilligkeit, der Versuchung die Tür zu öffnen, entweder aus bloßer Neugierde, oder um darüber nachzudenken oder sich ihr zu überlassen. Bei solch schwächlichem Verhalten wird es den Sterblichen nie gelingen, die Versuchung zu überwinden. Hat man aber durch die Christliche Wissenschaft einigermaßen die Tatsache begriffen, daß das Böse nicht eine einzige wünschenswerte oder wirkliche Eigenschaft hat, so überwindet man es am sichersten auf die unnachgiebige Art, die diese Wissenschaft lehrt, nämlich dadurch, daß man augenblicklich den falschen Ursprung der Sünde erkennt, daß man ihr sofort alle Macht oder Wirklichkeit abspricht und Gottes Regierung des Menschen überzeugungsvoll als zu dessen völligem Schutz ausreichend erklärt. Eine der Regeln, die Mrs. Eddy zur Zerstörung der vorgeblichen Macht des Bösen gegeben hat, befindet sich auf Seite 198 von Miscellaneous Writings und lautet: „Bei der Versuchung zu sündigen, sollten wir wissen, daß das Böse nicht von Gott, dem Guten, kommt, sondern eine falsche Annahme der persönlichen Sinne ist, und wenn wir die Forderungen dieser Sinne verneinen und erkennen, daß der Mensch von Gott, Geist, und nicht von materiellen Gesetzen regiert wird, dann wird die Versuchung verschwinden.”
Wenn ein Mensch sich von Versuchungen bedrängt fühlt, die sein eignes moralisches Gefühl verdammt, sollte er diese Regel vertrauensvoll erproben — er sollte sich auf die Wahrheit als den immergegenwärtigen, liebevollen Erlöser stützen,— und das Überwinden wird gelingen und einen Vorgeschmack des Himmels mit sich bringen. Da „Überwinden” ein Höhersteigen im Denken und Leben bedeutet, lernt man sich eines jeden Beweises erfreuen, jede Zurechtweisung willig entgegennehmen und ist dankbar, daß die Mittel zum Höhersteigen in der Christlichen Wissenschaft für alle die gleichen sind und nie versagen.