Von jeher war ich kränklich und schwach gewesen, litt bald an dieser, bald an jener Krankheit, und im Dezember 1919 bemächtigte sich meiner eine große Schwäche, die von Tag zu Tag zunahm, bis ich im Februar 1920 von den Ärzten als gänzlich gelähmt erklärt wurde. Nachdem vier Ärzte in Zürich meinen Fall für unheilbar erklärt hatten, versuchte man durch Bäder und elektrische Behandlungen eine Besserung zu erzielen, aber ohne jeden Erfolg. Ich war so hilflos, daß man mir zu essen geben, mich waschen und kämmen, kurz alles für mich tun mußte. Ich wog nur noch achtunddreißig Kilogramm. Mein Gebet, wie das unsrer ganzen Familie, war das Gebet um Heilung. Da wir aber weder uns noch Gott kannten, waren wir gänzlich unwissend, wie und auf welche Art Gott heilt, und nahmen daher die Aussage einer Frau für Wahrheit, die vorgab, von Gott gesandt zu sein, um die Kranken zu heilen, und zwar durch Magnetismus. Aber Irrtum bringt immer nur Irrtum und so brachte diese Behandlung die schlimmsten Folgen mit sich, denn ich fühlte mich nicht mehr imstande, richtig zu denken und schien für nichts mehr Interesse zu haben. Unser Wunsch, daß Gott uns zur Wahrheit führen möge, wurde dringender, denn es war uns klar, daß es einen Weg geben mußte zu der Wahrheit, die uns freimacht, von der Jesus uns spricht.
Es war im August 1920, als liebe Freunde sich anboten, mich zu pflegen, und in dieser Umgebung der Freundschaft und Nächstenliebe fand mich die Christliche Wissenschaft. Durch Leiden und Enttäuschungen gedemütigt, war ich bereit, alles für Christus, Wahrheit, zu verlassen, und hatte nur einen Wunsch, Gott kennen und lieben zu lernen. Auf seltsame Weise, und doch für Wahrheit so natürlich, kamen wir zu dem Buch „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift” von Mary Baker Eddy, und ich las bald mit großem Interesse diese für mich so gänzlich neue Sprache.
Täglich machte ich zusehends wunderbare Fortschritte, und ohne daß ich es merkte, schwanden alle Leiden, wie Magenkrämpfe, Verstopfung, Hämorrhoiden. Ich aß nun alles, was mir vorgesetzt wurde, und fing an, die ersten Schritte zu gehen, erst von zwei Personen geführt, dann von einer, und bald tat ich die ersten zaghaften Gehversuche allein wie ein kleines Kind. Nun fing auch mein Mann an, sich für dieses Buch zu interessieren, und im eifrigen Suchen und gegenseitigen Fragen wurde mein Vertrauen zu Gott zusehends stärker und ich fing an, viele Fehler in meinem Bewußtsein zu sehen und sie zu berichtigen. So merkte ich, wie die Gedanken über mich und meine Mitmenschen allmählich reiner und besser wurden. In dem Gefühl der Freude, alte, eingewurzelte Annahmen aus meinem Bewußtsein verschwinden zu sehen, und mich meinem Vater-Mutter Gott näher fühlend, wurde ich mir der fortschreitenden Genesung kaum bewußt, bis ich im November 1920 zum erstenmal, von meinem Manne geführt, in die Mittwochabend-Versammlung gehen konnte.
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