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Freiheit

Aus der Januar 1924-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Uns allen sind die so oft wiederholten Worte der Madame Roland wohl bekannt: „O Freiheit, welche Verbrechen werden in deinem Namen begangen!” Da es so überzeugend klar, so selbstverständlich ist, daß ein Mensch Freiheit oder — was dasselbe ist — Selbstregierung erst auf der höchsten Stufe seiner sittlichen Vervollkommnung erlangen kann, so steht es außer Frage, daß Verbrechertum mit Freiheit nicht im geringsten zusammenhängt. Was denn sonst ruft also das in oben erwähnten Worten ausgedrückte Gefühl hervor, wenn nicht die Tatsache, daß Menschen mit raubgieriger und verbrecherischer Gesinnung den Namen Freiheit als Mantel benutzen, um ihr Unrechttun damit zu verdecken? Durch eine solche Anwendung verliert das Wort seine gute Bedeutung, denn eine verwerfliche Lebensführung ist der Ausdruck der Zügellosigkeit und nicht der Freiheit. Burke sagt in seinen „Betrachtungen über die Revolution in Frankreich”: „Aber was ist Freiheit ohne Weisheit und ohne Tugend? Sie ist das größte aller erdenklichen Übel; denn sie ist Wahnsinn, Laster und Tollheit ohne weise Leitung oder Einschränkung”. Es kann also mit Recht gesagt werden, daß es kein vom Christentum getrenntes lauteres Verständnis von Freiheit gibt. Daher ist es für die Menschheit von größter Wichtigkeit, daß der Leitgedanke und die Lehren des Neuen Testaments erfaßt werden, damit die Menschen Freisein unter Christi Jesu Führung verstehen lernen können.

Das griechische Wort für Freiheit hängt mit einem alten Zeitwort zusammen, von dem die Zukunftsform desjenigen Wortes abgeleitet ist, das „kommen” bedeutet. Ein Freier kann sagen: Ich werde kommen. Wörtlich genommen bezieht sich also der Ausdruck „frei” auf einen Menschen, der „gehen kann, wohin er will”. Das Wort wird noch verständlicher, wenn man an die Sklaverei zurückdenkt. Der Sklave war eingeschränkt in seinem Kommen und Gehen, und es war ihm nicht im geringsten freigestellt, seinem eigenen Wunsche oder Verlangen gemäß zu handeln. Dieser Punkt ist in Jesu Rede im achten Kapitel des Johannes-Evangeliums besonders eingehend klar gemacht. Durch seine Auslegung wurden viele veranlaßt, an ihn zu glauben, und zu diesen sagte er: „So ihr bleiben werdet an meiner Rede, so seid ihr meine rechten Jünger und werdet die Wahrheit erkennen, und die Wahrheit wird euch freimachen”. Als Juden machten sie sogleich die Einwendung, daß sie als Abrahams Same nie in Knechtschaft gewesen seien. Jesus wies aber darauf hin, was der Feind der Freiheit in Wirklichkeit ist, indem er sagte: „Wer Sünde tut, der ist der Sünde Knecht”. Wenn wir an einen „Knecht” oder Diener denken, so verbinden wir damit die Vorstellung von Sorgfalt und Gefälligkeit sowie von Lohn als Gegenleistung für verrichtete Arbeit; doch das griechische Wort für Knecht an dieser Stelle bedeutet „Sklave”. Für den Sklaven gab es zeitlebens keinen Lohn; er arbeitete unter Zwang und lebte in ständiger Gefahr, gestraft zu werden. Jesus erklärte weiter, wie diejenigen, die an seiner Rede bleiben würden, durch die Sohnschaft, die er als der Sohn Gottes entfaltete, „recht frei” sein würden Daher können wir auch die Erklärung des Paulus verstehen: „Wo aber der Geist des Herrn ist, da ist Freiheit”. Es sollte jedoch sorgfältig beachtet werden, daß Jesus von einem ununterbrochenen Festhalten an seiner Rede sprach, weil die Erfahrung das bestätigt, was viele weise Männer gesagt haben, daß zur Erhaltung wahrer Freiheit beständige Wachsamkeit nötig ist.

Das Wirken der göttlichen Gnade im Herzen, wodurch die Christliche Freiheit sichtbar wird, befreit uns nicht nur von den Folgen der Sünde, sondern führt auch zu einer Erlösung, durch die das wahre Selbst erscheint. Wer das Gute ununterbrochen im Bewußtsein festhält, wird frei von andersartigen Einflüssen und gewinnt die Herrschaft über die Sünde, die durch ihre Versuchungen zu unterjochen trachtet. In seiner Untersuchung des griechischen Wortes für Freiheit urteilt Cremer über dieses christliche Freisein des Menschen also: „Es gibt ihn sich selbst wieder, es macht ihn zu seinem eigenen Meister, macht ihn unabhängig von jeder Gewalt, die seiner höheren Natur fremd ist, — von Sünde in allen ihren Erscheinungsformen und Folgen — , und verbürgt ihm den ungeschmälerten Besitz und die zwanglose Betätigung seines Lebens auf eine Art, die mit seinem wirklichen Selbst übereinstimmt”.

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