In der ganzen Lehre der Christlichen Wissenschaft gibt es wohl nichts Köstlicheres als ihre Feststellung der Tatsache, daß es keine Trennung von Gott geben kann. Die Christliche Wissenschaft erklärt diese Wahrheit und betont sie mit Nachdruck auf so mannigfaltige Weise, daß niemand ihr Lehrbuch, „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift” von Mary Baker Eddy, lesen kann, ohne von dieser trostreichen Versicherung einen tiefen Eindruck zu bekommen. Gewiß ist die Allgegenwart Gottes auch früher zu allen Zeiten gepredigt worden. Jeremia verkündigt Ihn, indem er Ihn sagen lässt: „Bin ich nur ein Gott, der nahe ist, ... und nicht auch ein Gott von ferne her? ... Bin ich es nicht, der Himmel und Erde füllt?” Und David erklärte, daß er, ob er im Himmel oder in der Hölle wäre, Gottes führende Hand doch erkennen könnte.
Aber trotz dieser fast allgemeinen Anerkennung der Allgegenwart Gottes haben die Menschen seit Jahrhunderten nicht verstanden, wie sie sich diese Allgegenwart in ihrem Leben zunutze machen könnten, sondern haben immer und immer wieder wie Hiob ausgerufen: „Ach dasß ich wüßte, wie ich ihn finden ... möchte!” Es blieb der Christlichen Wissenschaft vorbehalten, die Tür zu Seiner Gegenwart so zu öffnen, daß nunmehr der Weg geoffenbart ist, auf dem wir nicht nur glauben können, daß unser Gott allgegenwärtig ist, sondern dies auch durch die Demonstration Seiner Allmacht beweisen können, welcher Art auch der jeweilige Umstand oder wie verzweifelt auch die angebliche Schwierigkeit zu sein scheint.
Und wie geschieht das? Zur Bekräftigung des Befehls des Paulus: „Solches will ich, daß du fest lehrest”, lehrt die Christliche Wissenschaft, daß wir uns „fest an Gott und seine Idee” (Wissenschaft und Gesundheit, S. 495) klammern müssen. Was für eine einfache Regel dies doch ist! Nur bekräftigen, daß Gott, das unendliche Gute, gegenwärtig ist! Daß Er nie abwesend sein kann, sondern stets da ist! Wissen, daß diese bestimmte Erklärung der Christlichen Wissenschaft zufolge nur möglich ist, weil Gott selbst als das göttliche Gemüt diese Wahrheit demjenigen offenbart, der so erklärt! Daß ein solches Bekräftigen unter Seinem Gesetz steht, und daß Sein Gesetz durch jedes derart erklärte Wort wirkt! Daß ein solches Sich-Klammern „an Gott und Seine Idee” zu dem Bewußtsein Seiner Gegenwart führt! Warum? Weil Seine Allgegenwart die echte Wahrheit des Seins ist, und weil ein solches Bekräftigen das Entfalten dieser Wahrheit bedeutet.
Das sogenannte menschliche Gemüt besteht immer darauf, daß Gott abwesend sei. Dessen sollte sich der Christliche Wissenschafter klar sein, wohl wissend, daß das göttliche Gemüt nie etwas Geringeres als seine eigene Allgegenwart bekräftigen könnte. Folglich kann das, was behauptet, Gott sei nicht gegenwärtig, ohne weiteres als Lüge erkannt werden, die ebenso unverzüglich gerügt und zurückgewiesen werden muß. Welch’ einfache, liebliche Art, sich der Gegenwart Gottes bewußt zu werden, — durch demütiges, nachdenkliches, andächtiges Erklären, daß wir schon in diesem Bewußtsein weilen! Sie ist so einfach, diese Art, daß das Böse versuchen möchte, den zu verlachen, der sie befolgt. Doch die Christliche Wissenschaft weist den Weg so deutlich, „daß auch die Toren nicht irren mögen”. Die Grundlage ihrer ganzen Lehre ist die wunderbare Wahrheit, die Gott zu Jesajas Zeiten verkündete, als Er erklärte: „Ich bin Gott, und keiner mehr”.
Ein Grund, warum diese Lehre so einfach und doch so tiefgründig ist, ist der, daß sie das Wesen der Gottheit so klar umschreibt, daß man Seine Gegenwart in jedem wahren Gedanken, dem man begegnet, erkennen kann. Wichtig ist auch die Tatsache, daß sie die Falschheiten aufdeckt, die sich anmaßen möchten. Ihn vor uns zu verbergen. In No and Yes (S. 20) schreibt unsere geliebte Führerin, Mrs. Eddy: „Die immergegenwärtige Liebe muß der immergegenwärtigen Selbstsucht oder dem materiellen Sinn als immer abwesend vorkommen. Daher dies üble Bitten und Nichtempfangen und der niedrige Götzendienst der Menschen-verehrung. In der göttlichen Wissenschaft wird Gott als die einzige Macht, Gegenwart und Herrlichkeit erkannt”. In dem Augenblick also, wo Gott abwesend zu sein scheint, erkennen wir, daß wir anscheinend in der vermeintlichen Gegenwart der „Selbstsucht oder des materiellen Sinnes” verweilen. Kein Christlicher Wissenschafter hat je das Verlangen, lange in solch gottloser Gesellschaft zu bleiben; und alle wissen, daß sie diesen falschen Anspruch auf Gegenwart und Macht augenblicklich zurechtweisen und beginnen müssen, sich für die Allgegenwart und Allmacht des allerheiligsten Einen zu entscheiden.
Das ist jedoch nicht immer so leicht auszuführen, wie es scheint, wenn man nur darüber spricht; denn der Wissenschafter ist nicht immer genügend auf der Hut, um gewappnet zu sein, den Feind mit einem einzigen Wort zu verbannen. Trotzdem ist unser geduldiger, liebender Vater-Mutter, die göttliche Liebe, stets zur Hand. Wie weit wir auch vom Ziele abzuirren scheinen, wie untreu wir auch anscheinend gewesen sein mögen, die erhebende Tatsache bleibt dennoch bestehen: wir sind nicht von Gott getrennt. Wenn wir uns auch anscheinend dadurch selbst strafen, daß wir der „Selbstsucht oder dem materiellen Sinn” erlauben, uns weiter zu täuschen, wenn wir uns auch für ihre Wirklichkeit und Macht und Gegenwart entscheiden, so sind wir dennoch nicht von Gott getrennt! Wenn auch der Stolz versucht, Reue nicht aufkommen zu lassen, wenn er auch erklärt, es sei zwecklos, Seine Gegenwart zu erklären, wenn auch die Selbstüberhebung behauptet, wir hätten uns von Gott ausgeschlossen und seien daher hoffnungslos verloren, so bleibt trotzdem die Wahrheit bestehen: „In der göttlichen Wissenschaft wird Gott als die einzige Macht, Gegenwart und Herrlichkeit erkannt”. Wenn wir also — gerade in diesem Augenblick — von neuem beginnen, Ihn als den Allumfassenden und Einzigen anzuerkennen, dann werden die Gespenster fliehen die Trugbilder verschwinden, und der süße Friede Seines Angesichts und die Macht Seines Wortes werden wieder demonstriert sein! Seine Engel werden von neuem über ihren Sieg frohlocken; denn es wird wieder bewiesen sein, daß es keine Trennung von Gott gibt!